Archiv für Juni 2007

28
Jun
07

Prügel sind auch im Knast nicht hinzunehmen.

Das Bundessozialgericht hat in einem Urteil vom 29. März 2007 den Freistaat Bayern verurteilt, einem Gefangenen Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz zu gewähren.Das Opfer, nennen wir ihn Herrn A, stammt aus Togo. Er war zur Verbüßung einer fünfjährigen Freiheitsstrafe wegen unerlaubtem Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in einer JVA des Freistaats Bayern untergebracht. Nachdem er sich in der JVA in eine Mannschaftsliste für ein Fußballspiel eingetragen hatte, geriet er mit einem Mitgefangenen, dem Herrn B, der aus dem Kosovo stammt, in Streit. Im Verlaufe diesen Streites wurde dem Herrn A durch einen Fausthieb des Mitgefangenen B das linke Auge ausgeschlagen.

Nun gibt es das Opferentschädigungsgesetz. Dieses sieht im Grundsatz vor, dass derjenige, der Opfer einer Gewalttat geworden ist, Ansprüche auf Versorgung hat:

㤠1 Anspruch auf Versorgung

(1) 1Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. 2Die Anwendung dieser Vorschrift wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Angreifer in der irrtümlichen Annahme von Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrunds gehandelt hat.“

Nun gibt es aber eine Einschränkung im § 2 des OEG, wonach die Entschädigung dann versagt werden kann, wenn die Gewährung unbillig erscheint.

„§ 2 Versagungsgründe

(1) 1Leistungen sind zu versagen, wenn der Geschädigte die Schädigung verursacht hat oder wenn es aus sonstigen, insbesondere in dem eigenen Verhalten des Anspruchstellers liegenden Gründen unbillig wäre, Entschädigung zu gewähren. 2Leistungen sind auch zu versagen, wenn der Geschädigte oder Antragsteller

1.
an politischen Auseinandersetzungen in seinem Heimatstaat aktiv beteiligt ist oder war und die Schädigung darauf beruht oder
2.
an kriegerischen Auseinandersetzungen in seinem Heimatstaat aktiv beteiligt ist oder war und Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, daß die Schädigung hiermit in Zusammenhang steht, es sei denn, er weist nach, daß dies nicht der Fall ist oder
3.
in die organisierte Kriminalität verwickelt ist oder war oder einer Organisation, die Gewalttaten begeht, angehört oder angehört hat, es sei denn, er weist nach, daß die Schädigung hiermit nicht in Zusammenhang steht.

(2) Leistungen können versagt werden, wenn der Geschädigte es unterlassen hat, das ihm Mögliche zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Verfolgung des Täters beizutragen, insbesondere unverzüglich Anzeige bei einer für die Strafverfolgung zuständigen Behörde zu erstatten.“

Der beklagte Freistaat begründete die Unbilligkeit damit, dass Her A durch seine eigene Straftat eine wesentliche Bedingung für die mit den Verhältnissen des Strafvollzuges zusammenhängende Gewalttat gesetzt habe. Der Freistaat wähnte sich mit dieser Rechtsauffassung im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, nach der eine Entschädigung unbillig sein kann, wenn sich in dem Angriff eine „gefängniseigentümliche Gefahr des Strafvollzuges“ verwirklicht hat (BSGE 88, 103 = SozR 3-3800 § 1 Nr 19).

Diese Rechtsprechung hat das Gericht aber mit dieser Entscheidung aufgegeben.

Bereits das Sozialgericht und das Landessozialgericht haben den Freistaat zur Gewährung von Leistungen verurteilt, weil sich durch die Gewalttat sich keine typische Gefahr der Inhaftierung verwirklicht habe. Die Gerichte führten hierzu aus, dass ein vergleichbarer Angriff auch außerhalb der Knastmauern bei ähnlich gelagerten Meinungsverschiedenheiten vorkommen könne.

Nachdem der Freistaat hiergegen in die Revision gegangen war, wurden die vorangegangenen Urteile bestätigt.

Die Feststellungen des Landessozialgerichts zu den Voraussetzungen des § 2 I OEG waren für das Bundessozialgericht bindend. Diese lagen nach den getroffenen Feststellungen aus mehreren Gründen aber nicht vor.

Eine unmittelbare Mitverursachung der Schädigung durch Herrn A, die zu einem Ausschluß hätte führen können, war nicht feststellbar. Zum anderen ist es – so das Gericht – auch nicht aus sonstigen Gründen unbillig, ihm Entschädigung zu gewähren.

Allein der Umstand, dass der Herr A wegen seiner eigenen Straftat inhaftiert worden ist, reicht insoweit nicht aus. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die erlittene Schädigung in einem inneren Zusammenhang mit früheren Straftaten des Klägers steht oder dass sich der Kläger innerhalb der Anstalt an kriminellen Aktivitäten beteiligt hat, auf denen der gegen ihn gerichtete Angriff beruhen könnte.

Hinzu kommt, dass die Gewalttat des Mithäftlings B in den Verantwortungsbereich des staatlichen Strafvollzuges fällt.

Nach all dem war die Revision des Freistaats vollumfänglich zurückzuweisen.
Az.: B 9a VG 2/05 R V. ./. Freistaat Bayern

26
Jun
07

Lotto-Toto-Lotterie beim BGH ums Spiel im Internet

Ach, waren das noch Zeiten, als der Lottozettel noch von Hand ausgefüllt werden musste, der Name und die Anschrift in Blockschrift und nur unter Verwendung eines schwarzen Kugelschreibers. Und die samstagabendliche Glücksfee hatte einen Namen: Karin Tietze Ludwig.

Die Zeiten ändern sich und in jüngster Vergangenheit sind nicht nur die Möglichkeiten gestiegen, mussten die Gerichte sich mit der Zulässigkeit privater Wettanbieter beschäftigen und zuletzt auch sich mit der Frage auseinandersetzen, wie die Regeln für den Internetvertrieb zu bewerten sind.

Jetzt musste sich der Kartellsenat des Bundesgerichtshof mit dem vom Bundeskartellamt gegenüber den Lottogesellschaften der Bundesländer ausgesprochenen Verbot beschäftigen, dass diese bei einer Ausdehnung ihres Internetvertriebs Erlaubnisvorbehalte zu beachten haben, die in anderen Bundesländern bestehen. Der Senat hat jetzt entschieden, dass dieses Verbot jetzt nicht für sofort vollziehbar erklärt werden darf.

Im Klartext bedeutet dies , dass dieses vom Bundeskartellamt ausgesprochene Verbot bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die gegen die Verfügung eingelegte Beschwerde nicht durchgesetzt werden darf.

Landesrechtlicher Erlaubnisvorbehalt für Internetvertrieb staatlicher Lottogesellschaften hat der Senat aber vorläufig bestätigt

Der Hintergrund ist darin zu sehen, dass die einzelnen Lottogesellschaften der Bundesländer auf der Grundlage eines so genannten Blockvertrags zusammenarbeiten. Hieraus ist auch der Begriff des Deutschen Lottoblocks abgeleitet. Der Beginn der Geschichte war im Jahre 1948, der Totoblock erblickte das Licht der Welt. Die Idee, die dahinter steckte war einfach: Weil es nach dem Krieg an allem fehlte, bedurfte es der Schaffung einer Geldquelle für die Sportförderung. Die Toto-Wette trug so wesentlich über ihre Ausschüttungen zur Förderung des Sports nach dem zweiten Weltkrieg bei. Anfang der 1950er Jahre bildeten sich zunächst zwei Blöcke – der Nord-Süd-Block mit den Gesellschaften der Länder Berlin, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern und der Süd-West-Block mit den Gesellschaften aus den Ländern Nordrhein-Westfalen, Hessen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Am 11. November 1956 vereinigten sich diese Beiden zum Deutschen Totoblock zusammenfügten.

Lotto kam später dazu – zwischen 1955 und 1959. Am 1. Oktober 1962 trat nun der erste Blockvertrag in Kraft. Dieser regelte unter anderem sowohl die Ziehung der Gewinnzahlen als auch das pooling der Umsätze und Gewinne. Das Ziel, das hier verfolgt wurde,war, einheitliche Quoten ermitteln zu können.

Am 1. Juli 1974 wurden Toto und Lotto zum Deutschen Toto-Lottoblock zusammengeführt Nach der Wiedervereinigung folgten die Gesellschaften der neuen Länder 1992.

§ 2 des derzeit aktuellen Blockvertrages besagt, dass die Tätigkeit jeder Lottogesellschaft auf das Gebiet des jeweiligen Landes beschränkt.

Lotterien sind Ländersache. Deswegen gibt es auch einen Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland. Dieser Lotteriestaatsvertrag enthält eine Regelungen, die dem § 2 des Blockvertrages entspricht.

Nach diesem Vetrag dürfen die Lottogesellschaften nur dann in einem anderen Land tätig werden, wenn ihnen die Zustimmung der in diesem Land zuständigen Behörden erteilt wurde. Die einzelnen Gesellschaft hat hierbei keinen Rechtsanspruch auf Erteilung einer solchen Genehmigung.

Das Bundeskartellamt hatte verschiedene Verhaltensweisen der Lottogesellschaften einer kartellrechtlichen Prüfung unterzogen. Mehrere hiervon wurden untersagt, weil sie gegen deutsches und europäisches Kartellrecht verstießen. Diese Untersagungsverfügungen wurden für sofort vollziehbar erklärt.

Die Lottogesellschaften haben dagegen beim Oberlandesgericht Düsseldorf Beschwerde eingelegt.

Sie haben darüber hinaus beantragt, der Beschwerde gegen die Untersagungsverfügung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Den auf aufschiebende Wirkung gerichteten Antrag hat das OLG Düsseldorf überwiegend abgelehnt.

Mit Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof haben die Lottogesellschaften den Antrag auf Anordnung aufschiebender Wirkung teilweise weiterverfolgt.

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat dieser nun teilweise stattgegeben.

Verfahrensrechtlich ist zunächst wichtig, dass es sich hier um ein Eilverfahren handelt. Der BGH prüft daher die Beschlüsse des Beschwerdegerichts, hier also des OLG Düsseldorf – zum vorläufigen Rechtsschutz nur auf rechtliche Plausibilität.

Bei dieser Plausibilitätsprüfung war nun für die Entscheidung des Kartellsenats war deshalb die Fragestellung maßgeblich, ob es rechtens war, dass das Oberlandesgericht Düsseldorf etwaige Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung des Bundeskartellamtes verneint hat.

Grund hierfür ist, dass bei ernstlichen Zweifeln ist auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Beschwerde anzuordnen.

Das OLG Düsseldorf hatte die Auffassung vertreten, dass es sich bei dem § 2 des Blockvertrages sich um eine Gebietsaufteilung unter den Lottogesellschaften handle. Diese sei unter kartellrechlichen Gesichtspunkten aber unzulässig. Sie ist auch nicht unter den Gesichtspunkten der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben subsummierbar. Die Gebietsaufteilung ist auch nicht wegen der Begrenzung und Kanalisierung von Spiellust gerechtfertigt.

Der Kartellsenat hatte an diesen Ausführungen des OLG nichts auszusetzen.

Hinzu kommt, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) die Mitgliedstaaten keine Maßnahmen treffen oder beibehalten dürfen, die die praktische Wirksamkeit der Wettbewerbsregeln des Gemeinschaftsrechts beeinträchtigen können. Dies gilt auch für die einzelnen Bundesländer.

Nun hatte das Bundeskartellamt den Staatsvertrag hierauf geprüft und in dessen § 5 im Absatz 3 eine solche unzulässige Massnahme gesehen.

Diese Bestimmung im Staatsvertrag verstärke nämlich die im Blockvertrag vereinbarte Gebietsaufteilung unter den Lottogesellschaften. Diese Vorschrift sagt nämlich, dass danach die Zustimmung zu einem Tätigwerden in einem anderen Bundesland auch versagt werden könne, um Wettbewerb unter den Lottogesellschaften zu unterbinden.

Nach Ansicht des OLG Düsseldorf ist es mit europäischem Recht nicht vereinbar, wenn die Lottogesellschaften durch Landesrecht davon abgehalten würden, ihren Vertrieb auf andere Bundesländer auszudehnen.Dies hat der BGH ebenfalls nicht beanstandet.

Dagegen hat der Kartellsenat nun die Rechtmäßigkeit der Verfügung des Bundeskartellamtes insoweit bezweifelt, als dort den Bundesländern die Möglichkeit genommen wird, die Tätigkeit nicht erst nach Aufnahme der Tätigkeit der aus anderen Bundesländern stammenden Lottogesellschaften zu untersagen, sondern aus ordnungsrechtlichen Gründen auch schon rein präventiv.

Der BGH hat hierzu ausgeführt: „Ein landesrechtlicher Erlaubnisvorbehalt für die Tätigkeit von Lottogesellschaften anderer Bundesländer erscheine bei vorläufiger Beurteilung gemeinschaftsrechtlich unbedenklich. Die territoriale Beschränkung einer landesbehördlichen Erlaubnis auf das jeweilige Bundesland berühre jedenfalls hier nicht den Schutzbereich der gemeinschaftsrechtlichen Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit, da diese Grundfreiheiten nur zwischen den Mitgliedstaaten gelten, jedoch nicht im Verhältnis zwischen staatlichen Lottogesellschaften eines Mitgliedstaates. Der Erlaubnisvorbehalt beeinträchtige bei summarischer Prüfung auch nicht ohne weiteres die praktische Wirksamkeit der gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsregeln. Nicht auszuschließen seien berechtigte ordnungsrechtliche Gründe auf Seiten der Länder, den Internetvertrieb durch Lottogesellschaften aus anderen Bundesländern von vornherein zu verbieten oder einzuschränken.“

Der BGH hat explizit bezug genommen auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Bayerischen Staatslotteriegesetz. Danach liege es nicht fern, auch die Bereitstellung neuer oder zusätzlicher Vertriebsmöglichkeiten im Internet für bereits verfügbare Spielangebote durch weitere staatliche Lottogesellschaften als unzulässig anzusehen.

Unter Einbeziehung der neuesten Rechtsprechung des EuGH traf das Gericht auch Ausführungen zur Frage nach der Zulässigkeit des staatlichen Monopols für Glücksspiele. Nach dieser Rechtsprechung zur Dienstleistungsfreiheit ist aber dieses staatliche Monopol nicht ausgeschlossen. Daher dürften sich die Bundesländer im Rahmen ihrer Gesetzgebungszuständigkeit für oder gegen ein solches Monopol entscheiden und dieses dann auch präventiv durchsetzen.

Das Gericht hielt im Ergebnis fest, dass die Lottogesellschaften schon vor rechtskräftiger Entscheidung über ihre Beschwerde dazu verpflichtet sind, ungeachtet der Regelungen im Blockvertrag und im Staatsvertrag eine autonome Entscheidung darüber zu treffen, ob sie ihren Internetvertrieb auf andere Bundesländer ausdehnen und die dafür erforderliche Genehmigung dieser Bundesländer einholen wollen.

Diese Genehmigung darf nur aus ordnungsrechtlichen und nicht aus wettbewerblichen Gründen versagt werden.

Die Sache ist noch nicht abgeschlossen, denn mit Beschluss vom 8. Juni 2007 (VI-Kart 15/06 (V)) hat das OLG Düsseldorf den Beschluss des Bundeskartellamts in der Hauptsache im Wesentlichen bestätigt. Den Beschluss des BGH konnte das OLG hierzu noch nicht berücksichtigen.

Prozessrechtlich hat dies nun folgende Konsequenzen:

Auf die vom BGH getroffene Entscheidung hat der Beschluss des OLG Düsseldorf keinen Einfluss. Das OLG hat die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen. Anordnungen der aufschiebenden Wirkung gelten bis zum rechtskräftigen Abschluss des Beschwerdeverfahrens. Auch eine gegen die Ablehnung einer solchen Anordnung gerichtete Rechtsbeschwerde erledigt sich vorher nicht.

Beschluss vom 8. Mai 2007 – KVR 31/06 – Lotto im Internet

Bundeskartellamt, Beschluss vom 23. August 2006 – B 10-92713-Kc-148/05,

WuW/E DE-V 1251

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23. Oktober 2006 – VI-Kart 15/06, WuW/E DE-869

OLG Düsseldorf Beschluss vom 8. Juni 2007 – VI-Kart 15/06 (V)

25
Jun
07

BGH: Das Privatleben eines Künstlers (Flugzeuge im Bauch ?)

Der Bundesgerichtshof hat in einer neueren Entscheidung jetzt seine Rechtsprechung zur Veröffentlichung von Fotos in der Presse fortgeschrieben.Wie schon in der Caroline-Entscheidung des BGH, die hier ausführlicher behandelt wurde, wägt das Gericht ab zwischen der Pressefreiheit auf der einen Seite und dem Persönlichkeitsschutz auf der anderen.

Hierzu hat das Gericht ein abgestuftes Schutzkonzept entwickelt. Dieses ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichts zu den §§ 22, 23 KUG:

㤠22

1Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. 2Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. 3Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. 4Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten.“

und quasi als Pendant zu dieser Vorschrift der

㤠23

(1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:

1.
Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;
2.
Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;
3.
Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;
4.
Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.

(2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.“
Damit ist das Spannungsfeld definiert, in welchem sich insbesondere die yellow-press bewegt.

Im kokreten Fall traf es die „BUNTE“. Sie brachte zwei Fotos der Klägerin, die diese mit ihrem Lebensgefährten in Rom in einem Café und beim Bummel in der Fußgängerzone zeigten.

Jetzt war es aber so, dass dieser Lebensgefährte eben nicht irgendwer war, sondern ein Musiker aus 4630 Bochum, der schon 1988 – allerdings in anderem Zusammenhang – sich auf „Ö“ die Frage stellte, „was soll das ?“

Das Blatt zitierte allerdings einen anderen Text Grönemeyers : „Der Mensch heißt Mensch, weil er sich anlehnt und vertraut und weil er lacht, weil er lebt.“ – und musste sich vom Gericht nun auch sagen lassen, dass der Mensch auch deswegen Mensch heisst, weil er eine zu respektierende Privatsphäre hat und nicht bedingungslos der Neugierde ausgesetzt sein darf.

Nachdem das Landgericht zunächst der Unterlassungsklage stattgegeben hatte, hatte auch das Kammergericht dieses bestätigt. Die Revision der Beklagten blieb ohne Erfolg.

Das abgestufte Schutzkonzept siedelt die privaten Situationen als absolut schützwürdig hoch oben an. Ein Zusammenhang der Bilder mit irgendeinem zeitgeschichtlichen Ereignis war nicht zu erkennen. Ein Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse oder eine Information über ein zeitgeschichtliches Ereignis, welches die Veröffentlichung der Bilder hier rechtfertigen könnte, konnte das Gericht deshalb auch weder den Abbildungen noch der beigefügten Wortberichterstattung zu entnehmen.

Ergänzend führte das Gericht aus, selbst wenn Herbert Grönemeyer tatsächlich Erlebtes und Wichtiges aus seinem Privatlebens zu Songtexten künstlerisch verarbeitet hat, so folgt hieraus nicht eine höhere Verletzlichkeit des Privatlebens. Keinesfalls muss die Klägerin wegen der künstlerischen Verarbeitung von Teilen des Privatlebens ihres Lebensgefährten durch dieses selbst eine Berichterstattung über ihre Privatsphäre hinnehmen müsste.

Urteil vom 19. Juni 2007 – VI ZR 12/06

Landgericht Berlin – Entscheidung vom 19. Mai 2005 – 27 O 73/05 ./. Kammergericht – Entscheidung vom 20. Dezember 2005 – 9 U 130/05

25
Jun
07

Wie darf sich die Miete erhöhen, wenn die Wohnung größer ist als im Vertrag steht ?

Dieser Frage musste sich jüngst der Bundesgerichtshof stellen. Das Urteil hierzu erging am 23. Mai diesen Jahres.Herr A und Frau B sind Vermieter und Mieterin einer Wohnung. In ihrem Mietvertrag war die Wohnungsgröße mit 121,49 qm angegeben. In Wirklichkeit waren es aber gut 10 qm mehr, nämlich 131,80 qm.

Diesen Mangel wollte Herr A vermutlich heilen, indem er mit Schreiben vom 31. Mai 2005 die Zustimmung zur Mieterhöhung verlangte. Die Voraussetzungen hierfür hat der Gesetzgeber in die §§ 558 ff. BGB geschrieben. Maßgeblich für das Mieterhöhungsverlangen ist unter anderem die Größe der Wohnung. Das steht so im Absatz 2 Satz 1 des § 558 BGB:

„(2) 1Die ortsübliche Vergleichsmiete wird gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen nach § 560 abgesehen, geändert worden sind.“

Nur – welche Größe war heranzuziehen ? Herr A verlangte eine Erhöhung der Bruttokaltmiete von EUR 494,24 auf 521,80 auf der Grundlage der tatsächlich vorhandenen Größe, nämlich den 131,80 qm.

Frau B wehrte sich dagegen, sie vertrat den Standpunkt, dass es auf die im Vertrag angegebene Größe ankomme.

Mit dieser Argumentation hatte sie vor dem Amtsgericht und dem Landgericht keinen Erfolg – beide gaben der auf Zustimmung zur Mieterhöhung gerichteten Klage des Herrn A statt.

Auf die vom Landgericht zugelassene Revision hin hat der VIII. Zivilsenat des BGH nun die Klage abgewiesen.

Dem BGH zufolge kommt es grundsätzlich auf die Wohnfläche an, die vertraglich vereinbart ist. Die Angabe der Wohnfläche ist keine unverbindliche Objektbeschreibung. So hatte das Berufungsgericht noch die Wohnungsgröße eingeordnet gehabt. Vielmehr handelt es sich hier um die Vereinbarung über die Beschaffenheit der Wohnung, und eine solche Vereinbarung ist als rechtsverbindlich anzusehen.

Der BGH beantwortete auch gleich die Frage, welche Folgen diese rechtliche Bewertung für den Fall der Abweichung von der vertraglichen zur tatsächlichen Wohungsgröße zeitigt.

Den umgekehrten Fall hat der VIII. Zivilsenat des BGH bereits am 07. Juli 2007 entschieden: Im Verfahren VIII ZR 192/03 hat er dahingehend geurteilt, dass die Abweichung bis zu einer Größe von 10 % nicht maßgeblich sein soll. Dieses Urteil ist in der NJW 2004 auf der Seite 3115 veröffentlicht worden.

Und nun hat das Gericht entschieden, dass dies sowohl in die eine wie auch in die andere Richtung gelten solle. Erst bei einer Abweichung von mehr als 10 % ist es den Vertragsparteien unter bestimmten Voraussetzungen nicht mehr zumutbar, an der vertraglichen Vereinbarung festgehalten zu werden.

Weil im konkret entschiedenen Falle gut 10 qm weniger waren als 10 % aus 121,49 war die zulässige Mieterhöhung aus der im Vertrag angegebenen Wohnfläche zu berechnen.

Urteil vom 23. Mai 2007 – VIII ZR 138/06

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg – Urteil vom 18. November 2005 – 9 C 335/05

LG Berlin – Urteil vom 20. April 2006 – 62 S 11/06

23
Jun
07

BGH: Alles wird teurer – auch die Kaltmiete bei gleichbleibender Vergleichsmiete

Ein jedes Ding hat seinen Preis. Das gilt auch für die Mieten. Die Explosion der Wohnkosten, die überdurchschnittlich gestiegen sind, hatte in der jüngeren Vergangenheit aber mit den gestiegenen Energiepreisen zu tun.

Es ist auch nicht weiter verwunderlich, wenn Vermieter gelegentlich auf die Idee verfallen, dass sie von ihrem Mietern in Zukunft etwas mehr verlangen könnten, als bisher.

Um hier Rechtssicherheit zu geben, hat der Gesetzgeber die §§ 558 ff. ins BGB geschrieben:

„§ 558 Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete
(1) 1Der Vermieter kann die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert ist. 2Das Mieterhöhungsverlangen kann frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung geltend gemacht werden. 3Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 werden nicht berücksichtigt.

(2) 1Die ortsübliche Vergleichsmiete wird gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen nach § 560 abgesehen, geändert worden sind. 2Ausgenommen ist Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist.

(3) Bei Erhöhungen nach Absatz 1 darf sich die Miete innerhalb von drei Jahren, von Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 abgesehen, nicht um mehr als 20 vom Hundert erhöhen (Kappungsgrenze).

(4) 1Die Kappungsgrenze gilt nicht,

1.wenn eine Verpflichtung des Mieters zur Ausgleichszahlung nach den Vorschriften über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen wegen des Wegfalls der öffentlichen Bindung erloschen ist und
2.soweit die Erhöhung den Betrag der zuletzt zu entrichtenden Ausgleichszahlung nicht übersteigt.
2Der Vermieter kann vom Mieter frühestens vier Monate vor dem Wegfall der öffentlichen Bindung verlangen, ihm innerhalb eines Monats über die Verpflichtung zur Ausgleichszahlung und über deren Höhe Auskunft zu erteilen. 3Satz 1 gilt entsprechend, wenn die Verpflichtung des Mieters zur Leistung einer Ausgleichszahlung nach den §§ 34 bis 37 des Wohnraumförderungsgesetzes und den hierzu ergangenen landesrechtlichen Vorschriften wegen Wegfalls der Mietbindung erloschen ist.

(5) Von dem Jahresbetrag, der sich bei einer Erhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete ergäbe, sind Drittmittel im Sinne des § 559a abzuziehen, im Falle des § 559a Abs. 1 mit 11 vom Hundert des Zuschusses.

(6) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.“

Demzufolge der Vermieter vom Mieter unter bestimmten Voraussetzungen Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete verlangen. Die Grenze hierfür bildet die ortsüblichen Vergleichsmiete.

Im nun vom BGH entschiedenen Fall hatten die Parteien einen Kaltmietzins von EUR 4,00 je Quadratmeter vereinbart. Der Mietvertrag datierte vom 19. August 2004. Die Vergleichsmiete lag damals darüber, nämlich bei EUR 4,60.
Nach gut einem Jahr nun, nämlich mit Schreiben vom 26.09.2005 wollte die Vermieterin mehr haben – und verlangte die Zustimmung zu einer Erhöhung auf EUR 4,26 je Quadratmeter ab dem 01.12.2005.

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte über die Frage zu entscheiden, ob ein solcher Anspruch des Vermieters ausgeschlossen ist, wenn die ursprünglich vereinbarte Miete unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt und sich die ortsübliche Vergleichsmiete seit Vertragsschluss nicht erhöht hat.

Die Sache nahm ihren Gang, das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht hat in der Berufung der Klage stattgegeben.

Die Mieter gingen in die Revision und unterlagen nun vor dem BGH.

Die entscheidende Rechtsfrage, die sich stellte, war, ob die Zustimmung zur Erhöhung auch dann verlangt werden kann, wenn sich die Vergleichsmiete nicht geändert hat und darüber hinaus der vermietete Wohnraum günstiger als die Vergleichsmiete war.

Der BGH hat hierzu festgehalten, dass es gerade keine Voraussetzung des Mieterhöhungsverlangens ist, dass sich die Vergleichsmiete seit dem Vertragsabschluss erhöht habe.

Klärende Worte fand das Gericht zum Wesen des Vergleichsmietensystems: Dieses soll es dem Vermieter ermöglichen, eine am Markt orientierte, die Wirtschaftlichkeit der Wohnung regelmäßig sicherstellende Miete zu erzielen.

Die Interessen des Mieters werden nach Meinung des BGH in vielfältiger Weise hinreichend geschützt, nämlich durch die Grenze der ortsüblichen Vergleichsmiete, die Jahressperrfrist, die 15-monatige Wartezeit und die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB.

Sofern also der Mietvertrag keine Mieterhöhung ausschließt, ist auch bei besonders günstigem Wohnraum kein besonderer Schutz dagegen gegeben, dass die Miete nicht stufenweise bis zur Vergleichsmiete angepasst wird. Der BGH hat in seiner Entscheidung sogar darauf abgestellt, dass der Mieter damit rechnen müsse, dass die Miete angepasst werde.

Urteil vom 20. Juni 2007 – VIII ZR 303/06

AG Halle-Saalkreis – Urteil vom 28. April 2006 – 92 C 840/06 ./.

LG Halle – Urteil vom 25. Oktober 2006 – 2 S 137/06

22
Jun
07

Gesetzlicher Anspruch auf Entgeltumwandlung verfassungsgemäß?

Die Altersversorgung tritt zunehmend in den Fokus, da die Renten heute nicht mehr so sicher sind, wie noch Norbert Blüm behaupten konnte. Grund hierfür ist nicht nur der demographische Wandel sondern auch die Tatsache, dass sich Erwerbsbiographien heute stärker verändern als wie noch vor Jahren.

Deswegen hat der Gesetzgeber schon frühzeitig gehandelt und die Altersversorgung auf eine breitere Basis gestellt. Neben der Rentenversicherung gibt es daher als weiteres Standbein neben den Rüruprenten und Riesterrenten auch die betriebliche Altersversorgung.

Ein Modell bei dieser betrieblichen Altersversorgung ist der gesetzlich normierte Anspruch auf Entgeltumwandlung.

Geregelt ist das Ganze im § 1a des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG):

㤠1a Anspruch auf betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung

(1) 1Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber verlangen, dass von seinen künftigen Entgeltansprüchen bis zu 4 vom Hundert der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet werden. 2Die Durchführung des Anspruchs des Arbeitnehmers wird durch Vereinbarung geregelt. 3Ist der Arbeitgeber zu einer Durchführung über einen Pensionsfonds oder eine Pensionskasse (§ 1b Abs. 3) bereit, ist die betriebliche Altersversorgung dort durchzuführen; andernfalls kann der Arbeitnehmer verlangen, dass der Arbeitgeber für ihn eine Direktversicherung (§ 1b Abs. 2) abschließt. 4Soweit der Anspruch geltend gemacht wird, muss der Arbeitnehmer jährlich einen Betrag in Höhe von mindestens einem Hundertsechzigstel der Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch für seine betriebliche Altersversorgung verwenden. 5Soweit der Arbeitnehmer Teile seines regelmäßigen Entgelts für betriebliche Altersversorgung verwendet, kann der Arbeitgeber verlangen, dass während eines laufenden Kalenderjahres gleich bleibende monatliche Beträge verwendet werden.

(2) Soweit eine durch Entgeltumwandlung finanzierte betriebliche Altersversorgung besteht, ist der Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltumwandlung ausgeschlossen.

(3) Soweit der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltumwandlung für betriebliche Altersversorgung nach Abs. 1 hat, kann er verlangen, dass die Voraussetzungen für eine Förderung nach den §§ 10a, 82 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes erfüllt werden, wenn die betriebliche Altersversorgung über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung durchgeführt wird.

(4) 1Falls der Arbeitnehmer bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis kein Entgelt erhält, hat er das Recht, die Versicherung oder Versorgung mit eigenen Beiträgen fortzusetzen. 2Der Arbeitgeber steht auch für die Leistungen aus diesen Beiträgen ein. 3Die Regelungen über Entgeltumwandlung gelten entsprechend.“

Vereinfacht gesagt ist eine Entgeltumwandlung der Verzicht auf Teile des bar auszuzahlenden Gehaltes, um im Gegenzug Leistungen vom Arbeitgeber zu erhalten, die steuerlich günstiger behandelt werden. Damit handelt es sich um eine vom Arbeitnehmer finanzierte Altersversorgung. Der Fachbegriff hierfür ist Deferred Compensation.

Der Anspruch auf Entgeltumwandlung besteht bis zu einer Höhe von 4% der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Die Beitragsbemessungsgrenzen werden jährlich von der Bundesregierung für die Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie für die Kranken- und Pflegeversicherung durch Rechtsverordnung angepasst.

Für die Anpassung ist fesggelegt, dass diese in dem Verhältnis zu erfolgen hat, in dem die Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer im vergangenen Kalenderjahr zur entsprechenden Bruttolohn- und -gehaltssumme im vorvergangenen Kalenderjahr steht.

Der Arbeitgeber hat hierbei eine Wahlmöglichkeit: Er kann als Durchführungsweg die Pensionskasse oder den Pensionsfonds vorgeben.

Falls er seine Wahlmöglichkeit nicht nutzt und deswegen keinen dieser beiden Durchführungswege anbietet, so kann der Arbeitnehmer die Durchführung über eine Direktversicherung verlangen.

Bei allen drei Durchführungswegen steht es dem Arbeitnehmer zu, dass er verlangen kann, dass die Voraussetzungen für die Riester-Förderung erfüllt werden.

Für die durch die Entgeltumwandlung begründeten Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung hat der Arbeitgeber einzustehen, auch wenn eine Direktversicherung abgeschlossen wird und diese nicht leistet (§ 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG).

Interessant ist auch die Regelung zur Unverfallbarkeit dieser Ansprüche: Die Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung, die durch Entgeltumwandlung finanziert wurde, ist nämlich im Gegensatz zu anderen betrieblichen Vorsorgemodellen sofort unverfallbar. Die Höhe der Anwartschaften richtet sich nach den bereits umgewandelten Entgelten.

Eine Arbeitgeberin hat sich nun geweigert, dieser gesetzlichen Pflicht nachzukommen. Sie hielt die Vorschrift über die Entgeltumwandlung für verfassungswidrig. Sie sah hier insbesondere das in Art. 12 Grundgesetz geschützte Recht auf Berufsfreiheit für verletzt an. Aus diesem Grunde weigerte sie sich, eine Vereinbarung über die Entgeltumwandlung abzuschliessen.

Deswegen verurteilte der Dritte Senat des Bundesarbeitsgericht wie auch die Vorinstanzen die Arbeitgeberin zum Abschluss bschluss einer Vereinbarung über die Entgeltumwandlung und zur Durchführung der Vereinbarung verurteilt.

 

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. Juni 2007 – 3 AZR 14/06 –

Vorinstanz: Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 23. August 2005 – 7 Sa 953/04 –

21
Jun
07

And the winner is…….

Mit Kino kann man viel Geld verdienen – oder aber viel verlieren. Eine mögliche Art, Geld anzulegen besteht in so genannten Filmfonds.Medienfonds – und hierzu gehörden die Filmfonds, sind geschlossene Fonds, mit denen Film- und Fernsehproduktionen finanziert werden. Derjenige, der Geld anlegen will, steckt dies in eine Filmproduktion. Damit trägt mit seiner Investition zur Finanzierung bei. Dieses Engagement wird dann damit belohnt, dass die Anleger am Ende am Einspielergebnis beteiligt werden.

Es gibt sowohl Producer- als auch Leasing- oder Buyer fonds. Während bei ersteren mit dem Kapital der Anleger Filme hergestellt werden, werden bei letzteren Lizenzen gehandelt.

Medienfonds – und hierzu gehören die Filmfonds – werden für gewöhnlich in der Rechtsform derGmbH & Co. KG gegründet.

Dabei ist die GmbH persönlich haftende Gesellschafterin. Die GmbH selbst muss nicht am Gesellschaftskapital des Fonds beteiligt sein. Die Kommanditisten sind in diesem Falle die einzelnen Anleger.

Die Bütezeit dieser Anlageform dürfte zwischenzeitlich, nicht zuletzt wegen der Änderung der steuerlichen Absetzbarkeit, vorbei sein. Zu Beginn dieses Jahrtausends aber erlebten die Filmfonds in Deutschland einen enormen Boom, in Hollywood machte schnell das Wort vom „stupid German money“ die Runde.

Der Bundesgerichtshof musste jetzt über Schadensersatzansprüche wegen Beteiligung an einem Filmfonds entscheiden.

Die Kläger zeichneten im Herbst 2000 je eine Kommanditeinlage über 100.000 DM zuzüglich 5.000 DM Agio an dem Filmfonds Vif Babelsberger Filmproduktion GmbH & Co. Dritte KG.

Nachdem die Produktionsdienstleisterin in Insolvenz fiel, geriet auch diese Fondsgesellschaft im Jahre 2002 in den Strudel.

Wegen der Insolvenz waren Gelder, die von dieser und anderen Fondsgesellschaften nicht zurückzuerlangen.

Die Möglichkeit, das Risiko für die Anleger durch Abschluss einer Erlösausfallversicherungen für aufgenommene Produktionen zu begrenzen, war nicht wahrgenommen worden.

Die enttäuschten Anleger erhoben Klage. Sie wollen die Rückzahlung der eingezahlten Beiträge haben. Dies natürlich Zug-um-Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus der Beteiligung.

Als Gegner haben die Kläger zunächst die Tochtergesellschaft einer international tätigen Großbank ausgemacht. Diese war zumindest als Minitiatorin und Hintermann nach Auffassung der Kläger verantwortlich für den Prospekt.

Diese Beklagte zu 1) war von der Fondsgesellschaft mit der Beratung bei der Auswahl und Heranziehung potentieller Vertragspartner und der Optimierung des gesamten Vertragswerks sowie der gesamten Koordination des Eigenkapitalvertriebs beauftragt worden. Darüber hinaus betraute die Prospektherausgeberin sie mit der Erstellung eines Prospektentwurfs. Schließlich nahm sie als Einzahlungstreuhänderin für die Fondsgesellschaft die Gelder der Anleger entgegen

Die Beklagte zu 2, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, nahmen die Kläger deswegen in Anspruch, weil sie Fehler bei der von ihr vorgenommenen Prüfung des Prospekts behaupteten.
Die Klagen der drei Anleger hatten in den Vorinstanzen keinen Erfolg,.

Sowohl das Landgericht wie auch das Oberlandesgericht in München waren zu dem Schluss gekommen, der zur Einwerbung verwendete Prospekt sei inhaltlich nicht zu beanstanden.

Der III. Zivilsenat hat auf die von ihm zugelassenen Revisionen die Berufungsurteile aufgehoben und die Sachen zur neuen Verhandlung und Entscheidung an die Berufungsgerichte zurückverwiesen.

Im Gegensatz zu den Vorinstanzen hat der BGH doch Prospektmängel ausgemacht: Diese waren darin zu sehen, dass der Prospekt nicht eindeutig genug darauf hinweist, dass dem Anleger ein Risiko des Totalverlustes droht.

So fehlt dieser Hinweis in seinem Abschnitt „Risiken der Beteiligung“ im Hinblick auf eine dort vorgenommene und mit einer Beispielsberechnung versehene Restrisikobetrachtung. Ein so genanntes worst-case-Szenario muss also deutlich zu erkennen geben, dass das Risiko des Totalverlustes nicht ausgeschlossen ist.

Neben dem Prospektmangel ist es gegebenenfalls noch zu klären, ob die Tochtergesellschaft der Bank Kenntnisse von Schwierigkeiten bei einem Vorgängerfonds bekannt waren. Im Einzelnen wird es darum gehen, ob nicht nur darüber Kenntnisse vorhanden waren, ob bei einem Vorgängerfonds mit Produktionen begonnen wurde, ehe Einzelpolicen einer Erlösausfallversicherung vorgelegen hätten, sondern darüber hinaus auch ein Abschluss von Einzelversicherungen daran gescheitert sei, dass seitens der Versicherung Bedingungen nachgeschoben worden seien.

In Bezug auf die Beklagte zu I konnte der BGH noch nicht abschließend entscheiden. Ob die Beklagte zu 1 – als Mitinitiatorin oder Hintermann oder wegen unerlaubter Handlung – für die angeführten Prospektmängel verantwortlich gemacht werden kann, muss erst noch geprüft werden. Die hierfür maßgeblichen Gesichtspunkte sind von den Berufungsgerichten, noch nicht verfahrensfehlerfrei festgestellt worden.

In zwei Verfahren hat er allerdings die gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gerichteten Klagen abgewiesen.

Die Prospekthaftung der Beklagten zu II; der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, aus einer Garantenstellung hat der BGH indes nicht für gegeben erachtet.

Dies gründet das Gericht darauf, dass der Prospekt keine Erklärung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft enthält. Im Prospekt war lediglich zu lesen, dass eine namhafte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sei mit der Beurteilung des Prospekts beauftragt worden sei. Diese werde über das Ergebnis einen Bericht erstellen. Der Bericht werde, so hiess es weiter, nach Fertigstellung den von den Vertriebspartnern vorgeschlagenen ernsthaften Interessenten auf Anforderung zur Verfügung gestellt.

Wenn nun aber der Anleger den Prospektprüfungsbericht angefordert hat, und zwar vor seiner Anlageentscheidung, dann hat der BGH eine Haftung für möglich gehalten. Diese basiert auf der Annahme eines Vetrages mit Schutzwirkung für Dritte.

Hier bleibt der BGH aber bei seiner strengen Linie. Die allgemeine Vorstellung des Anlegers, der Vertrieb werde das Gutachten zur Kenntnis nehmen und, sofern es den Prospekt nicht für unbedenklich halte, von einer Vermittlung der entsprechenden Anlage absehen, genügt nämlich nicht. Der Vetrag kann seine Schutzwirkung erst entfalten, wenn der Anleger den Prüfbericht tatsächlich zur Kenntnis genommen hat und diese Kenntnis ihn bei seiner Anlageentscheidung tatsächlich beeinflussen konnte.

Das Gericht hat deswegen die Klagen zweier Anleger, die sowohl von der Existenz des Gutachtens keine Kenntnis hatten als auch über seinen Inhalt nicht mit dem Vermittler gesprochen hatten, abgewiesen.

Übrigens war dies noch nicht das letzte Wort des BGH in dieser Sache:

Beim III. Zivilsenat sind noch zahlreiche Verfahren weiterer Anleger zu demselben Filmfonds anhängig.

„Out of Karlsruhe“ – Oscar für ???? im nächsten Jahr ?

Urteil vom 14. Juni 2007 – III ZR 185/05

LG München I, Urteil vom 19. Oktober 2004- 28 O 9454/04 ./. OLG München, Urteil vom 26. Juli 2005 – 18 U 5613/04

Urteil vom 14. Juni 2007 – III ZR 300/05

LG München I, Urteil vom 19. Oktober 2004- 28 O 10307/04 ./. OLG München, Urteil vom 20. Juni 2005 21 U 5633/04

Urteil vom 14. Juni 2007 – III ZR 125/06

LG München I, Urteil vom 1. Februar 2005- 28 O 17823/04 ./. OLG München, Urteil vom 13. März 2006 17 U 2374/05

18
Jun
07

Ein Hauch von Hollywood

Erfurt ist nicht in Kalifornien. Trotzdem wehte ein Hauch von Hollywood durch die Gänge des Bundesarbeitsgerichts, als der fünfte Senat über die Arbeitspflichten einer Filmschauspielerin zu entscheiden hatte. Das Gericht hatte folgenden Sachverhalt zu prüfen: Es gab ein Filmprojekt mit dem Arbeitstitel „Maria an Callas“. Schon der Titel erinnert an die unvergessene Operndiva. Frau A sollte in diesem Film die „Jennie“ spielen. Diese Jennie war laut erster Drehbuchfassung die Schwägerin und Freundin der Hauptdarstellerin im Alter von 54 Jahren. Es kam nun aber so, dass bereits nach zwei Tagen das Drehbuch umgeschrieben wurde. Aus der 54-jährigen Freundin wurde die 60-jährige Mutter Jennie. Die Freundin und Schwägerin fiel weg. Das war Frau A zu viel. Sie erklärte, sie werde die Jennie nur nach der bisherigen – ursprünglichen Fassung spielen. Gespielt hat sie dann gar nicht – die Rolle wurde anderweitig besetzt. Frau A wollte sich das aber nicht bieten lassen und verlangte deswegen Zahlung der vertraglich vereinbarten Vergütung für die weiteren 13 Drehtage. Damit scheiterte sie sowohl vor dem Arbeitsgericht wie auch vor dem Landesarbeitsgericht. Nun also Erfurt. Hier stellte das Bundesarbeitsgericht fest, dass auch im Filmgeschäft grundsätzlich die Vertragsparteien selbst über den Ausgleich ihrer gegenläufigen Interessen befinden. Gleiches gilt für den Ausgleich der grundrechtlich geschützten Positionen beachtlich. Da es sich hier um darstellende Kunst handelt, geht es auch um die Freiheit der Kunst. Diese Grundzüge der Privatautonomie sind vorrangig bei der Auslegung des zu prüfenden Arbeitsvertrages heranzuziehen. Welche Arbeit der Arbeitnehmer zu leisten hat, ergibt sich in erster Linie aus dem Arbeitsvertrag. Das gilt fürs Filmgeschäft genauso wie für jede andere abhängige Beschäftigung. Der Arbeistvertrag gibt für gewöhnlich den Rahmen vor. Innerhalb dieses Rahmens obliegt es dem Arbeitgeber, nun den Inhalt und den Umfang der Arbeitspflicht des Arbeitnehmers festzulegen. Dies folgt direkt aus dem Weisungsrecht, das der Arbeitgeber inne hat. Welche Arbeit der Arbeitnehmer zu leisten hat, ergibt sich in erster Linie aus dem Arbeitsvertrag. Der Arbeitgeber kann Inhalt und Umfang der Arbeitspflicht kraft seines Weisungsrechts im Rahmen des jeweiligen Arbeitsvertrags festlegen. Mit diesen Grundsätzen ging nun der Fünfte Senat ans Werk und prüfte den Arbeitsvertrag. Er kam hier nun zu dem Schluss, dass die neue Drehbuchfassung den vertraglich festgelegten Kern der Rolle nicht geändert habe. Im Arbeitsvertrag war ein Rollenprofil aufgenommen worden. Dieses Profil sei gewahrt geblieben. Das Bundesarbeitsgericht schloss hieraus, dass Frau A die Mutter Jennie hätte spielen müssen. Daher stand ihr die weiter geltend gemachte Vergütung nicht zu. Wenn das Rollenprofil schärfer vereinbart gewesen wäre oder im Vertrag etwas anderes gestanden hätte, wäre die Geschichte vielleicht ganz anders ausgegangen. Aber nicht nur im Kintopp sondern auch im richtigen Leben kommt nicht immer ein happy end vor dem Abspann und wie schon in der griechischen Tragödie kann sich auch ganz real der tragische Held unentrinnbar in den Fallstricken verfangen und trotz der retardierenden Momente ist dann alle Hoffnung vergebens gewesen. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. Juni 2007 – 5 AZR 564/06 – Vorinstanz, Landesarbeitsgericht Berlin, Urteil vom 19. Mai 2006 – 6 Sa 118/06 –

15
Jun
07

Bundesgerichtshof zu Aufklärungspflichten

Der auch für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat jetzt in einem Urteil vom 13. Juni 2007 die vorvertraglichen Aufklärungspflichten erweitert.Die Verletzung dieser Aufklärungspflichten des Verkäufers haben im konkreten Fall dazu geführt, dass dieser mit seiner auf Zahlung des Kaufpreises gerichteten Klage in allen Instanzen gescheitert ist.

Die Familie F besuchte im September 2003 eine Verbrauchermesse. Am Stand der Firma K wurde sie fündig: Eine Solarheizungsanlage als Komplettbausatz für das Flachdach ihres Wohnhauses. Das erschien ihr genau das richtige zu sein.

Beim Verkaufsgespräch ging es auch darum, wie denn nun der Komplettbausatz auf das Dach gelange und wie die Installation zu bewerkstelligen sei.

Hierzu erklärten Mitarbeiter der Firma K, die Anlage könne auch von Laien montiert werden. Die Firma stelle umfangreiche Montage- und Verlegeanleitungen zur Verfügung.

Als die Familie F dann den Komplettbausatz nebst Montageanweisung erhielt, mussten die erstaunten Empfänger aber folgendes lesen:

„Die in dieser Montageanweisung beschriebenen Tätigkeiten setzen Fachkenntnisse entsprechend einer abgeschlossenen Berufsausbildung im Gas-/Wasserinstallationshandwerk voraus.“

Sie fühlten sich getäuscht – und fochten den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung an.

Die Firma K klagte indes klagte auf Zahlung, die Klagen wurde beim Landgericht abgewiesen. Die Berufung hierauf war erfolglos. Das OLG hatte die Revision zugelassen.

Diese wurde nun vom BGH zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat zwar keine ausreichenden Feststellungen getroffen, die die Annahme einer arglistigen Täuschung rechtfertigen. Damit steht eigentlich fest,dass die Anfechtung nicht durchgriff.

Die Firma K kann aber trotzdem den Kaufpreis nicht verlangen, weil sie, beziehungsweise ihre Verkäufer, vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt haben. Die Verletzung dieser Pflichten führt über § 311 BGB – der culpa in contrahendo – i.V.m. § 249 BGB zu einem Anspruch auf Rückgängigmachung des Vetrages. Dies hat der BGH für den fahrlässig Getäuschten, dem wegen dieser Fahrlässigkeit gerade kein Anfechtungsrecht nach § 123 BGB zustand, bereits im Urteil BGH NJW 62, 1196 entschieden.

Der BGH wies zur Abgrenzung nochmals auf folgendes hin:

„Der Käufer eines Bausatzes für die Selbstmontage einer Solarheizungsanlage muss zwar nicht ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass die Montage der Solaranlage ein gewisses handwerkliches Geschick voraussetzt, denn dies versteht sich von selbst und ist dem verständigen Käufer daher bekannt.“

Damit hört es aber schon auf. Mit weitergehenden Anforderungen braucht auch der verständige Käufer – und auf diesen hebt der BGH in seiner Entscheidung ab – nicht rechnen. Insbesondere Fachkenntnisse entsprechend einer abgeschlossenen Berufsausbildung wie in der vorliegenden Montageanweisung sind daher für den Käufer als überraschend anzusehen.
Hinzu kommt, dass der BGH diesen Umstand als von wesentlicher Bedeutung ansieht. Er lässt sich von dem Argument leiten, dass die Selbstmontage gerade dem durchschnittlich geschickten Käufer möglich sein muss.

Weil eine solche Anforderung überraschend sein kann, muss der Verkäufer also darauf im Verkaufsgespräch hinweisen.

Abschließend führt das Gericht noch aus:
„Auch wenn der Verkäufer selbst der Auffassung ist, dass die Montageanweisung in diesem Punkt falsch sei, muss er den Käufer auf einen solchen Hinweis des Herstellers aufmerksam machen.“
Urteil vom 13. Juni 2007 – VIII ZR 236/06

Landgericht Schwerin – Urteil vom 13. Oktober 2005 – 4 O 382/04 ./.

OLG Rostock – Urteil vom 31. Juli 2006 – 3 U 160/05

12
Jun
07

Der BGH verwirft erneut die fraud-on-the-market-theory

Hintergrund der Geschichte ist die Blase, die sich zum Ende des vergangenen Jahrhunderts am so genannten Neuen Markt entwickelte. Am 26.11.1999 wurde die ComRoad AG erstmals zum Handel am Neuen Markt zugelassen. Die Kursentwicklung liess einen schwindeln, der historische Höchstkurs wurde im September 2000 erreicht, nachdem die Aktie zunächst innerhalb weniger Wochen ihren Wert gegenüber dem Ausgabekurs verzehnfacht hatte und auch danach stetig nach oben kletterte.Der damalige Vorstandsvorsitzende der ComRoad AG trat in den Jahren 2000 und 2001 mit schöner Regelmäßigkeit an die Öffentlichkeit. Mit so genannten Ad-hoc-Mitteilungen wurde eine stetige Erweiterung des Geschäftsvolumens und eine Verbesserung der Geschäftsergebnisse vermeldet. Dies freute natürlich die Anleger.

Ad-hoc-Mitteilungen sind Meldungen die das Unternehmens herausgibt, um alle Aktionäre gleichmäßig und gleichzeitig zu unterrichten. Diese Meldungen dienen dem Anlegerschutz und so gibt es die Regelung im § 15 WpHG, wonach börsennnotierte Unternehmen verpflichtet sind, Unternehmensnachrichten, die den Aktienkurs potenziell erheblich beeinflussen können, unverzüglich zu veröffentlichen.

Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:

„§ 15 Mitteilung, Veröffentlichung und Übermittlung von Insiderinformationen an das Unternehmensregister

(1) 1Ein Inlandsemittent von Finanzinstrumenten muss Insiderinformationen, die ihn unmittelbar betreffen, unverzüglich veröffentlichen; er hat sie außerdem unverzüglich, jedoch nicht vor ihrer Veröffentlichung dem Unternehmensregister im Sinne des § 8b des Handelsgesetzbuchs zur Speicherung zu übermitteln. 2Als Inlandsemittent gilt im Sinne dieser Vorschrift auch ein solcher, für dessen Finanzinstrumente erst ein Antrag auf Zulassung gestellt ist. 3Eine Insiderinformation betrifft den Emittenten insbesondere dann unmittelbar, wenn sie sich auf Umstände bezieht, die in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten sind. 4Wer als Emittent oder als eine Person, die in dessen Auftrag oder auf dessen Rechnung handelt, im Rahmen seiner Befugnis einem anderen Insiderinformationen mitteilt oder zugänglich macht, hat diese gleichzeitig nach Satz 1 zu veröffentlichen und dem Unternehmensregister im Sinne des § 8b des Handelsgesetzbuchs zur Speicherung zu übermitteln, es sei denn, der andere ist rechtlich zur Vertraulichkeit verpflichtet. 5Erfolgt die Mitteilung oder Zugänglichmachung der Insiderinformation nach Satz 4 unwissentlich, so ist die Veröffentlichung und die Übermittlung unverzüglich nachzuholen. 6In einer Veröffentlichung genutzte Kennzahlen müssen im Geschäftsverkehr üblich sein und einen Vergleich mit den zuletzt genutzten Kennzahlen ermöglichen.

(2) 1Sonstige Angaben, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 offensichtlich nicht erfüllen, dürfen, auch in Verbindung mit veröffentlichungspflichtigen Informationen im Sinne des Absatzes 1, nicht veröffentlicht werden. 2Unwahre Informationen, die nach Absatz 1 veröffentlicht wurden, sind unverzüglich in einer Veröffentlichung nach Absatz 1 zu berichtigen, auch wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht vorliegen.

(3) 1Der Emittent ist von der Pflicht zur Veröffentlichung nach Absatz 1 Satz 1 solange befreit, wie es der Schutz seiner berechtigten Interessen erfordert, keine Irreführung der Öffentlichkeit zu befürchten ist und der Emittent die Vertraulichkeit der Insiderinformation gewährleisten kann. 2Die Veröffentlichung ist unverzüglich nachzuholen. 3Absatz 4 gilt entsprechend. 4Der Emittent hat die Gründe für die Befreiung zusammen mit der Mitteilung nach Absatz 4 Satz 1 der Bundesanstalt unter Angabe des Zeitpunktes der Entscheidung über den Aufschub der Veröffentlichung mitzuteilen.

(4) 1Der Emittent hat die nach Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 2 zu veröffentlichende Information vor der Veröffentlichung

1.
der Geschäftsführung der inländischen organisierten Märkte, an denen die Finanzinstrumente zum Handel zugelassen sind,
2.
der Geschäftsführung der inländischen organisierten Märkte, an denen Derivate gehandelt werden, die sich auf die Finanzinstrumente beziehen, und
3.
der Bundesanstalt

mitzuteilen. 2Absatz 1 Satz 6 sowie die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend. 3Die Geschäftsführung darf die ihr nach Satz 1 mitgeteilte Information vor der Veröffentlichung nur zum Zweck der Entscheidung verwenden, ob die Ermittlung des Börsenpreises auszusetzen oder einzustellen ist. 4Die Bundesanstalt kann gestatten, dass Emittenten mit Sitz im Ausland die Mitteilung nach Satz 1 gleichzeitig mit der Veröffentlichung vornehmen, wenn dadurch die Entscheidung der Geschäftsführung über die Aussetzung oder Einstellung der Ermittlung des Börsenpreises nicht beeinträchtigt wird.

(5) 1Eine Veröffentlichung von Insiderinformationen in anderer Weise als nach Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 darf nicht vor der Veröffentlichung nach Absatz 1 Satz 1, 4 oder 5 oder Absatz 2 Satz 2 vorgenommen werden. 2Der Inlandsemittent hat gleichzeitig mit den Veröffentlichungen nach Absatz 1 Satz 1, Satz 4 oder Satz 5 oder Absatz 2 Satz 2 diese der Geschäftsführung der in Absatz 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 erfassten organisierten Märkte und der Bundesanstalt mitzuteilen; diese Verpflichtung entfällt, soweit die Bundesanstalt nach Absatz 4 Satz 4 gestattet hat, bereits die Mitteilung nach Absatz 4 Satz 1 gleichzeitig mit der Veröffentlichung vorzunehmen.

(6) 1Verstößt der Emittent gegen die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4, so ist er einem anderen nur unter den Voraussetzungen der §§ 37b und 37c zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. 2Schadenersatzansprüche, die auf anderen Rechtsgrundlagen beruhen, bleiben unberührt.

(7) 1Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen über

1.
den Mindestinhalt, die Art, die Sprache, den Umfang und die Form der Veröffentlichung nach Absatz 1 Satz 1, 4 und 5 sowie Absatz 2 Satz 2,
2.
den Mindestinhalt, die Art, die Sprache, den Umfang und die Form einer Mitteilung nach Absatz 3 Satz 4, Absatz 4 und Absatz 5 Satz 2 und
3.
berechtigte Interessen des Emittenten und die Gewährleistung der Vertraulichkeit nach Absatz 3.

2Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht übertragen.“

Dies ging bis ins Frühjahr 2002. Da nämlich kam ans Tageslicht, dass diese wunderbaren Mitteilungen inhaltlich mit der Wahrheit wenig zu tun hatten und schlichtweg falsch waren. Der damalige Vorstandsvorsitzende hatte die Umsatzzahlen, die diesen Meldungen zugrunde gelegt worden waren, schlichtweg fingiert.

Dafür ist er zwischenzeitlich zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden.

Nachdem die Kursmanipulationen bekannt wurden, fiel der Kurs der Aktie ins Bodenlose, nämlich dauerhaft unter EUR 1,00.

Herr A und Herr B hatten ihre Aktien im Zeitraum von September 2000 bis Mai 2001 zu wesentlich teureren Konditionen erstanden, nämlich zu einem Preis zwischen EUR 15,00 und EUR 61,00 je Aktie.

Herr A und Herr B verklagten daraufhin die RoadCom AG.

Als Anspruchsgrundlage für ihr Begehren stützten sie sich auf die §§ 826 und 31 des BGB.

„§ 826 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.“

Der § 826 regelt also die Rechtsfolgen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung. Das dürfte unproblematisch sein, sollte man meinen. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende sitzt ja bereits wegen dieser Kursmanipulationen. Das war doch vorsätzlich und sittenwidrig zugleich. Sittenwidrig ist, seit der Definition des Reichsgerichts im 80 Band seiner Entscheidungen auf der Seite 221 in Anlehnung der Formel in den Motiven zum BGB (II S 125), was gegen das „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ verstößt.

Der § 31 BGB musste deswegen zusätzlich herhalten, weil die Herren A und B ja nicht den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden verklagen wollten sondern die – vermutlich noch solventere – AG.

„§ 31 Haftung des Vereins für Organe

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.“

Nun ist eine Aktiengesellschaft ja kein Verein. Es ist aber anerkannt, dass diese Vorschrift für alle juristischen Personen Anwendung findet.

Die AG wollte sich noch auf die § 57 und § 71 des AktG zurückziehen,. Diese beiden Vorschriften regeln das Verbot der Einlagenrückgewähr und die Beschränkung des Erwerbs eigener Aktien:

„§ 57 Keine Rückgewähr, keine Verzinsung der Einlagen

(1) 1Den Aktionären dürfen die Einlagen nicht zurückgewährt werden. 2Als Rückgewähr von Einlagen gilt nicht die Zahlung des Erwerbspreises beim zulässigen Erwerb eigener Aktien.

(2) Den Aktionären dürfen Zinsen weder zugesagt noch ausgezahlt werden.

(3) Vor Auflösung der Gesellschaft darf unter die Aktionäre nur der Bilanzgewinn verteilt werden.“

Und der § 71 AktG sagt nun folgendes:
„ § 71 Erwerb eigener Aktien

(1) Die Gesellschaft darf eigene Aktien nur erwerben,

1.
wenn der Erwerb notwendig ist, um einen schweren, unmittelbar bevorstehenden Schaden von der Gesellschaft abzuwenden,
2.
wenn die Aktien Personen, die im Arbeitsverhältnis zu der Gesellschaft oder einem mit ihr verbundenen Unternehmen stehen oder standen, zum Erwerb angeboten werden sollen,
3.
wenn der Erwerb geschieht, um Aktionäre nach § 305 Abs. 2, § 320b oder nach § 29 Abs. 1, § 125 Satz 1 in Verbindung mit § 29 Abs. 1, § 207 Abs. 1 Satz 1 des Umwandlungsgesetzes abzufinden,
4.
wenn der Erwerb unentgeltlich geschieht oder ein Kreditinstitut mit dem Erwerb eine Einkaufskommission ausführt,
5.
durch Gesamtrechtsnachfolge,
6.
auf Grund eines Beschlusses der Hauptversammlung zur Einziehung nach den Vorschriften über die Herabsetzung des Grundkapitals,
7.
wenn sie ein Kreditinstitut, Finanzdienstleistungsinstitut oder Finanzunternehmen ist, aufgrund eines Beschlusses der Hauptversammlung zum Zwecke des Wertpapierhandels. 2Der Beschluß muß bestimmen, daß der Handelsbestand der zu diesem Zweck zu erwerbenden Aktien fünf vom Hundert des Grundkapitals am Ende jeden Tages nicht übersteigen darf; er muß den niedrigsten und höchsten Gegenwert festlegen. 3Die Ermächtigung darf höchstens 18 Monate gelten; oder
8.
aufgrund einer höchstens 18 Monate geltenden Ermächtigung der Hauptversammlung, die den niedrigsten und höchsten Gegenwert sowie den Anteil am Grundkapital, der zehn vom Hundert nicht übersteigen darf, festlegt. 2Als Zweck ist der Handel in eigenen Aktien ausgeschlossen. 3§ 53a ist auf Erwerb und Veräußerung anzuwenden. 4Erwerb und Veräußerung über die Börse genügen dem. 5Eine andere Veräußerung kann die Hauptversammlung beschließen; § 186 Abs. 3, 4 und § 193 Abs. 2 Nr. 4 sind in diesem Fall entsprechend anzuwenden. 6Die Hauptversammlung kann den Vorstand ermächtigen, die eigenen Aktien ohne weiteren Hauptversammlungsbeschluß einzuziehen.

(2) 1Auf die zu den Zwecken nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3, 7 und 8 erworbenen Aktien dürfen zusammen mit anderen Aktien der Gesellschaft, welche die Gesellschaft bereits erworben hat und noch besitzt, nicht mehr als zehn vom Hundert des Grundkapitals entfallen. 2Dieser Erwerb ist ferner nur zulässig, wenn die Gesellschaft die nach § 272 Abs. 4 des Handelsgesetzbuchs vorgeschriebene Rücklage für eigene Aktien bilden kann, ohne das Grundkapital oder eine nach Gesetz oder Satzung zu bildende Rücklage zu mindern, die nicht zu Zahlungen an die Aktionäre verwandt werden darf. 3In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2, 4, 7 und 8 ist der Erwerb nur zulässig, wenn auf die Aktien der Ausgabebetrag voll geleistet ist.

(3) 1In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 8 hat der Vorstand die nächste Hauptversammlung über die Gründe und den Zweck des Erwerbs, über die Zahl der erworbenen Aktien und den auf sie entfallenden Betrag des Grundkapitals, über deren Anteil am Grundkapital sowie über den Gegenwert der Aktien zu unterrichten. 2Im Falle des Absatzes 1 Nr. 2 sind die Aktien innerhalb eines Jahres nach ihrem Erwerb an die Arbeitnehmer auszugeben. 3Im Falle des Absatzes 1 Nr. 8 hat die Gesellschaft die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich von der Ermächtigung zu unterrichten.

(4) 1Ein Verstoß gegen die Absätze 1 oder 2 macht den Erwerb eigener Aktien nicht unwirksam. 2Ein schuldrechtliches Geschäft über den Erwerb eigener Aktien ist jedoch nichtig, soweit der Erwerb gegen die Absätze 1 oder 2 verstößt.“

Hier hat der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, dass in dem Falle, wenn – wie hier – die AG wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung durch deren Vorstandsvorsitzenden in Anspruch genommen wird, der AG die Berufung auf diese Vorschriften verwehrt ist.

Das Landgericht hat beide Klagen abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat nach jeweiliger Parteivernehmung der Kläger deren Schadensersatzbegehren im wesentlichen stattgegeben und die Revisionen zugelassen.

Nun gibt es im amerikanischen Kapitalmarktrecht etwas, was dem deutschen Recht fremd ist, nämlich die so genannte: „fraud-on-the-market-theory“. Diese knüpft lediglich an das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung an. Weitere Voraussetzungen werden hier nicht verlangt.

Im Gegensatz dazu hält das deutsche Deliktsrecht immer den Nachweis eines konkreten Kausalzusammenhangs zwischen Handlung und Schädigung für unabdingbar.

Die Leitentscheidung zu diesem Themenkomplex ist die Infomatec-Entscheidung des BGH in der Grundsatzentscheidung des Senats vom 19. Juli 2004 (BGHZ 160, 134, 144 ff. – Infomatec)

Dies hat im Bezug auf das Kapitalmarktrecht schon 2005 Prof. Hopt vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht kritisiert, wenn er in einer Studie zu dem nachstehend zitierten Ergebnis kommt:

„Zwar hat der BGH mit den „Infomatec“-Urteilen vom Juli 2004 im Grundsatz Schadensersatzansprüche gegen Vorstände börsennotierter Aktiengesellschaften nach § 826 BGB anerkannt und diese Rechtsprechung jüngst durch das EM.TV-Urteil (II ZR 287/02) fortentwickelt. Aber auch die durch diese Urteile geschaffene Rechtslage bleibt deutlich hinter dem Standard entwickelter Kapitalmarktrechte zurück. Während in Deutschland der Anleger die Kausalität zwischen Falschinformation und seiner Anlageentscheidung darlegen muss, lässt es etwa die amerikanische „Fraud-on-the-Market“-Theorie genügen, dass durch die fehlerhafte Information der Börsenkurs der Aktie beeinflusst wurde. Auf die persönliche Kenntnis des einzelnen Anlegers kommt es dort nicht an.“

Im Urteil vom 28.11.2005 hatte der BGH hierzu folgendes angemerkt:

„………der konkreten (haftungsbegründenden) Kausalität – in Anlehnung an die sog. Fraud-on-the market-theory des US-amerikanischen Kapitalmarktrechts – an das enttäuschte Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung anzuknüpfen. Diesem Denkansatz, der zu einer uferlosen Ausweitung des ohnehin offenen Haftungstatbestandes der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung auf diesem Gebiet führen würde, ist der Senat in seiner bisherigen kapitalmarktrechtlichen Rechtsprechung zu den fehlerhaften Adhoc-Mitteilungen in Bezug auf die haftungsbegründende Kausalität (vgl. BGHZ 160, 134 – Infomatec; Urt. v. 9. Mai 2005 – II ZR 287/02, ZIP 2005, 1270 – EMTV) nicht gefolgt; hieran hält er fest.

Das Erfordernis eines Nachweises des Anlegers, dass die unrichtige Adhoc-Mitteilung ursächlich für seinen Kaufentschluss war, hängt nicht etwa von der gewählten Schadensart ab, sondern gilt für die im Rahmen des § 826 BGB als Rechtsfolge in Betracht kommende Form des Schadensersatzes gemäß § 249 BGB – Naturalrestitution und Differenzschaden – in gleicher Weise.“

Im jetzt entschiedenen Falle hat der Senat wiederum die die Kausalitätserwägungen des angefochtenen Urteils beanstandet.

Das OLG neigte ebenfalls der fraud-on-the-market-theory zu, und erachtete deshalb den Nachweis des konkreten Kausalzusammenhangs für entbehrlich.

Der BGH hat nochmals klar herausgestellt, dass im Rahmen der Informationsdeliktshaftung gemäß § 826 BGB der Nachweis des konkreten Kausalzusammenhangs zwischen einer fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung und der individuellen Anlageentscheidung auch dann geführt werden muss, wenn die Kapitalmarktinformation vielfältig und extrem unseriös gewesen ist.

Dieser Nachweis wird aber in der Praxis für die getäuschten Anleger kaum zu führen sein.

Wegen verfahrensfehlerhaften Übergehens weitergehenden Parteivortrags der Kläger sind die Berufungsurteile aufgehoben und die Sachen an das OLG zur erneuten Verhandlung und ggf. Beweisaufnahme zurückverwiesen worden.

Urteile vom 4. Juni 2007 – II ZR 147/05 und II ZR 173/05

LG München I – 5 HKO 14438/04 . / . OLG München – 7 U 5303/04

LG München I – 5 HKO 16393/04 . / . OLG München – 7 U 5667/04




Rechtsanwalt und Mediator Roland Hoheisel-Gruler

Kanzlei bei der Hedinger Kirche Josefinenstraße 11/1 72488 Sigmaringen Tel.: 07571/52227 FAX: 07571/50285 Zweigstelle Biere August-Bebel-Straße 26a 39221 Biere Tel.: 039297/23370 Fax.: 039297/23371
XING

a

Juni 2007
M D M D F S S
 123
45678910
11121314151617
18192021222324
252627282930