Archive for the 'Künstlersozialversicherung' Category

20
Jun
08

Profisportler sind eigentlich keine Künstler

Auf diesen Nenner kann man eine Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 24. Januar 2008 bringen.Es ging wieder einmal um die Frage, ob und wann eine Künstlersozialabgabe zu bezahlen ist. Im Fokus dieses Verfahrens standen zwei Brüder, die als Profiboxer berühmt geworden sind: Vitali und Wladimir Klitschko. Daneben sind sie dem breiten Publikum als Hauptdarsteller in verschiedenen Werbespots für Papiertaschentücher oder Kindersnacks bekannt geworden.

Und hier lag nun das Problem des Verfahrens. Waren die Klitschko-Brüder hier als Künstler tätig geworden oder nicht.

Für den Fall nämlich, dass es sich bei der Mitwirkung bei den Spots um eine selbstständige Tätigkeit im Bereich der darstellenden Kunst gehandelt haben sollte, wäre auf die gezahlten Honorare die Künstlersozialabgabe fällig geworden.

Maßstab ist der § 2 Satz 1 des KSVG:

„Künstler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt.“

Der Personenkreis, der zur Künstlersozialabgabe verpflichtet ist, ist im § 24 definiert:

㤠24
(1) 1Zur Künstlersozialabgabe ist ein Unternehmer verpflichtet, der eines der folgenden Unternehmen betreibt:
1.Buch-, Presse- und sonstige Verlage, Presseagenturen (einschließlich Bilderdienste),
2.Theater (ausgenommen Filmtheater), Orchester, Chöre und vergleichbare Unternehmen; Voraussetzung ist, daß ihr Zweck überwiegend darauf gerichtet ist, künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen öffentlich aufzuführen oder darzubieten; Absatz 2 bleibt unberührt,
3.Theater-, Konzert- und Gastspieldirektionen sowie sonstige Unternehmen, deren wesentlicher Zweck darauf gerichtet ist, für die Aufführung oder Darbietung künstlerischer oder publizistischer Werke oder Leistungen zu sorgen; Absatz 2 bleibt unberührt,
4.Rundfunk, Fernsehen,
5.Herstellung von bespielten Bild- und Tonträgern (ausschließlich alleiniger Vervielfältigung),
6.Galerien, Kunsthandel,
7.Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte,
8.Variete- und Zirkusunternehmen, Museen,
9.Aus- und Fortbildungseinrichtungen für künstlerische oder publizistische Tätigkeiten.
2Zur Künstlersozialabgabe sind auch Unternehmer verpflichtet, die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen.
(2) 1Zur Künstlersozialabgabe sind ferner Unternehmer verpflichtet, die nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens zu nutzen, wenn im Zusammenhang mit dieser Nutzung Einnahmen erzielt werden sollen. 2Werden in einem Kalenderjahr nicht mehr als drei Veranstaltungen durchgeführt, in denen künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen aufgeführt oder dargeboten werden, liegt eine nur gelegentliche Erteilung von Aufträgen im Sinne des Satzes 1 vor. 3Satz 1 gilt nicht für Musikvereine, soweit für sie Chorleiter oder Dirigenten regelmäßig tätig sind.“

Die Bemessungsgrundlage für die Künstlersozialabgabe ist im § 25 geregelt. Dort heisst es:

㤠25
(1) 1Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe sind die Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 Abs. 1 oder 2 zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe eines Kalenderjahres an selbständige Künstler oder Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach diesem Gesetz nicht versicherungspflichtig sind. 2Bemessungsgrundlage sind auch die Entgelte, die ein nicht abgabepflichtiger Dritter für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen zahlt, die für einen zur Abgabe Verpflichteten erbracht werden.
(2) 1Entgelt im Sinne des Absatzes 1 ist alles, was der zur Abgabe Verpflichtete aufwendet, um das Werk oder die Leistung zu erhalten oder zu nutzen, abzüglich der in einer Rechnung oder Gutschrift gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer. 2Ausgenommen hiervon sind
1.die Entgelte, die für urheberrechtliche Nutzungsrechte, sonstige Rechte des Urhebers oder Leistungsschutzrechte an Verwertungsgesellschaften gezahlt werden,
2.steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nr. 26 des Einkommensteuergesetzes genannten steuerfreien Einnahmen.
3Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, zur Vereinfachung des Abgabeverfahrens durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß Nebenleistungen, die der zur Abgabe Verpflichtete im Zusammenhang mit dem Erwerb oder der Nutzung des Werkes oder der Leistung erbringt, ganz oder teilweise nicht dem Entgelt im Sinne des Satzes 1 zuzurechnen sind.
(3) 1Entgelt im Sinne des Absatzes 1 ist auch der Preis, der dem Künstler oder Publizisten aus der Veräußerung seines Werkes im Wege eines Kommissionsgeschäfts für seine eigene Leistung zusteht. 2Satz 1 gilt entsprechend, wenn ein nach § 24 Abs. 1 zur Abgabe Verpflichteter
1.den Vertrag im Namen des Künstlers oder Publizisten mit einem Dritten oder im Namen eines Dritten mit dem Künstler oder Publizisten abgeschlossen hat oder
2.den Künstler oder Publizisten an einen Dritten vermittelt und für diesen dabei Leistungen erbringt, die über einen Gelegenheitsnachweis hinausgehen,
es sei denn, der Dritte ist selbst zur Abgabe verpflichtet.
(4) 1Erwirbt ein nach § 24 Abs. 1 oder 2 zur Abgabe Verpflichteter von einer Person, die ihren Wohnsitz oder Sitz nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat, ein künstlerisches oder publizistisches Werk eines selbständigen Künstlers oder Publizisten, der zur Zeit der Herstellung des Werkes seinen Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hatte, gilt als Entgelt im Sinne des Absatzes 1 auch das Entgelt, das der Künstler oder Publizist aus der Veräußerung seines Werkes von dieser Person erhalten hat. 2Satz 1 gilt nicht, wenn der zur Abgabe Verpflichtete nachweist, daß von dem Entgelt Künstlersozialabgabe gezahlt worden ist oder die Veräußerung des Werkes mehr als zwei Jahre zurückliegt. 3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn eine künstlerische oder publizistische Leistung erbracht wird.“
Die Künstlersozialkasse wiederum hielt die Mitwirkung der Gebrüder Klitschko für eine solche künstlerische Leistung, die entsprechend abgabenpflichtig ist.

Als wesentliche Gründe hierfür sah die Künstlersozialkasse die Art und Weise, wie die Werbespots zustande kamen, an. Hier handelte es sich um Kurzfilme, die eine kleine Geschichte erzählten und aus nach einem Drehbuch gestalteten Szenen bestanden.

Deswegen verpflichtete sie die Gesellschaft, die die Persönlichkeitsrechte der Gebrüder Klitschko vermarktete, die auf die bezahlten Honorare die entsprechende Künstlersozialabgabe zu bezahlen. Denn diese Vermarktungsgesellschaft hatte ihrerseits von den Produzenten der Spots ein Entgelt bezogen. Nach Abzug der Provisionen zahlte diese den Gebrüdern Klitschko ein vereinbartes Honorar.

Diese Gesellschaft wiederum war anderer Auffassung als die Künstlersozialkasse – und klagte gegen diese Verpflichtung.

Das Bundessozialgericht hat hierzu nun ausgeführt, dass es sich bei der Mitwirkung in Werbespots um keine künstlerische Tätigkeit handele. Wesentliches Argument war, dass die Profisportler nicht wegen ihrer darstellerischen Fähigkeiten, sondern wegen ihrer Bekanntheit in weiten Teilen der Bevölkerung und ihrer Vorbildfunkion bei der Zielgruppe der Werbung als Werbeträger engagiert werden.

Weiterhin gehöre es zwischenzeitlich zum Berufsbild des Porofisportlers, ausserhalb der Sportstätten als Werbeträger in Erscheinung zu treten und so die Persönlichkeitsrechte zu vermarkten.

Das Gericht hat aber die Frage ausdrücklich offen gelassen, ob es die Mitwirkung in Filmen ausserhalb von Werbespots, sei es Kinofilm oder Fernsehproduktion, nicht doch unter eine künsterische Darbietung im Sinne des KSVG sehen wolle.

Profisportler werden eben nur durch die Mitwirkung in Werbespots noch nicht zu Künstlern.

13
Nov
07

Dieter Bohlen ist ein Künstler

Da ist sie wieder, die leidige Diskussion, was Kunst ist. Um es mit Paul Klee zu sagen, gibt Kunst nicht sichtbares wieder sondern macht sichtbar. In diesem Zusammenhang sei auch an Joseph Beuys und seinen erweiterten Kunstbegriff, insbesondere im Hinblick auf die „soziale Plastik“ hingewiesen.

Da passt es, dass sich die verwunderte Öffentlichkeit jetzt die Augen reibt, dass das Sozialgericht in Köln Dieter Bohlen die Eigenschaft des Künstlers zugesprochen hat.

Bei genauerem Hinsehen wird  es aber klarer: Da musste das Sozialgericht entscheiden, geklagt hatte der Sender RTL – und zwar gegen einen Beitragsbescheid der Künstlersozialkasse – wegen DSDS. Gegenstand der Betrachtung war nicht nur Dieter Bohlen, vielmehr standen die gesamten Leistungen des Jury-Teams zur Diskussion, nämlich Musikproduzent Thomas Stein, Radiomoderator Thomas Bug und Musikjournalistin Shona Fraser.
Die Künstlersozialkasse ist die Sozialversicherung der freiberuflichen Künstler. Was unter diesen Begriff zu subsumieren ist, sagt das Gesetz im § 2: Demzufolge ist Künstler, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt.

Nun ist es so, dass schon vor Schaffung dieses Gesetzes eine Möglichkeit gesucht wurde, dass nicht nur die Künstler und Publizisten beitragspflichtig sind, sondern auch die Verwerter dieser Leistungen.

Deswegen  gibt es auch den § 24 KSVG, der die Abgabepflicht regelt.In die Berechnung werden sodann die dem Künstler oder Publizisten erstattete Leistungen mit einbezogen.

Maßgeblich für die Einschätzung, ob eine künstlerische Betätigung vorliegt, ist daher die Frage, ob „eigenschöpferische, höchstpersönliche Leistungen“ vorliegen.

Dies hat das Sozialgericht Köln bejaht und weiter ausgeführt:

„Sie reagieren mit ihren Kommentaren vergleichsweise spontan auf die Darbietungen der Künstler, auch treten sie in einen Dialog mit den Interpreten und dem Publikum“.

Gerade diese eigenschöpferischen und höchstpersönlichen Leistungen waren aber laut dem Vertrag, den der Sender mit den Jury-Mitgliedern abgeschlossen hatte, geschuldet gewesen.

Wer immer noch verwundert ist und einen anderen Kunstbegriff sein Eigen nennt, der sei mit der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vertröstet, wonach es auf das Niveau nicht ankommt. Die Gestaltungshöhe der geschaffenen Werke ist für die Versicherung in der Künstlersozialkasse unerheblich. Es kommt nur auf die eigenschöpferische Leistung an.

Das Urteil ist noch icht rechtskräftig.

13
Mär
07

Das Bundessozialgericht und die Kunst: dieses Mal geht es um Tätowierungen

Dass das Bundessozialgericht sich des Öfteren mit der Frage auseinanderzusetzen hat, was Kunst ist, wurde bereits im Beitrag zum Tango Argentino ausführlich besprochen.

Der Hintergrund ist der, dass die Künstlersozialkasse ein lukrative Möglichkeit der sozialen Absicherung bietet. Es ist aber nicht jedem gegeben, hier auch versichert werden zu können. Hierzu muss man Künstler sein. Wer nun Künstler ist, definiert das Gesetz im § 2 des KSVG:

„Künstler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt.“

Folglich muss der Antragsteller Kunst oder Musik schaffen, ausüben oder lehren. Und da beginnen eben die Schwierigkeiten. Wann schafft ein Mensch Kunst, damit er als Künstler gelten kann.

Das Bundessozialgericht zieht hierzu verschiedene Kriterien heran und setzt sie dann in den Kontext des konkreten Falles.

Im jüngst entschiedenen Falle nun hatte der Kläger, nennen wir ihn Herrn T, die Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz deswegen begehrt, weil er als selbstständiger Tätowierer tätig war.

Nachdem er zunächst den Beruf eines grafischen Zeichners erlernt hatte, arbeitete er bei verschiedenen Werbeagenturen. Ab 1994 begann er zunächst nebenberuflich zu tätowieren. Nach gut 6 Jahren, im April 2001 konnte er diese Tätigkeit zu seinem Hauptberuf machen. Deswegen stellte er auch schon im März 2001 den Antrag auf Feststellung der Versicherungspflicht.

Die Künstlersozialkasse lehnte ab – ein Tätowierer erbringe keine künstlerischen Leistungen oder Werke – der Fall ging durch die Instanzen.

Herr A musste also dartun, wie er bildende Kunst schaffe. Er argumentierte dahingehend, dass er unter Berücksichtigung der individuellen Persönlichkeit des Kunden sich die bildnerische und farbliche Gestaltung dessen Körper überlege und darauf basierend dem Kunden dann Vorschläge unterbreite. Die Motive entwickle und entwerfe er dann völlig frei.

Damit hebt er sich von zahlreichen anderen Tätowierern ab, die nach vorgegebenen Mustern und Schablonen arbeiten.

Das Bundessozialgericht vermochte indes auch hierin keine künstlerische Tätigkeit sehen:

Zwar vermochte das Gericht durchaus die kreative Komponente erkennen. In der Gesamtschau überwog aber die Einordnung des Tätowierens in eine handwerkliche Tätigkeit. Der Schwerpunkt
liege hier auf dem Einsatz manuell-technischer Fertigkeiten, eben Handwerk im weiteren Sinne. Die kreative Komponente tritt in diesem Falle demgegenüber zurück.

Die Folge hiervon war, dass die Revision des Herrn A zurückgewiesen wurde.

Damit ist aber noch nicht endgültig gesagt, dass das Tätowieren keine Kunst sein kann. Das Gericht hat hierzu ausgeführt:

„in Tätowierer wird erst dann zum „bildenden Künstler“ im Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes, wenn er mit seinen Arbeiten in Fachkreisen der Kunst Anerkennung erlangt hat.“ Nicht nur, dass es hier in diesem Falle daran fehlte, bedeutet es auch, dass dem Künstler bis zu seiner Anerkennung in Fachkreisen der Schutz der Künstlersozialkasse versagt wird. Dies zu verallgemeinern, erscheint aber durchaus problematisch. Man denke hier nur an einen Musiker, der seine eigenen Werke aufführt, einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt, aber in Fachkreisen abschätzig beurteilt oder gar völlig ignoriert wird. Eine hohe Wertschätzung bei Berufskollegen und Kunden reichte dem Gericht nämlich nicht aus.

Urteil vom 28. Februar 2007 ‑ B 3 KS 2/07 R

05
Jan
07

Das Bundessozialgericht und der Tango – ein Tanz um die Frage : Was ist Kunst ?

Die Debatten über die Frage, was Kunst sei, füllen Bände. Paul Klee definierte: „Kunst gibt nicht sichtbares wieder, Kunst macht sichtbar.“ Und die Erkenntnis, dass die abendländische Kultur eine permanente Rückzugsbewegung vom zum darstellenden Objekt zum darstellenden Subjekt sei, hilft uns auch nur bedingt.

Das Bundessozialgericht musste aber auf diese knifflige Frage eine Antwort finden, ging es doch in dem zu entscheidenden Falle darum, ob Frau A Anspruch darauf hatte, in der Künstlersozialkasse versichert zu werden.

Die Anspruchsgrundlage findet sich im Künstlersozialversicherungsgesetz, dort im § 2, Satz 1: „Künstler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt.“

Wenn Frau A nun Künstlerin im Sinne dieser Vorschrift war, so war die Versicherungspflicht festzustellen.

Frau A betreibt seit nunmehr 6 Jahren eine Tanzschule. Aber nicht irgendeine, sondern eine Tanzschule für Tango Argentino. Das darf man wieder nicht mit dem herkömmlichen Tango verwechseln. Heute gibt es die verschiedensten Ausprägungen. Für die ursprünglichen lateinamerikanischen Formen der Musik und des Tanzes hat sich in Europa der Begriff Tango Argentino eingebürgert. Die hauptsächlich europäischen Versionen nennt man dagegen nur Tango, englischen Tango oder auch Euro-Tango. In Argentinien selbst kennt man diese Unterscheidungen nicht.

Das Gericht musste nun das tun, was wir Juristen subsummieren nennen, also den Sachverhalt unter die Anspruchsnorm setzen, abgrenzen, definieren und hieraus ein Ergebnis ableiten. War das, was Frau A machte, das Schaffen, Ausüben oder Lehren von darstellender Kunst ?

Die Künstlersozialkasse hatte sich dagegen gewehrt, weil die Lehrtätigkeit nicht als Lehre von „darstellender Kunst“ im Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes einzustufen sei. Im konkreten Falle handele es sich um eine jedermann zugänglichen, nicht speziell der Ausbildung professioneller Tänzer dienenden Tanzschule.

George Bernhard Shaw meinte: „Der Tango ist der vertikale Ausdruck eines horizontalen Verlangens.“ und von Enrique Santos Discépolo, einem argentinischen Tango-Komponisten stammt das Zitat: „Der Tango ist ein trauriger Gedanke, den man tanzen kann.“

Hieraus ist erkennbar, dass der Tango durchaus zur darstellenden Kunst gezählt werden kann. Das Gericht hat hierzu ausgeführt, dass der Argentinische Tango dann hierzu gehört, wenn er in einem künstlerischen Rahmen ausgeübt wird, es also in einer Tanzschule um die Ausbildung für den Bühnentanz, Showtanz oder Balletttanz geht.

In den ersten beiden Instanzen hatte Frau A Erfolg. Das Landessozialgericht sah die Tätigkeit der Frau A durchaus als Lehre von Kunst an. Es hatte hierzu das Kriterium herangezogen, dass der Argentinische Tango anders als der konventionelle Gesellschaftstanz nicht von der Einhaltung bestimmter Schrittfolgen geprägt sei, sondern von der Improvisation des Tanzpaares zur Musik, in der emotionale, kulturelle und soziale Gehalte zum Ausdruck gebracht würden.

Das Bundessozialgericht hat die Entscheidungen der Vorinstanzen jedoch aufgehoben und die Klage der Frau A abgewiesen.
Frau A lehrt schwerpunktmäßig den Tango nach Auffassung des Gerichtes in einem nicht-künstlerischen Bereich. Die Tätigkeit ist vielmehr im Bereich des Sports angesiedelt. Man denke hier nur an die Tanzturniere und Wettkämpfe. Der Tango Argentino unterscheidet sich daher nach Auffassung des Gerichtes nicht grundsätzlich von anderen Tanzdisziplinen. Es kommt hier nicht auf den Umfang der Kreativität oder des Gestaltungsspielraumes an.

Fazit: Tango kann Kunst sein, muss es aber nicht, womit wir wieder bei unserer Ausgangsfrage angekommen wären.

Urteil vom 7. Dezember 2006 – B 3 KR 11/06 R




Rechtsanwalt und Mediator Roland Hoheisel-Gruler

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