Archive for the 'Familienrecht' Category

18
Dez
07

Bundesgerichtshof: Keine Obliegenheit des Unterhaltsschuldners zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz zwecks Sicherung des Ehegattenunterhalts

Der XII. Senat hat sich jetzt in einem Urteil vom 30.11.2007 der Frage zu stellen gehabt, ob ein Unterhaltsschuldner dazu verpflichet ist, ein Verbraucherinsolvenzverfahren in die Wege zu leiten. Dadurch wäre es möglich, den laufenden Unterhaltsansprüchen einen Vorrang vor den sonstigen Verbindlichkeiten einzuräumen.Für den Kindesunterhalt hatte der BGH diese Frage schon bejaht. Die Entscheidung vom 23. Februar 2005 findet sich im 162 Band der Entscheidungssammlung des BGH ab Seite 234. (BGHZ 162, 234).

Damals vertrat das Gericht die Auffassung, dass eine Verpflichtung zur Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens dann besteht, wenn durch dieses Verfahren den laufenden Unterhaltsansprüchen der Kinder ein Vorrang eineräumt werden kann. Diese Obliegenheit besteht demnach grundsätzlich, wenn so der Kindesunterhalt gesichert werden kann. Der BGH hatte damals zur Begründung ausgeführt, dass sich diese Verpflichtung aus dem § 1603 Abs. 2 BGB herleiten lasse:

„§ 1603 Leistungsfähigkeit

(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) 1Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. 2Den minderjährigen unverheirateten Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. 3Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.“

Dies wird auch „gesteigerte Unterhaltspflicht gegenüber Kindern“ genannt.

Ganz anders sieht die Sache aber aus, wenn nicht dem Kindesunterhalt sondern dem Trennungsunterhalt oder dem nachehelichen Unterhalt ein Vorrang eingeräumt werden soll.

Ob nun auch in dieser Fallkonstellation eine solche Obliegenheit zur Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens besteht, war in Literatur und Rechtsprechung umstritten.

Der BGH hat mit der jetzigen Entscheidung eine solche Obliegenheit verneint. Damit kann der Unterhaltsgläubiger nicht verlangen, dass der Unterhaltsschuldner ein Verbraucherinsolvenzverfahren einleitet, damit Geldmittel zur Bedienung seiner Unterhaltsansprüche frei werden.

Begründet hat dies das Gericht mit verfassungsrechtlichen Erwägungen. Eine Obliegenheit zur Einleitung eines solchen Verfahrens berührt nämlich die allgemeine Handlungsfreiheit. Es war nun also die Frage, ob dieser allgemeinen Handlungsfreiheit, die aus Art. 2 Grundgesetz abzuleiten ist, das Verhältnis der getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten, das seinen Schutz aus Art. 6 GG genießt, der Vorrang eingeräumt werden kann – oder eben nicht.

Den Vorrang der persönlichen Handlungsfreiheit hat das Gericht auch aus der Tatsache abgeleitet, dass der Ehegattenunterhalt ein wesentlich geringeres Gewicht hat wie der Kindesunterhalt.

Aufgrund der Tatsache, dass der § 1569 BGB schon in der alten Fassung die Eigenverantwortlichkeit nach der Scheidung als Grundsatz postulierte und deswegen auch keine gesteigerte Unterhaltspflicht besteht, kann keine gesteigerte Unterhaltspflicht erkannt werden.

Hinzu kommt, dass die minderjährigen Kinder schon deswegen besonders schutzbedürftig sind, weil sie nicht in der Lage sind, selbst für ihren Unterhalt zu sorgen.

Das Gericht hat auch die bereits beschlossenen Änderungen im Unterhaltsrecht, die noch nicht in Kraft sind in seine Überlegungen mit aufgenommen, indem es ausführt:

„Auch im Rang wird der Ehegattenunterhalt den Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder nach der vom Gesetzgeber beschlossenen und zum 1. Januar 2008 in Kraft tretenden Unterhaltsrechtsreform (§ 1609 BGB) nachgehen.“

Schließlich rundet eine Billigkeitserwägung die Argumentation des Gerichtes ab. Wenn nämlich die Tilgung von Verbindlichkeiten die Leistungsfähigkeit schmälert, so ist beim Ehegattenunterhalt zu berücksichtigen, dass es sich bei diesen regelmäßig um solche handelt, die schon während der ehelichen Lebensgemeinschaft eingegangen wurden. Deswegen hatten sie auch schon die ehelichen Lebensverhältnisse der Ehegatten geprägt.

Urteil vom 12. Dezember 2007 XII ZR 23/06

AG Kassel – 540 F 91/03 – Entscheidung vom 7.4.2005

OLG Frankfurt a. M. in Kassel – 2 UF 166/05 -Entscheidung vom 30.11.2005

17
Nov
07

BGH: Elterliche Sorge im Spannungsfeld von Religionsfreiheit und Schulpflicht

Der XII. Zivilsenat des BGH, der unter anderem auch für das Familienrecvht zuständig ist, hatte jetzt zwei Fälle zu entscheiden, bei denen die Ausübung der elterlichen Sorge in einen Interessenskonflikt zwischen Religionsausübung und Schulpflicht geriet.Die elterliche Sorge ist ein Pflichtenrecht, die Grundsätze sind geregelt im § 1626 BGB:

„§ 1626 Elterliche Sorge, Grundsätze

(1) 1Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). 2Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).

(2) 1Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln. 2Sie besprechen mit dem Kind, soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an.

(3) 1Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. 2Gleiches gilt für den Umgang mit anderen Personen, zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn ihre Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.“

Das Familiengericht hat eine Eingriffsbefugnis für den Fall, dass dieses Sorgerecht fahrlässig oder vorsätzlich missbräuchlich ausgeübt wird, dies ergibt sich aus dem § 1666 BGB:

„§ 1666 Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls

(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen durch missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, durch Vernachlässigung des Kindes, durch unverschuldetes Versagen der Eltern oder durch das Verhalten eines Dritten gefährdet, so hat das Familiengericht, wenn die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden, die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

(3) Das Gericht kann Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge ersetzen.

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.“

Damit ist der Rahmen für die beiden Beschlüsse des BGH vom 11.09.2007 abgesteckt:

Es ging nämlich um Eltern, die ihre Kinder der allgemeinen Schulpflicht entzogen. Das besodnere hieran war, dass die Eltern hierfür Glaubensgründe anführten.

Den Beschlüssen lag im Wesentlichen der folgende Sachverhalt zugrunde:

De Eltern – Familie A – sind Mitglieder einer christlichen Glaubensgemeinschaft. Gemeinsam mit anderen Glaubensgenossinnen und Genossen kamen sie als Spätaussiedler nach Deutschland.

Sie waren der Meinung, dass die Erziehung und Bildung in der öffentlichen Grundschule mit ihren Glaubensüberzeugungen nicht vereinbar seien. Aus diesem Grunde teilte Familie A der Schule mit, dass zwei ihrer Kinder in Zukunft zuhause unterrichtet würden. Weder Gespräche mit Schulleitung, Bezirksregierung und Integrationsbeauftragtem noch die Verhängung eines Bußgeldes führten dazu, dass die Eltern ihre Kinder zum Schulunterricht brachten; ein Zwangsgeldverfahren wurde nicht erfolgreich abgeschlossen.

Daraufhin entzog das Familiengericht den Eltern die im Wege der einstweiligen Anordnung die elterliche Sorge in Schulangelegenheiten sowie das Aufenthaltsbestimmungsrecht für diese Kinder.

In der Sache hat der Bundesgerichtshof die – auf Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts gestützte – Auffassung der Vorinstanzen bestätigt, dass der Besuch der staatlichen Grundschule dem legitimen Ziel der Durchsetzung des staatlichen Erziehungsauftrags diene. Hierzu stütze das Gericht sich auf folgende Argumentationskette:

„Die Allgemeinheit habe ein berechtigtes Interesse daran, der Entstehung von religiös oder weltanschaulich geprägten „Parallelgesellschaften“ entgegenzuwirken und Minderheiten auf diesem Gebiet zu integrieren. Integration setze dabei auch voraus, dass religiöse oder weltanschauliche Minderheiten sich nicht selbst abgrenzten und sich einem Dialog mit Andersdenkenden und -gläubigen nicht verschlössen. Dies im Sinne gelebter Toleranz einzuüben und zu praktizieren sei eine wichtige Aufgabe der Grundschule.“

Hieraus folgt nun der zwingende Schluß, dass die beharrliche Weigerung der Eltern, ihre Kinder der öffentlichen Grundschule oder einer anerkannten Ersatzschule zuzuführen, deshalb als Missbrauch der elterlichen Sorge darstellt. Damit ist der Anwendungsbereich des § 1666 BGB eröffnet.

Wenn hier jetzt die Ausübung der Glaubensfreiheit der Schulpflicht entgegenzustehen scheint, dann gibt aber auch dies den Eltern keine Berechtigung, ihre Kinder der Schulpflicht zu entziehen.

Mit der Schulpflicht ist ja nicht die Glaubensausübung insgesamt infrage gestellt, Lediglich einzelne Lehrinhalte oder -methoden der Schule stehen nach Auffassung der Eltern ihren Glaubensüberzeugungen entgegen.

Der Maßstab kann aber nur der Erziehungsauftrag der Schule im Sinne des Grundgesetzes sein. Wenn der Staat diesem Auftrag verantwortungsvoll nachkommt, bleibt kein Platz für einen Entzug der Kinder aus der Schulpflicht.

Wenn nun also die beharrliche Weigerung, den Kindern die Erziehung in der öffentlichen Schule oder einer anerkannten Ersatzschule zu ermöglichen, einen Sorgerechtsmissbrauch darstellt, so ist in einem solchen Falle auch der Sorgerechtsentzug angemessen und geeignet, um dem rechtswidrigen Zustand zu begegnen.

Soweit- sogut. Der Fall hatte aber noch eine weitere Dimension.

Diese hatte mit der Pflegerbestellung zu tun. Denn ein minderjähriges Kind, das nicht der elterlichen Sorge untersteht, braucht jemanden, der diese elterliche Sorge auch ausführt. Dies gilt auch, wenn wie hier nur ein Teil der elterlichen Sorge entzogen wird, der Rest des Sorgerechts aber bei den Eltern verbleibt. Geregelt ist dies im § 1909 BGB:

„§ 1909 Ergänzungspflegschaft

(1) 1Wer unter elterlicher Sorge oder unter Vormundschaft steht, erhält für Angelegenheiten, an deren Besorgung die Eltern oder der Vormund verhindert sind, einen Pfleger. 2Er erhält insbesondere einen Pfleger zur Verwaltung des Vermögens, das er von Todes wegen erwirbt oder das ihm unter Lebenden unentgeltlich zugewendet wird, wenn der Erblasser durch letztwillige Verfügung, der Zuwendende bei der Zuwendung bestimmt hat, dass die Eltern oder der Vormund das Vermögen nicht verwalten sollen.

(2) Wird eine Pflegschaft erforderlich, so haben die Eltern oder der Vormund dies dem Vormundschaftsgericht unverzüglich anzuzeigen.

(3) Die Pflegschaft ist auch dann anzuordnen, wenn die Voraussetzungen für die Anordnung einer Vormundschaft vorliegen, ein Vormund aber noch nicht bestellt ist.“

Hierauf gestützt bestellte das Familiengericht schon im Wege des einstweiligen Anordnungsverfahrens die zuständige Stadt P. (Jugendamt) zum Pfleger der Kinder.

Was gut gemeint war, zeigte aber unglaubliche Folgen:

Mit Einwilligung des Pflegers verbrachten die Eltern die Kinder daraufhin in ein Dorf in Österreich. Die Eltern und die Familie behielten ihren Wohnsitz in Deutschland bei. In Österreich kann man in besonderen Fällen nämlich Kinder zuhause unterrichten. Der Pfleger erwirkte in der Folgezeit nach österreichischem Recht die Gestattung, dass die Mutter den Kindern Hausunterricht erteilen dürfe.

Seither werden die Kinder dort von ihrer Mutter unterrichtet. Die Mutter selbst hat keinerlei pädagogische Vorbildung.

Das Familiengericht hätte zwar im Hauptsacheverfahren die Möglichkeit gehabt, diese Entwicklung durch eine andere Pflegerbestellung zu korrigieren, bestätigte aber seine zuvor getroffene Regelung.

Die von den Eltern hiergegen eingelegte Beschwerde wies das Oberlandesgericht zurück. Die zugelassene Rechtsbeschwerde hatte nur zu einem geringen Teil Erfolg.

Die Tatsache, dass die Kinder jetzt nach Österreich verbracht worden sind, hat auch eine zusätzliche prozessuale Frage aufgeworfen, nämlich, ob die deutschen Gerichte hier überhaupt noch zuständig sind.
Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich aus der Tatsache, dass die übrigen Familienmitglieder ebenso wie die Eltern ihren Wohnsitz im Geltungsbereich des Grundgesetztes beibehalten hatte.

Die weitere Frage war die, ob die Kinder weiterhin der deutschen Schulpflicht unterliegen, wenn sie sich dauerhaft in der Alpenrepublik aufhalten. Auch diese Frage war wegen des Familienwohnsitzes im Inland zu bejahen.

Die Tatsache, dass mit der Pflegerbestellung der „Bock zum Gärtner“ gemacht worden ist, hat der BGH aber scharf kritisiert.

Denn dieser Pfleger habe sich offenkundig als in diesen Fällen ungeeignet erwiesen, den Gefahren für das Kindeswohl effektiv zu begegnen.

Der Pfleger habe durch sein Verhalten sogar erst die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Kinder nach Österreich umgemeldet worden seien.
Dem nicht genug habe er sodann die Möglichkeit, die Kinder in Österreich dem Hausunterricht zuzuführen, durch eine entsprechende Antragstellung bei den österreichischen Behörden selbst eröffnet.

Der BGH führte hierzu aus:

„Damit sei der Erfolg eingetreten, den die Eltern von vornherein erstrebt hätten, nämlich die häusliche Unterrichtung der Kinder durch ihre pädagogisch nicht vorgebildete Mutter – dies allerdings nicht in Deutschland, sondern in Österreich. Es sei nicht ersichtlich, dass die vom Familiengericht – nunmehr im Hauptsacheverfahren – verfügte Übertragung des Sorgerechts in Schulangelegenheiten sowie des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Stadt P. (Jugendamt) an der von der Stadt als Pfleger selbst herbeigeführten Situation etwas ändere.“

Der Bundesgerichtshof hat deshalb die Bestellung der Stadt als Pfleger aufgehoben und die Sache insoweit an das Oberlandesgericht zurückverwiesen, damit dieses durch die Auswahl eines geeigneten Pflegers oder durch gerichtliche Weisungen sicherstelle, dass die Kinder ihrer Schulpflicht nachkommen.

Beschlüsse vom 11. September 2007

XII ZB 41/07

AG Paderborn – 8 F 810/05 – Entscheidung vom 07.03.2006

OLG Hamm – 6 UF 53/06 – Entscheidung vom 20.02.2007

und

XII ZB 42/07

AG Paderborn – 8 F 811/05 – Entscheidung vom 07.03.2006

OLG Hamm – 6 UF 51/06 – Entscheidung vom 20.02.2007

05
Nov
07

Bundesgerichtshof zu Zuwendungen in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft.

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in einer wegweisenden Entscheidung sich der Frage nach der Rechtsnatur von Zuwendungen in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft und deren Bewertung im Erbfalle gestellt.

Die nichteheliche Lebensgemeinschaft geniesst bekanntermassen nicht den Schutz des Familienrechts. Auch im Erbrecht ist der Partner, der mit dem Erblasser zusammenlebte aber nicht mit ihm verheiratet war, grundsätzlich benachteiligt.

Der BGH hatte nun die Frage zu beantworten, ob ein Anspruch des Erben besteht, der auf Rückzahlung von Zuwendungen im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gerichtet ist, wenn diese Lebensgemeinschaft durch den Tod des Zuwendenden beendet worden ist.

Herr A hatte mit der Frau B zusammengelebt. Seit 1982 waren die beiden eng miteinander verbunden gewesen. Herr A erkrankte 1995 an Krebs. Ab da hat sie ihn gepflegt. 1998 schließlich zog er zu ihr.

Im August 1999 wurde Herr A ins Krankenhaus eingeliefert. Dort verstarb er im Oktober des selben Jahres.

Herr A hatte auch einen Sohn, den Herrn A jun. Dieser wiederum ging Pleite. So kam es, dass der Insolvenzverwalter nach Forderungen des Herrn A jun. Ausschau halten musste, um die Masse zu mehren.

Nachdem der Herr A jun. Erbe nach seinem Vater geworden war, hätte dieser Forderungen seines Vaters geerbt. Und hier stieß der Insolvenzverwalter auf eine Überweisung:

Herr A hatte auf ein Bankkonto der Frau B 79.146,28 DM mit dem Vermerk „Umbuchung“ überwiesen.

Diesen Betrag machte der Insolvenzverwalter nun mit der Klage geltend. Er behauptete für sich einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung. Diese ist im § 812 BGB geregelt:

㤠812 Herausgabeanspruch
(1) 1Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. 2Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.“

Der Insolvenzverwalter sah hier eine rechtsgrundlose Leistung des Herrn A an die Frau B. Außerdem sei wohl der bezweckte Erfolg nicht eingetreten.

Frau B konnte für die Überweisung keinen konkreten Rechtsgrund nachweisen, sie hielt aber ein ganzes Bündel aus der nichtehelichen Lebensgemeinschaft in Händen.

Sie trug vor, sie sei mit dem Erblasser, ihrem Lebensgefährten, seit 1982 eng verbunden gewesen, ohne dass es zu einer Eheschließung gekommen sei. Sie habe ausserdem dessen Abbruchunternehmen mit aufgebaut und darin mitgearbeitet. Desweiteren habe sie ihm teilweise noch offene Darlehen in erheblicher Höhe gewährt und zeitweise auch die Löhne der Arbeiter gezahlt.

Seit 1995 – nach der Erkrankung – habe sie Herrn A gepflegt. Als Herr A schließlich ins Krankenhaus kam, habe sie nach seinen Anweisungen das Unternehmen fortgeführt und sein Haus versorgt.

Aus den genannten Gründen sei der Überweisungsbetrag deswegen rechtlich als Darlehensrückzahlung, als Entgelt für geleistete Dienste, als Anstandsschenkung oder als eine Mischung aus all diesen Rechtsgründen anzusehen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat ihr das Oberlandesgericht stattgegeben.

Das OLG hat die Auffassung vertreten, der Frau A sei es nicht gelungen, einen konkret auf diese Überweisung bezogenen bestimmten Rechtsgrund aufzuzeigen. Dies habe ihr aber im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast obliegen. Denn nur den konkreten Rechtsgrund kann der Kläger anschließend widerlegen.

Dagegen richtete sich die Revision der Beklagten Frau B, die der Senat auf deren Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen hat.

In einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft werden die persönlichen und wirtschaftlichen Leistungen, die die Partner einander gewähren, ohne etwas Besonderes vereinbart zu haben, grundsätzlich nicht ausgeglichen.

Dies ist die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Im Schrifttum hat sich gegen diese Auffassung Widerspruch erhoben. Es wird wohl auch hier überwiegend die Auffassung vertreten, ein Ausgleich habe dann auszuscheiden, wenn er für solche Leistungen in Frage käme, die das Zusammenleben in der gewollten Art erst ermöglicht hätten.

Begründet wird diese Auffassung damit, dass solche Leistungen in dem Bewusstsein erbracht würden, dass jeder Partner nach seinem Vermögen zur Gemeinschaft beizutragen habe.

Wenn es aber Zuwendungen gibt, die darüber hinaus gehen, so hält die Rechtswissenschaft dann sowohl Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung als auch solche nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage für möglich.

Der Senat hatte deshalb zu prüfen, ob der Auffassung des Oberlandesgerichts auch dann zu folgen ist, wenn zwischen dem Erblasser und der Beklagten eine nichteheliche Lebensgemeinschaft bestand, was die Beklagte in den Tatsacheninstanzen behauptet hat.

Während also nach ständiger Rechtsprechung des BGH ein Ausgleichsanspruch ausgeschlossen wäre, so ist zu prüfen, ob es mit der im Schrifttum vertretenen Auffassung einen solchen geben könnte.

Das Gericht kam aber zu dem Ergebnis, dass selbst dann, wenn man der Literaturmeinung folgen würde, kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung oder Wegfall der Geschäftsgrundlage gegeben wäre.

Das Gericht führte hierzu aus:

„Der insoweit erwogene Bereicherungsanspruch setzt eine tatsächliche Willensübereinstimmung der Partner über den mit der Leistung bezweckten, aber später nicht eingetretenen Erfolg voraus. Davon kann hier nach dem Vorbringen der Beklagten schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil die Zuwendung wegen und in Anerkennung der von ihr bereits erbrachten Leistungen vorgenommen wurde.

Dasselbe gilt im Ergebnis, soweit im Schrifttum ein Anspruch nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage erörtert wird. Ein solcher Anspruch würde zunächst voraussetzen, dass die Zuwendung im Vertrauen auf den Fortbestand der nichtehelichen Lebensgemeinschaft erfolgt ist.“

In der Subsumtion erwägt das Gericht die Tatsache, dass Herr A schon vorher lebensbedrohlich erkrankt war und fährt fort:

„Der seit 1995 erkrankte Erblasser soll die Zuwendung in Erwartung seines Ablebens vorgenommen haben, dürfte also nicht im Vertrauen auf einen längerfristigen Bestand der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gehandelt haben.“

Das angefochtene Urteil konnte deshalb im Ergebnis keinen Bestand haben.

Da das OLG keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob eine nichteheliche Lebensgemeinschaft bestanden hatte, war die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Urteil vom 31. Oktober 2007 – XII ZR 261/04

LG Düsseldorf- Entscheidung vom 20.02.2003 – 3 O 205/02 ./.

OLG Düsseldorf- Entscheidung vom 30.01.2004 – I-16 U 62/03

26
Sept
07

Der Bundesgerichtshof zur Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts

Der XII: Zivilsenat hat sich in zwei Entscheidungen mit der Frage beschäftigt, unter welchen Voraussetzungen der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt, der als Aufstockungsunterhalt zu gewähren ist, zeitlich befristet werden darf.Die Anspruchsgrundlage für den Aufsrockungsunterhalt ergibt sich aus dem §1573 II BGB:

„(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.“

Die Möglichkeit der Befristung ergibt sich aus dem Absatz 5 des § 1573 BGB:

„(5) 1Die Unterhaltsansprüche nach Absatz 1 bis 4 können zeitlich begrenzt werden, soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre; dies gilt in der Regel nicht, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hat oder betreut. 2Die Zeit der Kindesbetreuung steht der Ehedauer gleich.“

Der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt verfolgt den Zweck, dass der Lebensstandard des geringer verdienenden Ehegatten gewahrt bleibt. Mit dieser Vorschrift hat sich auch schon das Bundesverfassungsgericht auseinandergesetzt, und zwar in der Entscheidung vom 14.7.1981 mit dem Aktenzeichen – 1 BvL 28/77 u. a. – . Das Ergebnis war, dass diese Regelung verfassungskonform ist.

Der Gesetzgeber hat für diesen Unterhaltsanspruch eine zeitliche Befristungsmöglichkeit vorgesehen. Der Grund hierfür liegt in der Überlegung, dass es im Einzelfall unbillig wäre, unbeschränkt Unterhalt zu gewähren, weil die Teilhabe am ehelichen Lebensstandard aufgrund der Dauer und Art der Ehegestaltung nicht mehr gerechtfertigt wäre.

Gerade die Surrogatrechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat faktisch die Dauer der Unterhaltsgewährung ausgedehnt, so dass dieser Befristungsmöglichkeit ein größeres Gewicht zugewachsen ist.

Nachfolgende Sachverhaltsdarstellungen stammen aus der Pressemitteilung des BGH:

1.

„Die Parteien in dem Verfahren XII ZR 11/05, die beide im Jahre 1960 geboren sind, hatten 1982 die Ehe geschlossen. Aus ihrer Ehe sind zwei – 1982 und 1984 geborene – Kinder hervorgegangen. 2001 trennten sich die Ehegatten; ihre Ehe wurde 2004 geschieden. Während ihrer Ehezeit in der früheren DDR gingen beide Parteien einer Vollzeiterwerbstätigkeit nach. Die Ehefrau verdiente als Bauingenieurin monatlich 690 Mark, während der Ehemann in herausgehobener Stellung monatlich rund 1.000 Mark erhielt. Seit 1992 war die Ehefrau zunächst bei verschiedenen Arbeitgebern, zeitweise nur in Teilzeit, und später selbständig als Bauingenieurin tätig. Inzwischen ist sie im öffentlichen Dienst beschäftigt und erzielt ein Nettoeinkommen von rund 1.400 €. Der Ehemann erzielt als Geschäftsführer monatliche Einkünfte in Höhe von rund 4.850 €. Das Amtsgericht hat den Ehemann zur Zahlung eines monatlichen Aufstockungsunterhalts in Höhe von 1.116 € verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Ehemannes, mit der er eine Befristung des Unterhaltsanspruchs auf die Zeit bis März 2006 begehrte, zurückgewiesen.“

2.

„In dem Verfahren XII ZR 15/05 hatten die 1961 bzw. 1962 geborenen Parteien im Jahre 1982 die Ehe geschlossen, die kinderlos blieb. Nach Trennung im Jahre 2002 wurde die Ehe 2004 geschieden. Der Ehemann erzielt als Zerspanungsmechaniker ein unterhaltsrelevantes Nettoeinkommen von monatlich rund 1.500 €. Die Ehefrau hat während der Ehezeit ihren schwer erkrankten Vater gepflegt und war daneben halbschichtig berufstätig. Seit 2003 arbeitet sie vollschichtig als Kassiererin und erzielt ein unterhaltsrelevantes Monateinkommen von rund 1.000 €. Während der Ehezeit hatte die Ehefrau im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ein Hausgrundstück im Wert von rund 133.000 € erhalten; mit Rechtskraft der Ehescheidung erhielt sie außerdem einen Zugewinnausgleich in Höhe von 60.000 €. Das Amtsgericht hat den Ehemann zur Zahlung eines monatlichen Aufstockungsunterhalts in Höhe von 164 € verurteilt. Auf die Berufung des Ehemannes hat das Oberlandesgericht die Unterhaltspflicht auf die Zeit bis Juli 2011 befristet. Dagegen richtet sich die – vom Oberlandesgericht zugelassene – Revision der Ehefrau.“

Im ersten Fall hat der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen, während im zweiten Fall die Revision verworfen wurde.

Das Gericht verwies hier auf seine neueren Rechtsprechung des Senats.

In beiden Fällen lagen vergleichbar lange Ehezeiten von mehr als 20 Jahren vor. Dem Senat zufolge genügte allein die lange Ehedauer vom mehr als 20 Jahren nicht aus, um von einer Befristung abzusehen.

Nachdem im zweiten Falle die Ehe kinderlos geblieben war und die Ehefrau vollschichtig erwerbstätig ist, war der Unterhaltsanspruch zu befristen. Das Gericht verwies hier auch noch auf das Alter der geschiedenen Ehefrau. Das Gericht sah hier bei einem Alter von 42 Jahren keinen Grund, deswegen eine Befristung zu versagen. Weitere Gründe, wie die Pflege des Vaters haben innerfamiliäre Gründe. Die hierdurch entstandenen Nachteile haben folglich keine Ursache in der Ehe. Sie sind deswegen auch nicht unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen. Das Gericht sah es für gerechtfertigt an, die Ehefrau nach Ablauf der Befristung auf ihre eigenen Einkünfte zu verweisen.

Im ersten Falle hatte das OLG die Befristung abgeleht. Der BGH hat jetzt dem Oberlandesgericht aufgegeben, zu prüfen, ob auch jetzt noch ehebedingte Nachteile vorliegen. Diese könnten aus der Haushaltstätigkeit und der Kindererziehung resultieren.

Wenn solche ehebedingten Nachteile jetzt nicht mehr vorliegen und die Ehefrau eigene Einkünfte erzielt, die sie auch ohne die Ehe erzielen würde, kann es ihr nach einer Übergangszeit zumutbar sein, auf den Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu verzichten und sich mit dem Lebensstandard zu begnügen, den sie aus ihren eigenen Einkünften erreichen kann, auch wenn der eheliche Lebensstandard ein höherer war.

Dem Oberlandesgericht wurde daher die Prüfung der Frage auferlegt, ob die Ehefrau ohne die Einschränkung ihrer Erwerbstätigkeit während der Ehe heute ein höheres Einkommen erzielen würde.
Eine besondere Rolle spielt hier nach Auffassung des Gerichts die Frage, wie die Ehegatten während der Ehe ihre Erwerbstätigkeit aufgeteilt hatten. Im zu entscheidenden Falle ist deswegen besonders zu berücksichtigen, dass beide Ehegatten während der ersten Hälfte ihrer Ehe voll erwerbstätig waren und die Kinder anderweit betreut wurden.

Urteile vom 26. September 2007 XII ZR 11/05

AG Perleberg – 16 b F 51/02 – Entscheidung vom 10.3.2004 ./.

OLG Brandenburg – 10 UF 87/04 – Entscheidung vom 30.11.2004

und

XII ZR 15/05

AG Siegen – 15 F 1468/02 – Entscheidung vom 4.3.2004 ./.

OLG Hamm – 13 UF 165/04 – Entscheidung vom 10.12.2004

22
Aug
07

Bundesgerichtshof zum Einsatz des nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe erlangten Vermögens für die Prozesskosten

Der Bundesgerichtshof hat jetzt in einer wichtigen Frage zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe für Klarheit gesorgt.

Damit einer Partei im Prozess Prozesskostenhilfe gewährt werden kann, ist zunächst ein Antrag an das Gericht nötig.

Darüber hinaus hat das Gericht dann die materiellen Voraussetzungen zu prüfen. Hier unterscheiden wir zwischen den subjektiven und den objektiven Voraussetzungen.

Bei den Voraussetzungen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist zwischen formellen und materiellen Voraussetzungen zu unterscheiden, wobei die materiellen Voraussetzungen in subjektive und objektive aufgeteilt werden können.

Die ovjektiven Voraussetzungen sind gegeben, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung eine hinreichende Erfolgsaussicht bietet und nicht mutwillig erscheint. Das steht so im Gesetz,nämlich im Satz 1 des § 114 der Zivilprozessordnung:

㤠114 ZPO РVoraussetzungen
1Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.“

Die subjektiven Voraussetzungen ergeben sich aus der selben Vorschrift, nämlich die Bedürftigkeit der antragstellenden Partei, deren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse es ihr nicht gestatten, die Kosten der Prozessführung ohne weiteres aufzubringen. Grundlage der Beurteilung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist § 115 ZPO.

„§ 115 ZPO – Einsatz von Einkommen und Vermögen
(1) 1Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. 2Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert….“
Absatz 3 dieser Vorschrift regelt hierbei den Vermögenseinsatz:

„(3) 1Die Partei hat ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. 2§ 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.“

Der Verweis ins SGB XII zeigt, dass hier entsprechend dem Sozialhilferecht verfahren werden soll. Neben dem Grundsatz des Einsatzes des gesamten verwertbaren Vermögens gibt es hier im Absatz 2 und 3 eine Reihe von Ausnahmen, die entsprechend bei der Gewährung von PKH beachtet werden müssen:

„§ 90 SGB XII – Einzusetzendes Vermögen
(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) 1Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines Kapitals einschließlich seiner Erträge, das der zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des § 10a oder des Abschnitts XI des Einkommensteuergesetzes dient und dessen Ansammlung staatlich gefördert wurde,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken behinderter (§ 53 Abs. 1 Satz 1 und § 72) oder pflegebedürftiger Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. 2Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen.

(3) 1Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. 2Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.“

Streitig war nun lange die Frage, was mit Vermögen geschieht, das erst nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe erlangt wird.

Diese Frage lag nun dem XII. Zivilsenat des BGH zur Beantwortung vor. Dieser Senat ist unter anderem für Familiensachen zuständig. Hier ist diese Fragestellung besonders virulent, da häufig erst nach erfolgreichem Rechtsstreit im Zugewinnverfahren der bis dahin bedürftigen Partei Vermögen im Rahmen des Zugewinnausgleichs zuwächst.

So war es auch in dem nun entschiedenen Fall, wobei dieser noch die Besonderheit aufwies, dass es nicht um die Prozesskostehhilfe für das güterrechtliche Verfahren ging, sondern um das parallel betriebene Unterhaltsverfahren:

Die Ehe der Parteien war zwischenzeitlich geschieden worden. Trennungs- und Kindesunterhalt war noch nicht geklärt. Die Parteien lagen hierüber im Streit. Der Klägerin war für diesen Rechtsstreit PKH mit monatlichen Raten von EUR 30,00 gewährt worden. Dieses Verfahren endete mit einem Vergleich.

Das güterrechtliche Verfahren zog sich noch hin. Die Ehefrau erstritt sich hier einen Zugwinnausgleichsanspruch in Höhe von ca. EUR 40.000,00.

Das Gericht ordnete sondann die Zahlung aller fälliger Kosten an, indem es die Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe entsprechend abänderte.

Das wiederum sah die zwischenzeitlich geschiedene Ehefrau nicht ein, hatte sie doch das Geld aus dem Zugewinnausgleich für den Kauf einer Eigentumswohnung aufgewendet.

Nach § 120 Abs. 4 ZPO kann das Gericht die Entscheidung innerhalb von vier Jahren ab Beendigung des Verfahrens ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben.

„(4) 1Das Gericht kann die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben; eine Änderung der nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Buchstabe b und Nr. 2 maßgebenden Beträge ist nur auf Antrag und nur dann zu berücksichtigen, wenn sie dazu führt, dass keine Monatsrate zu zahlen ist. 2Auf Verlangen des Gerichts hat sich die Partei darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. 3Eine Änderung zum Nachteil der Partei ist ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind.“

Bei der Bemessung ist – wie bei der Gewährung der PKH – auf die oben bereits genannten Kriterien abzustellen. Hier führt die Prüfung – weil eine Eigentumswohnung angeschafft worden war – wieder über den § 90 des SGB XII.

Hier findet sich in Absatz 2 in der Nummer 8 die Regelung, dass ein schon vorhandenes angemessenes Hausgrundstück, das von der bedürftigen Partei allein oder mit Angehörigen bewohnt wird, privilegiert ist.

Diese Regelung ist nicht einschlägig, wenn das Hausgrundstück erst mit später erworbenem Vermögen erworben wird, da es noch nicht vorhanden ist.

Wenn das Kapital zur Beschaffung eines Hausgrundstückes eingesetzt wird, so hilft die Nummer 3 weiter: Demzufolge bleibt das Vermögen dann unberücksichtigt, wenn es zu Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger Menschen eingesetzt werden soll.

So war es aber im zu entscheidenden Falle nicht.
In der Literatur und in Teilen der Rechtsprechung wurde zwar bislang die Auffassung vertreten, dass ein nachträglich erlangtes Vermögen generell dann nicht mehr für die Prozesskosten herangezogen werden kann, wenn damit ein „privilegiertes Hausgrundstück“ erworben wurde, bevor eine Erstattung der Verfahrenskosten im konkreten Fall angeordnet war. Mit dieser Argumentation wäre die Eigentumswohnung nach der Nummer 8 privilegiert gewesen.

Der Bundesgerichtshof hat aber entschieden, dass der spätere Kauf der Eigentumswohnung nichts an der Verpflichtung ändert, das erlangte Vermögen vorrangig für die Prozesskosten einzusetzen.

Dass Gericht stützt seine Auffassung auf die Regelung des § 120 Abs. 4 ZPO. Diese besagt, dass bis zum Ablauf von vier Jahren seit Abschluss des Verfahrens mit einer Änderung der bewilligten Prozesskostenhilfe zu rechnen ist. Die bedürftige Partei muss sich also darauf einstellen. Es besteht also insoweit kein Vertrauensschutz in die Gewährung. Hieraus folgt, dsas es der bedürftigen Partei versagt ist, einsetzbares Vermögen dem absehbaren Zugriff für die Prozesskosten zu entziehen.
Daher musste hier das erlangte Geld weiter vorrangig für die Prozesskosten eingesetzt werden.

Beschluss vom 18. Juli 2007 XII ZA 11/07

AG Ulm – 2 F 1252/03 – Entscheidung vom 12.1.2007

OLG Stuttgart – 8 WF 20/07- Entscheidung vom 22.03.2007

24
Mai
07

Bundesverfassungsgericht: Unterschiedliche Dauer der Unterhaltsansprüche für die Betreuung ehelicher und nichtehelicher Kinder verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat jetzt in einem Beschluss vom 28. Februar 2007 – 1 BvL 9/04 –, der mit 7 : 1 Stimmen ergangen war, zur Frage der Ungleichbehandlung von geschiedenen und ledigen Eltern im Unterhaltsrecht Stellung bezogen. Die Entscheidung des Ersten Senates des Bundesverfassungsgerichts fiel auf eine Vorlage des Oberlandesgerichts Hamm hin.

Der Gesetzgeber ist nunmehr verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2008 eine verfassungsgemäße Regelung zu treffen.

Bis zum Inkrafttreten der Neuregelung kommen die bestehenden Regelungen allerdings weiter zu Anwendung.

Dieser Beschluss betrifft zwar das Unterhaltsrecht, wie es vor der Reform 2007 Geltung besitzt, die Grundüberlegungen haben auch Auswirkungen auf die – noch immer geplante – Reform. Dies nicht zuletzt auch deswegen, weil der Gesetzgeber nicht willens war, an dieser nun für verfassungswidrig erkannten Konstruktion etwas zu ändern.

Es geht hier jeweils um den Unterhalt, den der Elternteil, der ein gemeinsmes Kind betreut, vom anderen Elternteil verlangen kann.

Die hierzu einschlägigen Normen finden sich, je nach familienrechtilicher Stellung der Unterhaltsberechtigten an zwei unterschiedlichen Stellen im BGB: Da ist zumächst der § 1570 BGB, der den nachehelichen Unterhalt regelt. Dieser ist gemeinsam mit dem § 1569 BGB zu lesen. Der § 1570 BGB bildet nämlich einen Ausnahmetatbestand von dem gesetzlichen Grundmodell, wonach jeder Ehegatte nach der Scheidung für sich selber sorgen müsse.

„§ 1569 BGB Abschließende Regelung

Kann ein Ehegatte nach der Scheidung nicht selbst für seinen Unterhalt sorgen, so hat er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt nach den folgenden Vorschriften.“

Diese Vorschrift ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Das hat das Bundesverfassungsgericht am . 14.7.1981 schon entschieden: – 1 BvL 28/77 u. a. –

Die dem § 1569 folgende Vorschrift ist diejenige, die den Unterhaltsanspruch wegen Kinderbetreuung regelt:

㤠1570 Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes

Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.“

Die Rechtsprechung hat nun diese Vorschrift mit Leben erfüllt. Die so genannten unterhaltsrechtlichen Leitlinien der familienrechtlichen Senate an den Oberlandesgerichten gehen übereinstimmend davon aus, dass bis zum Alter eines Kindes von acht Jahren beziehungsweise bis zum Ende seiner Grundschulzeit für den betreuenden Elternteil keine Erwerbsobliegenheit besteht. Erst danach besteht eine Pflicht zur Erwerbsarbeit, wobei diese zunächst nur in Teilzeit zu suchen ist.

Für die nicht miteinander verheirateten Eltern und ihre Kinder hat der Gesetzgeber nun einen gesonderten Abschnitt ins BGB eingefügt, nämlich die §§ 1615 a bis o BGB, wobei die Buchstaben b bis k bereits im Zuge der Kindschaftsrechtsreform 1998 gestrichen wurden:

㤠1615a Anwendbare Vorschriften

Besteht für ein Kind keine Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1, § 1593 und haben die Eltern das Kind auch nicht während ihrer Ehe gezeugt oder nach seiner Geburt die Ehe miteinander geschlossen, gelten die allgemeinen Vorschriften, soweit sich nichts anderes aus den folgenden Vorschriften ergibt.“

Während die Kindschaftsrechtsreform die Gleichstellung der nichtehelichen mit den ehelichen Kindern anstrebte, wurde die nun angegriffene Ungleichbehandlung des betreuenden Elternteiles als gerechtfertigt angesehen.

Derjenige Elternteil, der ein nichteheliches Kind betreut, hat nur einen Unterhaltsanspruch nach dem § 1615l BGB:

㤠1615l Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt

(1) 1Der Vater hat der Mutter für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt des Kindes Unterhalt zu gewähren. 2Dies gilt auch hinsichtlich der Kosten, die infolge der Schwangerschaft oder der Entbindung außerhalb dieses Zeitraums entstehen.

(2) 1Soweit die Mutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht, weil sie infolge der Schwangerschaft oder einer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachten Krankheit dazu außerstande ist, ist der Vater verpflichtet, ihr über die in Absatz 1 Satz 1 bezeichnete Zeit hinaus Unterhalt zu gewähren. 2Das Gleiche gilt, soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. 3Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt; sie endet drei Jahre nach der Geburt, sofern es nicht insbesondere unter Berücksichtigung der Belange des Kindes grob unbillig wäre, einen Unterhaltsanspruch nach Ablauf dieser Frist zu versagen.

(3) 1Die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten sind entsprechend anzuwenden. 2Die Verpflichtung des Vaters geht der Verpflichtung der Verwandten der Mutter vor. 3Die Ehefrau und minderjährige unverheiratete Kinder des Vaters gehen bei Anwendung des § 1609 der Mutter vor; die Mutter geht den übrigen Verwandten des Vaters vor. 4§ 1613 Abs. 2 gilt entsprechend. 5Der Anspruch erlischt nicht mit dem Tod des Vaters.

(4) 1Wenn der Vater das Kind betreut, steht ihm der Anspruch nach Absatz 2 Satz 2 gegen die Mutter zu. 2In diesem Falle gilt Absatz 3 entsprechend.“

Die Verpflichtung des anderen Elternteils zur Gewährung von Unterhalt an den betreuenden Elternteil endet gemäß § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB im Regelfall spätestens drei Jahre nach der Geburt des Kindes.

Das Bundesverfassungsgericht stand nun vor der Frage, ob diese beiden unterschiedlichen Regelung der Dauer des Unterhaltsanspruchs eines kinderbetreuenden Elternteils mit dem Grundgesetz vereinbar sind.

Maßstab war hier der Artikel 6 Grundgesetz:

Art 6

„(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) 1Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. 2Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.“

Hier findet sich im Absatz 5 das an den Gesetzgeber gerichtete Gebot, nichtehelichen Kindern gleiche Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung zu schaffen wie ehelichen Kindern. Dadurch wird klargestellt, dass die Schlechterstellung der nichtehelichen Kinder verboten ist. Das Gericht führte hierzu weiter aus, es gehe nicht an, „mit zweierlei Maß zu messen und bei ehelichen Kindern eine erheblich längere persönliche Betreuung für angezeigt zu halten als bei nichtehelichen Kindern.“

Begründet wird diese Auffassung damit, dass die Frage, wie viel ein Kind an persönlicher elterlicher Betreuung und Zuwendung bedarf, sich nicht danach richte, ob es ehelich oder nichtehelich geboren ist.

Durch die ungleiche Dauer der Unterhaltsansprüche wegen der Betreuung von Kindern wird das nichteheliche Kind gegenüber dem ehelichen Kind nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes zurückgesetzt. Durch die bestehende Regelung wird nämlich dem Kind die Möglichkeit genommen wird, ebenso lang wie ein eheliches Kind im Mittelpunkt elterlicher Sorge zu stehen.

Diese unterschiedliche Behandlung sieht das Gericht unter keinem Gesichtspunkt als gerechtfertigt an.

Zunächst werden die verschiedenen sozialen Bedingungen, unter denen die Kinder leben untersucht. Festzustellen ist hierbei, dass sich die tatsächlichen Lebensbedingungen von ehelichen Kindern geschiedener Eltern und nichtehelichen Kindern im Prinzip nur unwesentlich unterscheiden. Maßgeblich ist hierbei, dass der betreuende Elternteil auf die Sicherstellung seines Unterhalts angewiesen ist, wenn er das Kind persönlich betreuen und deshalb keiner Erwerbsarbeit nachgehen kann oder will.

Im Gesetzgebungsverfahren war eine große Bandbreite unterschiedlicher Lebensgestaltungen, die im Gegensatz zu verheirateten Eltern bei nichtverheirateten Eltern anzutreffen seien, angeführt worden.

Diese Argumentation steht aber in direktem Widerspruch zu Art. 6 Abs. 5 GG. Das Grundgesetz bezweckt gerade die Gleichstellung von Kindern, deren Eltern keine Verantwortung füreinander übernommen haben, mit solchen Kindern, deren Eltern in ehelicher Verbundenheit füreinander und für ihr Kind Sorge tragen.

Auf die Art der elterlichen Beziehung kommt es daher hinsichtlich eines Unterhaltsanspruchs, der wegen der Pflege oder Erziehung eines Kindes gewährt wird, nicht an.

Begründet wird dies damit, dass der Unterhaltspflichtige vom Gesetz deswegen in Anspruch genommen wird, damit das Kind von seinem anderen Elternteil persönlich betreut werden kann. Im Zentrum Überlegung steht daher wiederum das nichteheliche Kind und nicht der unterhaltsberechtigte Elternteil. Folgerichtig sagt dann das Gericht, dasas die Vielgestaltigkeit nichtehelicher Beziehungen nicht zu unterschiedlicher Elternverantwortung gegenüber dem Kind führen darf.

Als weiteres Kriterium wurde sodann die nachwirkende eheliche Solidarität nach der Scheidung geprüft, die bei nicht verheirateten Eltern naturgemäß nicht gegeben sein kann. Diese nachwirkende Solidarität kann zwar durchaus besondere Ansprüche begründen, aber eben nicht die ungleiche Dauer der Unterhaltsansprüche rechtfertigen.

Die Ehe geniesst gleichfalls den besonderen Schutz des Artikels 6. Deswegen kann auch grundsätzlich der geschiedene Ehegatte unterhaltsrechtlich zunächst besser gestellt werden als der nicht verheiratete Elternteil. Das Gericht hat dies am Beispiel des § 1573 BGB ausgeführt.

Das Gericht weist aber auf folgendes hin: „Räumt der Gesetzgeber aber dem geschiedenen Ehegatten einen Unterhaltsanspruch allein wegen der persönlichen Betreuung des gemeinsamen Kindes ein, dann verbietet es ihm Art. 6 Abs. 5 GG, die Dauer der für notwendig erachteten persönlichen Betreuung beim ehelichen Kind anders zu bemessen als bei einem nichtehelichen Kind.“

So sei weder dem Wortlaut des § 1570 BGB noch seiner Entstehungsgeschichte eine über die Kinderbetreuung hinausgehende Ausrichtung des Unterhaltsanspruchs zu entnehmen.

Der Gesetzgeber hat erst später einen Hinweis dahingehend nachgeschoben, dass der Betreuungsunterhalt auch durch den zusätzlichen Schutzzweck der nachehelichen Solidarität begründet sei. Hierfür finden sich aber dem Gericht zufolge keine Anhaltspunkte. Die ausschließlich nach dem Kindesalter bemessene Dauer des Unterhaltsanspruchs aus § 1570 BGB spricht vielmehr gegen die Annahme und Berücksichtigung eines solchen weiteren, die Dauer des Anspruchs bestimmenden Grundes.

Auch die Rechtsprechung richtet die Unterhaltsdauer ausschließlich am Alter der Kinder aus. Das Alter eines Kindes ist demnach sicherlich ein geeigneter Anknüpfungspunkt, um den Bedarf eines Kindes an persönlicher Betreuung durch einen Elternteil zu bestimmen. Das Alter ist aber kein tauglicher Maßstab dafür, zeitlich zu bestimmen, wie lange einem Elternteil nicht wegen der Kinderbetreuung, sondern wegen seines Vertrauens auf die während der Ehe eingenommene Rolle als Betreuer des Kindes Unterhalt gewährt werden sollte.

Damit differenziert das Gericht erheblich im Hinblick auf die nacheheliche Solidarität. Der geschiedene Ehegatte kann daher keinen Vertrauensschutz wegen dem Alter des Kindes aus der Ehe herleiten. Die kinbezogene Ausgestaltung des § 1570 BGB steht einer solchen weitreichenden Auslegung im Wege.

Das Gericht kommt daher folgerichtig zu dem Schluss: „Aufgrund der Anknüpfung ausschließlich an das Alter des Kindes beruht die unterschiedliche Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt allein auf einer unterschiedlichen Einschätzung des Betreuungsbedarfs von nichtehelichen und ehelichen Kindern. Dies aber verbietet Art. 6 Abs. 5 GG.“

Nachdem die Verfassungswidrigkeit der Ungleichbehandlung wegen eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 5 GG feststeht, hatte das Gericht noch zu prüfen, ob die Vorschrift des § 1615l BGB nicht ihrerseits das in Art. 6 Abs. 2 geschützte Elternrecht verletzten könnte. Dies hat das Gericht verneint, da die zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruches dem Grunde nach nicht zu beanstanden ist.

Dies ist neben den verfassungsrechtlichen Feststellungen eine wichtige Richtungsvorgabe des Gerichtes, gerade im Hinblick auf die Regelungsbedürftigkeit in der Unterhaltsrechtsreform 2007. Die unterhaltsrechtlich gebotene Gleichbehandlung von nichtehelichen und ehelichen Kindern führt daher nicht zwangsläufig zu einer Verlängerung der Unterhaltspflicht für den betreuenden Elternteil.

Das Gericht hat hier wesentliche Argumente angeführt, die so auch in der Diskussion um den § 1570 BGB eine Rolle spielen müssen.

Zum einen liegt es in der Einschätzungskompetenz des Gesetzgebers, für wie lange er es aus Kindeswohlgesichtspunkten für erforderlich und dem unterhaltspflichtigen Elternteil zumutbar erachtet, die persönliche Betreuung des Kindes durch einen Elternteil durch Gewährung eines Unterhaltsanspruchs an diesen zu ermöglichen.

Zum anderen hat er jedem Kind ab dem dritten Lebensjahr einen Anspruch auf einen Kindergartenplatz eingeräumt. Damit hat er sichergestellt, dass ein Kind ab diesem Alter in der Regel eine außerhäusliche Betreuung erfahren kann.

Es ist eine vertretbare Einschätzung des Gesetzgebers, wenn er es deshalb nicht für notwendig erachtet hat, den betreuenden Elternteil länger von seiner Erwerbsobliegenheit zu entbinden.

Das Gericht stützt sich hier darauf, dass der Gesetzgeber vielmehr unter Auswertung wissenschaftlicher Studien davon ausgegangen ist, eine Betreuung des Kindes im Kindergarten sei diesem nicht abträglich, sondern fördere wichtige Kompetenzen des Kindes.

Dies dürfte auch nun in der aktuellen Debatte um die frühkindliche Betreuung in Kinderkrippen eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. Es könnte dann unterhaltsrechtlich durchaus die Obliegenheit gesehen werden, ein vorhandenes Krippenangebot in Anspruch zu nehmen und gleichzeitig Erwerbsbemühungen zu entfalten. Der in der Diskussion stehende Betreuungsbonus, der bei Kinderbetreuung zu Hause bezahlt wird, wäre dann in diesem Falle voll bedarfsmindernd aber keinesfalls bedarfsprägend einzusetzen. Da aber eine solche Konsequenz letztlich auf eine Sozialisierung von Unterhaltszahlungen hinausliefe, wäre der Gesetzgeber gut beraten, diese Fragestellungen auch im Hinblick auf die anstehende Unterhaltsreform erneut zu überdenken.

Abschließend hat das Gericht noch die verschiedensten Möglichkeiten aufgezeigt, wie der Gesetzgeber den verfassungswidrigen Zustand beseitigen kann.

Denkbar sind sowohl eine Änderung des § 1615 l BGB, als auch eine Änderung von § 1570 BGB. Es können auch beide Sachverhalte einer Neuregelung unterzogen werden. In jedem Fall muss der Gesetzgeber aber einen gleichen Maßstab hinsichtlich der Dauer des Betreuungsunterhalts bei nichtehelichen und ehelichen Kindern zugrunde zu legen.

Beschluss vom 28. Februar 2007 – 1 BvL 9/04 –

01
Mär
07

BGH: Befristung von Aufstockungsunterhalt

Der BGH hat am 28.02.2007 nun ein Urteil gefällt, das auch im Hinblick auf die zu erwartende Unterhaltsrechtsreform weitreichende Konsequenzen haben dürfte. Ging es hier doch um die Frage, ob und wie der Unterhalt befristet werden kann. Nachdem nun im Entwurf des neuen Unterhaltsrechtes weitergehende Befristungs- und Beschränkungsmöglichkeiten vorgesehen sind, dürfte das jetzt ergangene Urteil für die Anwendung des neuen Rechtes durchaus interessante Aspekte beigesteuert haben.

Die Parteien des Rechtsstreites waren 13 Jahre miteinander verheiratet, die folgenden 20 Jahre trafen sie sich immer wieder vor dem Gericht:

1973 wurde geheiratet, 1986 wurde geschieden, dazwischen, nämlich 1975 und 1977 kamen zwei Kinder zur Welt. 1987 wurde dann der nacheheliche Unterhalt durch gerichtlichen Vergleich geregelt: demzufolge bezahlte der Ehemann an die geschiedene Ehefrau monatlichen Unterhalt in Höhe von 1.610 DM. Außerdem erhielt sie das Alleineigentum an der zuvor als Ehewohnung genutzten Doppelhaushälfte.

Im selben Jahr heiratete der Mann ein zweites Mal. Er ist Beamter, demnach hatte die neuerliche Hochzeit doppelte Auswirkungen auf sein Einkommen, einerseits wegen dem Splittingvorteil aus der neuen Ehe, andereseits, weil der Staat seinen Beamten Familienzuschläge gewährt. Die Tatsache, dass sich der Familienstand geändert hat, erhöht deswegen dem Beamten direkt das Bruttoeinkommen.

Die Kinder wurden älter – und deswegen nahm die Ehefrau eine Halbtagesstelle an, das war 1990. Man traf sich daher in einem erneuten Unterhaltsprozess, klagte auf Abänderung nach § 323 ZPO – und verglich sich wieder – auf monatlich 1.000 DM.

Tempora mutandur – et nos mutandamos in illis : 1995 arbeitete die Frau dann Vollzeit. Als kaufmännische Angestellte erhielt sie eine angemessene Vergütung.

Das Spiel begann von neuem – 323 ZPO hilft weiter. Nur wurde dieses Mal nicht verglichen, auch mit der Entscheidung des Familiengerichts war man nicht einverstanden – das OLG entschied und reduzierte den Unterhaltsanspruch weiter auf nunmehr monatlich rund 825 DM.

Also annähernd eine Halbierung in 8 Jahren.

Aber es war noch nicht vorbei, die Gerichte entwickelten das Unterhaltsrecht fort, und beide Parteien suchten darin für sich einen Vorteil zu finden:

Die Ex-Ehefrau hatte die Surrogatrechtsprechung des BGH für sich in Anspruch genommen. ( BGHZ 148, 105 = FamRZ 2001, 986) Demnach ist die nach der Scheidung aufgenommene Berufstätigkeit ein Ersatz für die Haushaltsführung und Kindererziehung während der Ehe und deswegen bedarfsprägend in die Bedarfsermittlung einzustellen. Davor war das anders. Da wurde das erzielte Einkommen dann bedarfsdeckend abgezogen, bei der Bedarfsermittlung aber überhaupt nicht eingestellt. Die Folge hiervon war, dass die Haushaltstätigkeiten überhaupt nicht berücksichtig worden waren. Und die letzte Entscheidung des OLG war ja noch davor gefällt worden. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung hätte es mehr Unterhalt geben müssen.

Der Ex-Ehemann hingegen führte die neueste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (FamRZ 2003, 1821) und des Bundesgerichtshofs an. Demzufolge darf der steuerliche Splittingvorteil aus seiner zweiten Ehe und sein Familienzuschlag als Beamter nicht für die Bemessung des Unterhalts seiner geschiedenen Ehefrau herangezogen werden. Aber das war geschehen – und sollte demzufolge rückgängig gemacht werden.

Außerdem verlangte er nun eine Befristung des Aufstockungsunterhaltes.

Er argumentierte, seine geschiedene Ehefrau sei ja schließlich inzwischen durch ihr eigenes Einkommen und ihre, inzwischen nahezu lastenfreie, Doppelhaushälfte hinreichend abgesichert. Er müsse nun überhaupt nichts mehr zahlen. Dem folgte das OLG insoweit, als dass es den Unterhalt zeitlich auf 31.12.2006 befristete.

Der XII: Senat hat die Entscheidung hinsichtlich der Höhe des Unterhaltsanspruchs aufgehoben und die Sache insoweit an das Oberlandesgericht zurückverwiesen;

Hinsichtlich der Befristung hat er die Entscheidung jedoch gebilligt.

Grundsätzlich gilt nach der Scheidung, dass jeder für sich selbst verantwortlich ist:

„§ 1569 Abschließende Regelung
Kann ein Ehegatte nach der Scheidung nicht selbst für seinen Unterhalt sorgen, so hat er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt nach den folgenden Vorschriften“

Nach § 1573 Abs. 2 BGB kann ein geschiedener Ehegatte, auch wenn er wieder voll berufstätig ist, Aufstockungsunterhalt in Höhe der Differenz seiner eigenen Einkünfte zu dem Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen verlangen:

„1573 Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt
(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.“

1986 – also im Jahr der Scheidung – wurde der § 1573 Abs. V BGB eingeführt:

„(5) 1Die Unterhaltsansprüche nach Absatz 1 bis 4 können zeitlich begrenzt werden, soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre; dies gilt in der Regel nicht, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hat oder betreut. 2Die Zeit der Kindesbetreuung steht der Ehedauer gleich.“

Das heisst im Klartext, dass dieser Unterhaltsanspruch nach § 1573 Abs. 2 BGB zeitlich begrenzt werden kann. Voraussetzung hierfür ist, dass ein unbefristeter Anspruch auf Aufstockungsunterhalt unbillig wäre. Hierbei ist insbesondere unter Berücksichtigung sowohl der Dauer der Ehe als auch der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit bedeutsam.

Von dieser Befristungsmöglichkeit wurde bislang nur sehr zurückhaltend Gebrauch gemacht. Ihre Bedeutung ist aber im Zuge der Surrogatsrechtsprechung gewachsen.

Der Senat hat entschieden, dass es dem Unterhaltsberechtigten zumutbar sein kann, sich nach einer Übergangszeit mit dem Einkommen zu begnügen, das er ohne die Ehe durch eigenes Erwerbseinkommen hätte und jetzt auch erzielt.

Das gilt nur dann nicht, wenn die Differenz zwischen dem eigenen Einkommen und dem Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen einen ehebedingten Nachteil darstellt, den es auch weiterhin auszugleichen gilt.

Wichtig ist nun, dass der Ehedauer und der Dauer der Kindererziehung bei derFrage nach der Befristung zwar erhebliches Gewicht, aber keine allein entscheidende Bedeutung zukommt. Es müssen vielmehr alle relevanten Umstände abgewogen werden.

Hierzu gehört auch die Beantwortung der Frage, ob der unterhaltsberechtigte Ehegatte inzwischen durch eigenes Einkommen und Vermögen dauerhaft abgesichert ist.

Außerdem ist zu prüfen, ob der Unterhalt begehrende Ehehgatte auch allein mindestens einen Lebensstandard erreicht hat, den er ohne die Ehe erreicht hätte.

Hier kommen nach der Anrechnungsmethode des § 1573 Abs. 5 S 2 zu den 13 Ehejahren noch ca. 7 Jahre der Kinderbetreuung. Hier hat der BGH nun trotz einer anzunehmenden 20-jährigen Anrechnungszeit im vorliegenden Fall das Vorliegen der ausschliessenden Gründe festgestellt. Daher habe das OLG den Unterhalt zu Recht befristet.

Urteil vom 28. Februar 2007 XII ZR 37/05

AG Hamm – Entscheidung vom 18.02.2004 – 3 F 150/02 ./. OLG Hamm – Entscheidung vom 14.01.2005 – 11 UF 59/04

01
Mär
07

BGH: Kindesuntehalt und Wechselmodell

Immer häufiger kommt es vor, dass Eltern nach der Trennung sich die Erziehung der Kinder teilen. Das Wechselmodell ist zwischenzeitlich auch wissenschaftlich begleitet und evaluiert worden. Unter der Überschrift „Beide Eltern den Kindern“ zieht so eine neue Realität in die Ausübung der elterlichen Sorge und die Wahrnehmung der hierus erwachsenden Pflichten ein.

Problematisch wird das Ganze, wenn nun das Wechselmodell mit den Ansprüchen auf Kindesunterhalt zusammentrifft.

Das Unterhaltsrecht geht nämlich davon aus, dass das Kind einen Bedarf an Betreuung und Erziehung und einen solchen an Finanzmitteln hat. In der „intakten“ Familie steuern das beide Elternteile nach ihren Kräften bei.

In der Trennungssituation fällt dieses normalerweise auseinander, und so hat der Gesetzgeber postuliert:

„1612a Art der Unterhaltsgewährung bei minderjährigen Kindern
(1) Ein minderjähriges Kind kann von einem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt, den Unterhalt als Vomhundertsatz des jeweiligen Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung verlangen.“

Der andere Elternteil erbringt seine Unterhaltsleistungen durch so genannten Naturalunterhalt, eben die beschriebenen Erziehungs- und Betreuungsleistungen.

Beim Wechselmodell fällt nun aber gerade diese klare Trennung der Betreuung und der Zahlungspflicht weg – jeder Elternteil betreuut idealerweise die hälftige Zeit. Wer zahlt nun wieviel Unterhalt – und wie bemisst sich hier der Unterhaltsbedarf?

Diese Fragen hatte der BGH in einem jetzt entschiedenen Fall zu beantworten:

Die Familie A besteht aus 5 Personen. Die Eltern leben getrennt, die älteste Tochter ist zwischenzeitlich 20 Jahre alt, außerdem sind da noch zwei Mädchen, die Zwillinge, diese sind 1991 geboren.

Die Eltern haben sich hinsichtlich der Betreuung der Kinder auf ein Wechselmodell verständigt, wobei dieses nicht in Reinform praktiziert wird. Die elterliche Sorge üben sie gemeinsam aus.

Die älteste Tochter lebt nämlich überwiegend beim Vater, die beiden Jüngeren mehr bei der Mutter. Hierbei verhält es sich aber so, dass die Mädchen von Mittwochabend bis Montagmorgen beim Vater leben, am Montag zuerst die Schule besuchen und danach in den Haushalt der Mutter wechseln, wo sie dann bis zum Mittwochabend der darauffolgenden Woche verbleiben. Die Schulferien sind zwischen den Eltern hälftig aufgeteilt.

Das führt dazu, dass auf den Vater rechnerisch ein Betruungsanteil für die Zwillinge von 36 % entfällt.

Das ist mehr, als gemeinhin für Umgangskontakte angesetzt wird.

In dem nun entschiedenen Verfahren nahmen die Zwillinge ihren Vater auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch.

Das Familiengericht hat den Vater zur Zahlung von je EUR 142,00 monatlich im Voraus verurteilt.

Das Oberlandesgericht hat sich das vereinbarte Wechselmodell näher angesehen und kam zu dem Ergebnis, dass beide Elternteile den Zwillingen gegenüber barunterhaltspflichtig seien. In strikter Anwendung der oben zitierten Vorschrift.

Das hat Auswirkungen auf die Berechnung des Unterhaltsbedarfes:

„§ 1610 Maß des Unterhalts
(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).

(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.“

Nun haben die Kinder keine eigene Lebensstellung erreicht, sondern leiten diese von den Eltern ab.
Hieraus folgt nun, dass der Unterhaltsbedarf aus den Einkommen beider Eltern zu bestimmen ist, dass also sowohl das Einkommen der Mutter als auch das des Vaters zusammengerechnet werden müssen. Hinzu kommt dann noch, dass wegen der beiden Wohnungen auch noch die erhöhten Wohnkosten beim Vater bedarfsprägend in die Berechnung einzustellen sind.

Dieser Bedarf ist dann anteilig entsprechend der Einkommensverhältnisse der Eltern unter ihnen aufzuteilen.

Damit ist aber erst die Hälfte der Berechnung geschafft:

Naturalunterhalt und Barunterhalt sind gleichwertig zu betrachten: Daher sind die im ersten Schritt ermittelten Anteile um den Betrag zu kürzen, der auf die jeweils auf den Elternteil entsprechenden Betreuungsleistungen entfällt. Nur der die Betreuungsleistung übersteigende Betrag kann als Barunterhalt verlangt werden.

Aus diesem Grunde schuldet nach Ansicht des OLG der Vater keinen höheren Unterhalt als wie vom Amtsgericht ausgeurteilt.

Der Vater ging hiergegen in Revision – und hatte damit keinen Erfolg.

Der Bundesgerichtshofs hat nämlich festgehalten, dass nur dann über eine andere Verteilung sich Gedanken gemacht werden müssen, wenn tatsächlich sich die Betreuungsanteile in etwa die Waage halten.

Dies sei hier bei einer errechneten Quote von 2/3 zu 1/3 noch nicht der Fall. Von daher verbleibt es nach dem BGH auch hier bei dem Grundsatz, dass der Elternteil, der in der Erziehung und Betreuung die Hauptverantwortung trägt, seiner Unterhaltspflicht durch die Gewährung von Naturalunterhalt nachkommt.

Der andere Elternteil ist dann alleine barunterhaltspflichtig. Der Bedarf hierfür errechnet sich aus den Einkommens- und Vemögensverhältnissen dieses Elternteiles.

So hat das Gericht ausgeführt: „ Diese Aufteilung von Bar- und Betreuungsunterhalt ist so lange nicht in Frage zu stellen, wie das deutliche Schwergewicht der Betreuung bei einem Elternteil liegt, dieser mithin die Hauptverantwortung für ein Kind trägt. Das ist grundsätzlich auch dann der Fall, wenn sich ein Kind im Rahmen eines über das übliche Maß hinaus wahrgenommenen Umgangsrechts bei einem Elternteil aufhält und sich die Ausgestaltung des Umgangs bereits einer Mitbetreuung annähert.“

Zur Beantwortung der Frage, ob ein Elternteil die Hauptverantwortung für ein Kind trägt, müssen mehrere Gesichtspunkte betrachter werden. Der zeitlichen Komponente der von ihm übernommenen Betreuung kommt hier freilich indizielle Bedeutung zu. Die Beurteilung beschränkt sich aber nicht hierauf allein. Das heisst, dass in der Praxis der Einzelfall genau betrachtet werden muss, die Abmessung nur nach reiner Zeitabrechnung wird der tatsächlich anfallenden Betreuungsleistung nicht gerecht.

Abschließend hat das Gericht noch darauf hingewiesen, dass im Falle der Berechnung der hier klagenden Kinder die Betreuungsleistung hinsichtlich der älteren Schwester nicht zu beachten ist.

Dies ergibt sich schon aus der Systematik des Unterhaltsrechtes, wonach jedes Kind einen eigenen Anspruch gegen die Eltern hat – unabhängig erst einmal von den Ansprüchen der Geschwister.

Für die ältere Schwester erbrachte der Vater also Naturalunterhalt – wenigstens bis sie 18 war, das Verfahren ging ja nun ein paar Jahre – die Mutter war hier barunterhaltspflichtig. Eine wie auch immer geartete Verrechnung mit den anderen Ansprüchen ist nicht möglich.

Urteil vom 28. Februar 2007 – XII ZR 161/04

AG Bamberg – Entscheidung vom 4.12.2003 – 1 F 1176/03 ./. OLG Bamberg – Entscheidung vom 27.7.2004 – 2 UF 25/04

15
Feb
07

BGH zur Frage, welcher Ehegatte wohl gemeint war

Frau A war in erster Ehe mit Herrn B verheiratet gewesen. Während dieser Ehe, im Jahre 1979 schloss sie eine Rentenversicherung ab. In den Versicherungsbedingungen war vereinbart worden, dass bei Tod der Frau A die Beiträge an eine bezugsberechtigte Person rückzugewähren seien. Im Versicherungsantrag hatte sie dann „Ehegatte der versicherten Person“ angegeben.

Im Jahre 1985 wurde die Ehe der Frau A dann geschieden. 1993 heiratete sie dann den Herrn A. Im Jahre 1994 verstarb dann Frau A.

Die Versicherungsgesellschaft zahlte dann Versicherungsleistungen in Höhe von EUR 6.255,02 aus – an den Herrn B.

Herr A konnte das nicht einsehen. Es war doch der Ehegatte als bezugsberechtigte Person eingetragen. Und das war nunmal er und nicht der Herr B. Dessen Ehe war doch 9 Jahre zuvor schon geschieden geworden.

So verlangte Herr A von der Versicherung, dass sie den Betrag an ihn auszuzahlen habe. Er blieb aber in allen Instanzen erfolglos.

Das Gericht hat die allgemeinen Regeln des ersten Buches des BGB angewendet.

So musste gegenüber der Versicherungsgesellschaft ein Bezugsberechtigter benannt werden. Dies erfolgt durch eine Willenserklärung. Diese ist empfangsbedürftig. Im Gegensatz zu beispielsweise einem Vetrag ist diese Willenserklärung eine einseitige.

Praktisch bedeutet das, dass der Absender der Erklärung diese auf den Weg bringen muss und diese Erklärung dann beim Empfänger ankommt.

Im konkreten Fall wird also der Bezugsberechtigte durch die Benennung benannt.

Es ist bei solchen Versicherungsverträgen durchaus möglich, dass eine einmal erfolgte Benennung geändert werden soll.

Dies erfolgt dann in der selben Weise – also durch eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung.

Bleibt noch zu klären, wessen Inhalt die Erklärung ist. Dies erfolgt ebenfalls nach den allgemeinen Regeln durch Auslegung.

Hier ist auf das Verständnis des Empfängers abzustellen, und zwar im Zeitpunkt der Abgabe, oder genauer, des Zuganges der Willenserklärung. Dies war hier im Jahre 1979 – und damals war Frau A mit Herrn B verheiratet. Die Versicherungsgesellschaft musste also die Erklärung so verstehen, dass der Herr B gemeint sei.

Hieraus folgt nun, dass bei einer Scheidung nicht zwangsläufig die Benennung unwirksam wird. Es ist auch nicht so, dass eine solche Erklärung dahingehend verstanden werden kann, dass damit der derzeitige Ehegatte gemeint sein könnte.

Praktisch bedeutet dies, dass im Falle einer Trennung und/oder Scheidung nicht vergessen werden darf, dass gegebenenfalls Versicherungen auf die bisherigen Bezugsberechtigungen überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.

Urteil vom 14. Februar 2007 – IV ZR 150/05

LG Wiesbaden – Entscheidung vom 26.4.2005 – 2 O 251/03 ./. OLG Frankfurt am Main – Entscheidung vom 1.6.2006 – 3 U 176/04

15
Feb
07

BGH: Eingetragene Lebenspartnerschaft darf gegenüber der Ehe bei der Altersversorgung benachteiligt werden.

Der BGH hat mit Urteil vom 14.02.2007 entschieden, dass bei der Altersversorgung im öffentlichen Dienst die Benachteiligung der eingetragenen Lebenspartnerschaft gegenüber der Ehe rechtens sei.

Herr A ist seit 1977 im öffentlichen Dienst beschäftigt. Seit 2001 lebt er in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft.

Er begehrte daher von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, wie ein verheirateter Arbeitnehmer behandelt zu werden. Zum 01. Januar 2002 war die Zusatzversorgung auf ein Betriebsrentensystem umgestellt worden.

Wenn die Versorgungsanstalt dem Ansinnen Folge geleistet hätte, wäre die Folge hieraus gewesen,dass die bisher zurückgelegten Anwartschaften unter Zugrundelegung der Steuerklasse III/0 zu berechnen gewesen wären. Außerdem bestünde die Möglichkeit, dass dem überlebenden Lebenspartner im Todesfalle eine Hinterbliebenenrente zu gewähren wäre.

Die Versorgungsanstalt lehnte ab. Herr A blieb jetzt in allen Instanzen erfolglos.

Dies hat mehrere Gründe:

Zunächst einmal hat das Gericht die Tarifverträge genauer betrachtet. Es stellte hierbei klar, dass in den Tarifverträgen keine Rechte eingetragener Lebenspartner vorgesehen sind. Diese Tarifverträge sind aber die Grundlage der Satzung der Versorgungsanstalt.

Zu den Tarifvertragsparteien gehören Bund, Länder und Gemeinden. Es handelt sich ja um einen Fall aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes.

Das Lebenspartnerschaftsgesetz war den Tarifvertragsparteien bei Abschluss des Tarifvertrages bestens bekannt. Gleichwohl haben sie bewusst davon abgesehen, hier die verheirateten Arbeitnehmer den in Lebenspartnerschaft lebenden gleichzustellen.

Damit ist die Prüfung aber noch nicht beendet.

Vielmehr kommt noch durchaus ein Verstoß gegen das Grundgesetz oder europäisches Recht in Frage. Schließlich ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz zu beachten, das seit dem vergangenen Sommer Diskriminierungen verhindern sollte.

Hinsichtlich des Grundgesetzes kommt eine Anknüpfung an Artikel 6 GG in Betracht. Hier verhält es sich aber gerade so, dass das Grundgesetz eine Bevorzugung der Ehe durchaus zulässt. Und über die Unterschiede, warum Lebenspartnerschaft gerade nicht Ehe sein durfte, war nicht zuletzt im Gesetzgebungsverfahren hiermit begründet worden.

Bleibt also noch europäisches Recht:

Hier hat das Gericht zunächst ausgeführt, dass die Satzung der Versorgungsanstalt an den Familienstand anknüpfe. Sodann waren die Art. 141 EG und die Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000 zu prüfen. Hierzu liegt bereits Rechtsprechung des EuGH vor. Hieraus ergibt sich der Umstand, dass die Ehe durchaus gegenüber anderen Formen des Zusammenlebens bevorzugt werden dürfe. Dies folgt aus einem allgemeinen gesellschaftlichen Anliegen, nämlich die Sicherung des Generationenvertrages.
Fortpflanzung und Erziehung eigenen Nachwuchses sichert die Zukunft nicht nur der Familie sondern im Ganzen betrachtet auch die Zukunft der Gesellschaft. Nachdem die Gerichte den Ort für Fortpflanzung und Erziehung vorrangig in der Ehe gesehen haben, darf sie im Hinblick hierauf auch bevorzugt werden.

Weil hier schon Rechtsprechung des EuGH vorliegt, war der BGH auch nicht gehalten, eine Vorlage an den EuGH zur Beantwortung dieser Frage zu richten.

Außerdem würde die Satzung aufgrund der Anknüpfung eben an den Familienstand und nicht an die sexuelle Ausrichtung keine Diskriminierung des Herrn A darstellen. Dies gelte sowohl für den Maßstab des AGG wie auch für die dem nationalen Recht zugrunde liegenden Richtlinie.

Der BGH hat hier den Unterschied zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft weiter zementiert.

Ob diese Rechtsprechung vor allem im Lichte der aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen dauerhaften Bestand haben wird, wird sich zeigen.

Urteil vom 14. Februar 2007 – IV ZR 267/04

LG Karlsruhe – Urteil vom 26.3.2004 – 6 O 968/03 ./. OLG Karlsruhe – Urteil vom 21.10.2004 – 12 U 195/04




Rechtsanwalt und Mediator Roland Hoheisel-Gruler

Kanzlei bei der Hedinger Kirche Josefinenstraße 11/1 72488 Sigmaringen Tel.: 07571/52227 FAX: 07571/50285 Zweigstelle Biere August-Bebel-Straße 26a 39221 Biere Tel.: 039297/23370 Fax.: 039297/23371
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