Archiv für Januar 2007

31
Jan
07

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Regelung der Erbschaftsteuer in jetziger Form nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Das Bundesverfassungsgericht hat in einer heute veröffentlichten Entscheidung die lange erwartete Klarheit zur Erbschaftssteuer geschafften.

Die durch § 19 Abs. 1 ErbStG angeordnete Erhebung der Erbschaftsteuer ist mit dem Grundgesetz unvereinbar, da sie mit einheitlichen Steuersätzen auf den Wert des Erwerbs abstellt, obwohl die Werte unterschiedlich ermittelt werden.

Der Bundesfinanzhof hatte dem Gericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob die Anwendung des einheitlichen Steuertarifs gemäß oben genannter Vorschrift auf alle Erwerbsvorgänge verfassungswidrig ist, weil die Ausgestaltung der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage bei verschiedenen Vermögensarten unterschiedlich ist.

Grundsätzlich darf der Staat Steuern auf den schenkweisen Erwerb oder den Erwerb im Zuge einer Erbschaft erheben. Der Gesetzgeber hat sich dazu entschieden, den anfallenden unentgeltlichen Vermögenszuwachs mit einer Steuer zu belegen. Dies nennen wir die Belastungsgrundentscheidung.

Diese ist an Artikel 3 Grundgesetz zu messen – nämlich im Hinblick auf die Bewerung der unterschiedlichen Vermögensarten.

Das Gesetz differenziert zunächst nicht zwischen Erbschaft und Schenkung. Von daher ist es unerheblich, ob das Vermögen zu Lebzeiten oder von Todes wegen übergeht. Im § 19 I ErbStG ist nun ein Prozentsatz des Erwerbs als der Steuertarif bestimmt. Es wird allenfalls nach den Verwandtschaftsgraden abgestuft in drei Steuerklassen unterschieden. Für alle steuerpflichtigen Erwerbsvorgänge wird einheitlich nach dem Wert des Erwerbs besteuert. Aus welchen Vermögensarten sich Nachlass oder Schenkung zusammensetzen, ist daher nicht von Belang.

Kein Problem bereitet dies bei reinen Geldbeträgen. Alle anderen Vermögensarten müssen aber zunächst in einen Geldwert umgerechnet werden. Hierfür bedarf es einer Bewertungsmethode, um die Bemessungsgrundlage zu erhalten.

Das Gesetz enthält die Bestimmung, dass dies nach dem Bewertungsgesetz zu erfolgen habe. Daraus folgt aber nun, dass gerade keine einheitliche Bewertung erfolgt.

Normalerweise wird der so genannte gemeine Wert in Ansatz gebracht. Darunter ist der Verkehrswert zu verstehen. Anderes gilt aber bei wirtschaftlich sehr wichtigen Vermögensarten.

Vier verschiedene Ausprägungen stehen zur Disposition:

Die Betriebsvermögen
Das Grundvermögen
Die Anteile an Kapitalgesellschaften
land- und forstwirtschaftliche Vermögen.

Das Gericht führte im Einzelnen dazu aus :

Beim Betriebsvermögen werden weitgehend die Steuerbilanzwerte übernommen. Dadurch wird aber strukturell gerade die Annäherung an den gemeinen Wert verhindert. Dies führt zu Besteuerungsergebnissen, die mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar sind. Gerade ertragsstarke Unternehmen werden daher deutlich „unter Wert“ in die Berechnung eingestellt.

Die Grundvermögen werden gleichfalls schon auf der Bewertungsebene Ungleichheiten hergestellt, die mit dem Grundgesetz nicht in Einklang zu bringen sind. Dies hat das Gericht sowohl für bebaute als auch für unbebaute Grundstücke festgestellt. Gleiches gilt für die Bewertung von Erbbaurechten und von mit Erbbaurechten belasteten Grundstücken, mit der Maßgabe, dass hier auf die bis zum 31.12.2006 geltende Rechtslage abgestellt wurde.

Auch die Anteile an Kapitalgesellschaften werden dem Gericht zufolge derzeit in einer Art und Weise bewertet, dass der ermittelte Wert deutlich hinter dem gemeinen Wert zurückbleibt.

Schließlich ist für den Betriebsteil land- und forstwirtschaftlicher Betriebe die Bewertung nach dem Ertragswertverfahren vorgesehen. Auch hier liegt schon strukturell ein nicht hinnehmbares Missverhältnis zum gemeinen Wert vor.

Das Gericht hat es aber für geboten erachtet, die Anwendung der gleichheitswidrigen Regelung weiter zuzulassen. Es hat aber dem Gesetzgeber Frist bis zum Jahresende 2008 gesetzt, den grundgesetzwidrigen Zustand zu beseitigen.

Hier hat das Gericht dem Gesetzgeber deutliche Vorgaben gemacht: Dieser ist nun auf der Bewertungsebene gehalten, sich einheitlich am gemeinen Wert zu orientieren.

Dies bedeutet zunächst eine deutlich höhere Bewertung der oben genannten Vermögensarten wie bisher.

Das Gericht hat es aber für verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet, dass in einem weiteren Schritt dann mit Hilfe von Verschonungsregelungen der Erwerb bestimmter Vermögensgegenstände begünstigt wird.Die Begünstigungswirkungen müssen, so schreibt das Gericht dem Gesetzgeber deutlich in die Agenda, ausreichend zielgenau und innerhalb des Begünstigtenkreises möglichst gleichmäßig eintreten.Außerdem müssen hier ausreichende Gemeinwohlgründe vorliegen, die eine solche Begünstigung rechtfertigen.

Das Gericht hat dem Gesetzgeber freie Wahl darin gelassen, welche Wertermittlungsmethode er wählt. Es muss aber gewährleistet sein, dass in einem ersten Schritt der Verkehrswert zumindest annäherungsweise erreicht wird.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verletzung des Gleichheitssatzes im Wesentlichen nämlich darin gesehen, dass, wenn der Gesetzgeber sich schon bei der Bewertung auf andere Bewertungsmaßstäbe zurückzieht, er sich von seiner Grundentscheidung hinsichtlich der Belastung löst. Damit seien bereits strukturell Brüche und Wertungswidersprüche im gesamten Regelungssystem angelegt worden.

Dem Gesetzgeber steht damit also eine große Herausforderung ins Haus.

27
Jan
07

Vater werden ist nicht schwer

… sagt ein altes Sprichwort. Das Verwaltungsgericht in Stuttgart hatte jüngst einen Fall zu entscheiden, bei dem das Kind gleich zwei Väter hatte.

Die Ausgangssituation ist gar nicht so selten und kommt oftmals dann vor, wenn eine Ehe gescheitert ist, die Frau sich einem neuen Lebensgefährten zugewandt hat und aus dieser Beziehung ein Kind hervorgeht – bevor die Ehe rechtskräftig geschieden ist.

Am 14.02. 2002 kam das Kind K auf die Welt. Es hatte eine Mutter, Frau A.

In § 1591 BGB lesen wir : „Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat.“

Diese war mit Herrn A verheiratet. Und nun kommt der § 1592 Nr. 1 ins Spiel: „Vater eines Kindes ist der Mann,

1.der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist“

Da haben wirs. Herr A war der rechtliche Vater, der biologische Vater aber war Herr B. Mit diesem zog Frau A zwei Wochen nach der Geburt des Kindes in eine gemeinsame Wohnung.

Nach einem weiteren Monat sprach Frau A auf dem Sozialamt vor. Ihr wurde geraten, Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz zu beantragen. Die Mitarbeiterin des Sozialamtes war ihr beim Ausfüllen der Antragsformulare behilflich.

Das Unterhaltsvorschussgesetz bezweckt die Sicherung des Unterhalts von Kindern allein stehender Mütter und Väter. Einen Anspruch auf Unterhaltszahlung nach diesem Gesetz kann ein Kind haben, wenn es sein zwölftes Lebensjahr noch nicht vollendet hat, bei nur einem Elternteil lebt und nicht oder nicht regelmäßig Unterhalt von dem anderen Elternteil erhält.

Ein Anspruch besteht allerdings nicht, wenn die Mutter sich weigert, bei der Feststellung der Vaterschaft mitzuwirken. Die Vaterschaft kann auch gerichtlich festgestellt werden. Der Umfang der Unterhaltsleistung beträgt je nach Alter der Kindes zwischen EUR 127,00 und EUR 170,00 monatlich. Die Dauer der Leistungen der Unterhaltsvorschusskasse ist auf sechs Jahre begrenzt.

Der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den anderen Elternteil geht auf das Land, das ja jetzt für das Kind Unterhaltsvorschuss bezahlt über und wird dann von diesem weiter verfolgt.

„§ 7 Übergang von Ansprüchen des Berechtigten
(1) Hat der Berechtigte für die Zeit, für die ihm die Unterhaltsleistung nach diesem Gesetz gezahlt wird, einen Unterhaltsanspruch gegen den Elternteil, bei dem er nicht lebt, oder einen Anspruch auf eine sonstige Leistung, die bei rechtzeitiger Gewährung nach § 2 Abs. 3 als Einkommen anzurechnen wäre, so geht dieser Anspruch in Höhe der Unterhaltsleistung nach diesem Gesetz zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf das Land über.“

Die Mitarbeiterin hatte demnach auch die Frage nach dem Vater zu stellen, schließlich will das Land sein Geld ja wieder zurück haben.

Die Frage wurde im Antragsformular auch richtig beantwortet, ganz wie es uns der § 1592 Nr. 1 BGB gelehrt hat: Vater ist Herr A – Herr B kam demzufolge im Formular auch gar nicht vor.

So wurden die Leistungen bewilligt und auch bezahlt.

Im Februar 2004 folgte dann die Scheidung der Eheleute A. Im Zuge dieses Verfahrens wurde auch die Vaterschaft des Herrn A erfolgreich angefochten, im Urteil vom 14.05.2004 wurde festgestellt, dass Herr A nicht der Vater des Kindes K ist.

Damit war das Kind vaterlos. Denn im BGB findet sich der biologisch korrekte Satz: „Vater ist, wer das Kind gezeugt hat. “ eben nicht.

Erst am 09. Dezember wurde durch Anerkennung der Vaterschaft Herr B nicht nur zum biologischen sondern auch zum rechtlichen Vater von K.

Bereits im November erfuhr die Unterhaltsvorschusskasse von der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung.

Die Leistungen an die Mutter wurden daraufhin eingestellt. Denn es gilt der § 1 Absatz 3 des Unterhaltsvorschussgesetzes, wonach keine Leistungen gewährt werden, wenn die Eltern des Kindes zusammenleben.

Dem war aber noch nicht genug. Der Landkreis forderte nun die bereits gewährten Leistungen zurück, die in der Zeit vom 01.03.2002 bis November 2004 gewährt worden waren. Dies war die stattliche Summe von EUR 2518,00.

Der Landkreis begründete sein Rückforderungsbegehren damit, dass in der fraglichen Zeit die Voraussetzungen zur Leistungsgewährung nicht vorgelegen haben, da die Mutter mit dem Vater währdend dieser Zeit zusammengelebt habe.

Dagegen erhob Frau A Klage beim Verwaltungsgericht in Stuttgart.

Das Gesetz hat der Klage stattgegeben.

Auf die Frage, ob die Klägerin bei der Antragstellung falsche Angaben gemacht habe, komme es nicht an.

Wie wir bereits gesehen haben, waren die Angaben korrekt – der Vater im Rechtssinne war angegeben worden.
Die Tatsache, dass Frau A mit dem Herrn B zusammengezogen war, hat sie nach Meinung des Gerichtes auch nicht pflichtwidrig verschwiegen. Der sei ja damals noch gar nicht der Vater gewesen.

Die Bedarfsgemeinschaft wurde ja auch erst später erfunden.

Es führt weiter dazu aus, dass die Voraussetzungen für die Rückforderung nicht gegeben waren. Zwar habe Frau A mit Herrn B zusammengelebt, aber eben keinen Hausstand mit dem anderen Elternteil begründet.

Vater sei in dieser Zeit immer noch der Herr A gewesen. Zwar sei dessen Vaterschaft durch die Anfechtung beseitigt worden, Herr B ja dadurch aber nicht automatisch Vater geworden.

Vater ist er nach Auffassung des Gerichtes erst seit dem 09.12.2004.

Das Verwaltungsgericht kommt hier daher zu dem Schluß, dass die Rechtswirkungen der Anerkennung der Vaterschaft bzw. einer gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft wie hier erst von dem Zeitpunkt an geltend gemacht werden könnten, zu dem die Anerkennung wirksam werde. Es schließt daher : Eine Alleinerziehende hat Anspruch auf Unterhaltsvorschuss, auch wenn sie mit dem leiblichen Vater ihres Kindes zusammenlebt – solange dieser eben noch nicht Vater im Rechtssinne geworden ist.

Das Urteil (Az.: 9 K 3620/06) ist nicht rechtskräftig.

Bedenken könnten hier allenfalls darin bestehen, wie die Norm des § 5 auszulegen ist. Dieser regelt die Rückforderungsvoraussetzungen:

㤠5
Ersatz- und Rückzahlungspflicht
(1) Haben die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsleistung in dem Kalendermonat, für den sie gezahlt worden ist, nicht oder nicht durchgehend vorgelegen, so hat der Elternteil, bei dem der Berechtigte lebt, oder der gesetzliche Vertreter des Berechtigten den geleisteten Betrag insoweit zu
ersetzen, als er
1. die Zahlung der Unterhaltsleistung dadurch herbeigeführt hat, dass er vorsätzlich oder fahrlässig falsche oder unvollständige Angaben gemacht oder eine Anzeige nach § 6 unterlassen hat, oder
2.gewusst oder infolge Fahrlässigkeit nicht gewusst hat, dass die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsleistung nicht erfüllt waren.

Fraglich ist nun, ob die Voraussetzungen nun vorgelegen hatten oder nicht.

Nach der sauberen Subsumtion des Gerichtes lagen sie im Zeitpunkt der jeweiligen Gewährung vor: Vater war Herr A, Herr B hatte mit der Sache überhaupt nichts zu tun – von dem biologischen Aspekt einmal abgesehen.

Beachtenwert wäre aber § 1613 Absatz 2 Nr. 2 a) des BGB:

„(2) Der Berechtigte kann für die Vergangenheit ohne die Einschränkung des Absatzes 1 Erfüllung verlangen

2.für den Zeitraum, in dem er
a)aus rechtlichen Gründen oder
b) …
an der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gehindert war.“

Durch die Anerkennung der Vaterschaft oder durch gerichtliche Vaterschaftsfeststellung erhält das Kind seinen biologischen Vater zum Vater im Rechtssinne. Davor war das Kind aus rechtlichen Gründen daran gehindert, gegen ihn Unterhaltsansprüche geltend zu machen – wegen dem § 1601 BGB . „Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren“ – und verwandt ist das Kind mit seinem Vater über § 1592 BGB.

Durch die Vorschrift im § 1613 BGB entbindet es ihn aber nicht, Unterhalt ab der Geburt zu bezahlen.

Dies sind im Unterhaltsrecht die Fälle des so genannten Scheinvaterregresses.

Wie bereits oben näher ausgeführt, begründen Ehe, Anerkennung oder gerichtliche Feststellung den Status als Vater und Kind, ohne daß die biologische Abstammung ein Element des Statustatbestands wäre. Aus dem Status ergibt sich eine Sprerrwirkung sowohl für die Behauptung einer anderen Abstammung als auch für das Bestreiten der bestehenden Abstammung. Nur die Anfechtung kann den Status ändern.

Diese Sperre hindert aber gerade nichts daran, dass nach erfolgreicher Anfechtung für den zurückliegenden Zeitraum alle Folgerungen aus dem veränderten Status, besonders bezüglich der Unterhaltspflicht,gezogen werden können.

Erman nennt in seinem Kommentar folgende Fundstellen : Gernhuber/Coester-Waltjen § 51 VIII 1; MüKo/Mutschler, 3. Aufl § 1593 aF Rz 31; Soergel/Gaul § 1593 aF Rz 33f; Düsseldorf FamRZ 1991, 1457

Folgt man der Argumentation des Landkreises, so kann durchaus die Wirkung der Statusänderung ex tunc gesehen werden. Damit hätten die Voraussetzungen tatsächlich nicht vorgelegen, auch wenn es damals einen anderen Anschein gehabt hätte.

Dann wären die Rechtsfolgen schon von vorneherein existent gewesen. Diese Argumentation findet durchaus ihre Stütze in der oben zitierten Literatur.

Allerdings könnte das Problem vielleichz auch so gelöst werden, dass der Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber seinem leiblichen Vater ab Geburt auf das Land übergegangen ist.
Schließlich gibt § 7 Abs. 2 des Unterhaltsvorschussgesetzes die notwendige Hilfestellung:

„(2) Für die Vergangenheit kann der in Absatz 1 bezeichnete Elternteil nur von dem Zeitpunkt an in Anspruch genommen werden, in dem
1. die Voraussetzungen des § 1613 des Bürgerlichen Gesetzbuches vorgelegen haben …“

Das wäre der Herr B.

Nachdem das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, darf man gespannt sein, ob und wie die Geschichte weitergeht.

27
Jan
07

Bundesverfassungsgericht zu Zwangsmitgliedschaft in der Jagdgenossenschaft (2)

Herr A konnte und wollte es nicht mit seinem Gewissen vereinbaren, dass auf seinen Grundstücken gejagt wird. Er wollte deswegen auch nicht Mitglied der örtlichen Jagdgenossenschaft sein. Ausführlich ist der Fall bereits in der ersten Folge geschildert worden.

In dieser Folge soll zunächst die rechtliche Einordnung vorgenommen werden. Hier steht am Anfang die Frage, was das Jagdrecht überhaupt beinhaltet – und was das Ganze mit dem Grundeigentum des Herrn A zu tun hat.

Die Antwort hierauf gibt uns fürs erste der § 1 des Bundesjagdgesetzes. Hier kann man im Absatz 1 im ersten Satz lesen:

„Das Jagdrecht ist die ausschließliche Befugnis, auf einem bestimmten Gebiet wildlebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen, (Wild) zu hegen, auf sie die Jagd auszuüben und sie sich anzueignen.“

Es ist also zunächst eine ausschließliche Befugnis. Dann definiert das Gesetz, was unter Wild zu verstehen ist. § 2 BJagdG enthält eine abschließende Liste derjenigen Tierarten, die als Wild gelten.

Das Jagdrecht beinhaltet nach obiger Vorschrift also dreierlei : nämlich die Befugnis zu hegen, zu jagen und das Aneignungsrecht.

Die nächste Frage ist nun, wem dieses Recht zusteht – und was unser Herr A damit zu tun hat.

Die Antwort hierauf finden wir in § 3 BJagdG:

Hier steht an erster Stelle: „Das Jagdrecht steht dem Eigentümer auf seinem Grund und Boden zu.“ Also ist Herr A Inhaber des Jagdrechts auf seinen beiden Grundstücken. Wieso das so ist, lesen wir im zweiten Satz: „Es ist untrennbar mit dem Eigentum am Grund und Boden verbunden.“ Untrennbar heisst, es ist ein Teil des Eigentumsrechtes. Es kann hiervon nicht losgelöst werden. Eine Einschränkung gibt uns noch Satz 3, wonach es auch als selbständiges dingliches Recht nicht begründet werden kann.

Dem war nicht immer so. Das Bundesverfassungsgericht geht auch in seiner Begründung auf die geschichtliche Entwicklung des Jagdrechtes ein.

Im Mittelalter stand das Jagdrecht dem König zu. Das Lehenssystem begünstigte die Entstehung von Landesherrschaften, die es mit den Zeitläuften verstanden, für sich selbst das Jagdrecht zu begründen. Es bestand ein so genanntes Regalsystem. Die Grundeigentümer waren von dem Jagdrecht ausgeschlossen.

Die Geschichtsbücher sind voll von Darstellungen, in denen der Streit um die Jagd immer wieder lokale Revolten auslöste.

In den zwölf Artikeln der oberschwäbischen Bauern von Memmingen 1525, einem wesentlichen Dokument zum Deutschen Bauernkrieg lesen wir:

„ 4. ist es unbrüderlich und dem Wort Gottes nicht gemäß, dass der arme Mann nicht Gewalt hat, Wildbret, Geflügel und Fische zu fangen. Denn als Gott der Herr den Menschen erschuf, hat er ihm Gewalt über alle Tiere, den Vogel in der Luft und den Fisch im Wasser gegeben.“

Dieses System überdauerte die Jahrhunderte bis zur Revolution von 1848. Im Zuge der durch die Revolution hervorgebrachten Veränderungen wurde in fast allen deutschen Staaten das landesherrliche Jagdrecht aufgehoben, Ausnahmen machten nur die beiden mecklenburgischen Staaten Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz. Im Zuge der 48-er Revolution wurde das Jagdrecht an das Grundeigentum gebunden.

Die Folge hiervon war, dass jeder auf seinem eigenen Grund und Boden jagen konnte. Dadurch wurden die Wildbestände innerhalb kürzester Zeit dezimiert. Es bestand sogar die Gefahr der partiellen Ausrottung. Darüber hinaus gerieten bäuerliche Betriebe, für die der Verkauf von Erträgen aus der jagdlichen Nutzung eine wesentliche Einnahmequelle bildeten, durch den rapiden Rückgang der Bestände in Existenznot.

So erließen die deutschen Staaten schon in den 50-er Jahren des 19. Jahrhunderts eigene Jagdgesetze. Die Bindung des Jagdrechtes an das Grundeigentum wurde beibehalten, das Jagdausübungsrecht wurde aber vom Jagdrecht getrennt. Dieses Jagdausübungsrecht ging dann entweder auf die Gemeinschaft der Grundeigentümer oder aber auf die Gemeinden über, welche es dann verpachten konnten.

Dieses System wurde bis heute beibehalten.

Das Jagdausübungsrecht ist in § 1 BJagdG definiert. Demzufolge erstreckt sich die Jagdausübung auf das Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Fangen von Wild. Das Recht zur Aneignung von Wild umfaßt auch die ausschließliche Befugnis, krankes oder verendetes Wild, Fallwild und Abwurfstangen sowie die Eier von Federwild sich anzueignen. Dieses Recht steht gleichfalls ausschließlich dem Jagdausübungsberechtigten zu.

Somit ist nun geklärt, dass Herr A Inhaber des Jagdrechtes auf seinem Grundeigentum ist. Wie er dieses Recht gebrauchen kann, sagt uns § 3 im Absatz 3 des Bundesjagdgesetzes:

„Das Jagdrecht darf nur in Jagdbezirken nach Maßgabe der §§ 4ff. ausgeübt werden.“

…… to be continued …….

25
Jan
07

Das Bundesarbeitsgericht zu der Frage, ob ein Wohnwagen eine Wohnung ist.

Herr A hat seinen Hauptwohnsitz in einem schönen Ort in Mecklenburg-Vorpommern. Der slawische Name der Ortschaft könnte mit „Ort des Trostes“ übesetzt werden. Seit1990 nun hat Herr A Arbeit bei einer Firma in Oldenburg gefunden – mehr als 300 Kilometer von seinem Wohnort entfernt. Er ist dort als Bauwerker eingesetzt. Während der Woche wohnte Herr A im Wohnwagen, die Wochenenden verbrachte er zuhause.

Ab Anfang Februar 2003 war sein Einsatzort eine Baustelle in Bremen. Er hängte deswegen seinen Wohnwagen an und fuhr mit ihm von dem Betriebsgelände der Niederlassung seines Arbeitgebers in Bad Bramstedt in die Heimatgemeinde Peter Suhrkamps, nach Hatten, 15 km von Oldenburg entfernt. Dort betrieb sein Arbeitgeber einen Betriebshof. Zur Baustelle waren es von hier ungefährt 50 km.

Mit der Arbeit gab es keine Probleme. Mit der Bezahlung aber schon. Herr A wollte nämlich von seinem Arbeitgeber Auslösung und Fahrtkostenabgeltung für seine Wochenendheimfahrten haben, solange er auf der Baustelle in Bremen eingesetzt war.

Der Anspruch hierfür findet sich im Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe vom 4. Juli 2002 (BRTV 2002). Hier ist geregelt, dass es einen Aufwendungsersatz gibt, wenn der Arbeitnehmer auf Arbeitsstellen außerhalb des Betriebs eingesetzt wird.

Diese zusätzlichen Leistungen sind laut BRTV an gewisse Voraussetzungen gebunden.

Für die Auslösung und die Fahrtkostenabgeltung gilt demnach folgendes: Die Arbeitsstelle muss mindestens 50 km vom Betrieb entfernt liegen. Der normale Zeitaufwand für den Weg von der Wohnung zur Arbeitsstelle muss außerdem mehr als 1 ¼ h betragen. Dann gibt es EUR 34,50 täglich und Fahrtkostenabgeltung.

Das Gericht stand nun vor der Frage, ob diese Voraussetzungen gegeben waren. Von seiner Heimatgemeinde zur Baustelle war es weit. Vom Wohnwagen aus gerechnet war der Zeitaufwand geringer als 1 ¼ h.

Als erstes Ergebnis der Überlegungen des Gerichtes lässt sich nun die Erkenntnis festhalten, dass Wohnung im tariflichen Sinne nicht der Hauptwohnsitz sein muss. Wenn der Arbeitnehmer wegen der weiten Entfernung zwischen der Wohnung und dem Betrieb eine weitere Wohnung für die regelmäßige Übernachtung und Verpflegung während der Woche unterhält, so ist diese weitere Wohnung als Wohnung im tariflichen Sinne anzusehen. Es spricht nichts dagegen, dass dies auch ein Wohnwagen sein kann.

Also war der Wohnwagen eine Wohnung im Sinne des Tarifvertrages.

Nach Auffassung des Gerichtes sprach nun auch nichts dagegen, wenn Herr A seinen Wohnwagen zwar ungefähr 50 km von der Arbeitsstätte entfernt, aber auf ein Betriebsgelände in der Nähe des Firmensitzes verbracht hatte.

Die Klage des Herrn A war in allen Instanzen erfolglos.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. Januar 2007 – 4 AZR 19/06 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 19. April 2005 – 12 Sa 2158/03 –

24
Jan
07

Bundesverfassungsgericht zu Zwangsmitgliedschaft in der Jagdgenossenschaft

Herr A ist aus Gewissensgründen gegen die Jagd. Von daher stößt er sich daran, dass er als Eigentümer zweier Grundstücke in der Gemeinde G des Landkreises T Mitglied der örtlichen Jagdgenossenschaft sein soll. Diese Zwangsmitgliedschaft lehnt er ab. Diese Mitgliedschaft ist im Bundesjagdgesetz geregelt.
Zunächst hatte er einen Antrag auf Entlassung aus der Jagdgenossenschaft gestellt. Das Landratsamt als untere Jagdbehörde hat dem jedoch nicht entsprochen. Daraufhin bemühte Herr A die Verwaltungsgerichte. Er wollte festgestellt haben, dass er nicht Mitglied in der Jagdgenossenschaft sei. In letzter Instanz hatte das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 14.April 2005 im Verfahren 3 C 31.04 die Klage abgewiesen und damit das Urteil des OVG Rheinland-Pfalz – vom 13.07.2004 – AZ: 8 A 10216/04.OVG bestätigt. Der amtliche Leitsatz des Urteils lautet : „Die im Bundesjagdgesetz festgelegte Zwangsmitgliedschaft kleinerer Grundeigentümer in einer Jagdgenossenschaft verletzt kein höherrangiges Recht.“

Gegen diese Entscheidung und mittelbar gegen die einschlägigen Bestimmungen des Bundesjagdgesetzes hat Herr A daraufhin Verfassungsbeschwerde eingelegt.

Er rügt die Verletzung seiner Grundrechte, nämlich die aus den Artikeln 2, 3, 4, 9 und 14 des Grundgesetzes, sowohl einzeln als auch in Verbindung mit den Artikeln 19, 20, 20 a GG.

Diese Artikel befassen sich mit dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, dem Gleichbehandlungsgrundsatz, der Glaubens- und Gewissensfreiheit, der Vereinigungsfreiheit und dem Eigentumsrecht. Dies einzeln und in Verbindung mit der Rechtsweggarantie, der Bindung der öffentlichen Gewalt an Recht und Gesetz sowie dem Staatsziel des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen und der Tiere.

Darüber hinaus sieht sich Herr A in einer Entscheidung des EuGH bestätigt und rügt daher die Verletzung europäischen Rechtes, so sieht er seine Rechte aus den Artikeln 25, 100, 101, I S2, 103 GG, Art 2 GG in Verbindung mit den Artikeln 9, 11, 14 der EMRK und des Artikels 1 des Zusatzprotokolles zur EMRK. Außerdem rügt er die Verletzung des Rechtsstaatsprinzips, des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, „des Übermaßgebotes“ und des Gebotes eines effektiven Rechtsschutzes.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, da ihr keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukomme.

Das Gericht hat darauf hingewiesen, dss es die grundlegenden verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden habe.

Außerdem hat das Gericht geprüft, ob ihre Annahme zur Durchsetzung der von dem Beschwerdeführer als verletzt gerügten Verfassungsrechte angezeigtv wäre – und hat diese Frage verneint. Die Verfassungsbeschwerde hatte auch keine Aussicht auf Erfolg, denn sie ist unbegründet.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Begründetheit der einzelnen Punkte ausführlich geprüft.

Ich werde daher, um dem Anspruch dieses blogs, das Recht verständlich darzustellen, gerecht zu werden, die entscheidungsrelevanten Punkte in einzelnen Beiträgen darstellen, da ansonsten der Rahmen hier gesprengt werden würde.

Ich bitte daher die Leserinnen und Leser um Verständnis und hoffe dafür auf rege und interessierte Leserschaft bei den Fortsetzungen.

24
Jan
07

Bundesarbeitsgericht: Die rückwirkende Begründung eines Altersteilzeitarbeitsvertrages

Herr A arbeitete in einem Forschungsinstitut. Im Oktober 2003 stellte er nun den Antrag, dass sein Arbeitgeber mit ihm ab Februar 2004 bis 30. September 2008 ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell vereinbaren solle.

Der Arbeitgeber lehnte dies aber ab. Nach den internen Planungen sollten die Ausgaben für Verwaltung und Infrastruktur „eingefroren“ werden. Mit den dadurch frei werdenden Mitteln sollte in anderen Bereichen investiert werden. Das Sparkonzept erlaube daher nicht, dass durch die Vereinbarung von Altersteilzeit Mehrkosten generiert werden. Im übrigen sei es so, dass der Tarifvertrag lediglich einen Rechtsanspruch auf einen auf zwei Jahre befristeten Altersteilzeitarbeitsvertrag begründe.

In dem vom Kläger gewünschten Blockmodell wird die Altersteilzeit in zwei Beschäftigungsphasen unterteilt.
In der ersten sogenannten Arbeitsphase bleibt die wöchentliche Arbeitszeit ungekürzt. In der zweiten Phase, der Freistellungsphase, wird die Arbeitszeit auf Null reduziert.

Über die Gesamtdauer der Altersteilzeit wird also eine Halbierung der Arbeitszeit erreicht.

Das Gericht musste sich zunächst über die Anspruchsgrundlage des Herrn A klar werden. Das Altersteilzeitgesetz selbst gibt dem Arbeitnehmer keinen Anspruch.

Im Gesetz sind im Wesentlichen die Voraussetzungen geregelt, welche Mindestbedingungen sowohl für die Förderleistungen der Bundesagentur für Arbeit als auch die Vergünstigungen nach sozialversicherungsrechtlichen Gesichtspunkten bestehen müssen.

Allerdings besteht die Möglichkeit, dass ein vertraglicher Anspruch besteht. Dieser kann sich auch aus dem Tarifvertrag ergeben.

Für den öffentlichen Dienst gibt es den „Tarifvertrag Altersteilzeit“. Dieser begründet für Arbeitnehmer ab Vollendung ihres 60. Lebensjahres gegenüber dem Arbeitgeber einen derartigen Anspruch.

Der vertragliche Anspruch bezieht sich auch auf die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses, welches durch den Zeitpunkt begrenzt wird, zu dem der Arbeitnehmer eine ungekürzte Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung beanspruchen kann.

Der Arbeitgeber kann hier nur aus dringenden betrieblichen oder dienstlichen Gründen ablehnen.

Herr A hatte also dank des Tarifvertrages einen vertraglichen Anspruchsgrund auf Abschluß des Altersteilzeitarbeitsvertrages.

Allerdings können wichtige betriebliche Gründe dem immer noch entgegenstehen. Das Gericht hatte also zu prüfen, ob die vom Arbeitgeber vorgebrachten Argumente hier als wichtige entgegenstehende Gründe zu werten waren.

Üblicherweise übersteigen die Aufwendungen, die einem Arbeitgeber mit einem Altersteilzeitvertrag entstehen, diejenigen, die bei einem üblichen Teilzeitarbeitsverhältnis anfallen.

Daher ist dieser Grund unbeachtlich.

Das Sparpaket, wonach der Anstieg von Personalkosten zugunsten der Investitionen eingefroren werden sollte, ist nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes kein hinreichender Grund.

Somit kam das Gericht zu dem Schluß, dass wenn der Arbeitnehmer seinen Anspruch rechtzeitig vor dem gewünschten Beginn der Altersteilzeit geltend gemacht hat, der Arbeitgeber verurteilt werden kann, dem Antrag auf Vertragsabschluss auch rückwirkend zuzustimmen.

BAG, Urteil vom 23. Januar 2007 – 9 AZR 393/06 –
Vorinstanz: LAG München, Urteil vom 13. Januar 2006 – 10 Sa 321/05 –

23
Jan
07

BGH: Die Verjährungsfrist bei Überleitungsfällen

Der Bundesgerichtshof hatte sich in einer neuen Entscheidung mit der Frage zu befassen, wie die Verjährung nach der Schuldrechtsreform zu berechnen ist.

Seit dem 01. Januar 2002 ist die Schuldrechtsmodernisierung in Kraft. In diesem Zusammenhang wurde das alte Verjährungsrecht umfassend geändert: Anstatt 30 Jahre beträgt die regelmäßige Verjährung nur noch 3 Jahre. Dafür hat der Reformgesetzgeber in § 199 BGB zwei weitere Voraussetzungen ins Gesetz geschrieben. Zum Einen beginnt die Frist mit dem Schluß des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Es ist also egal, ob dies am 01. Januar oder am 30. Dezember eines Jahres ist, Fristbeginn wäre in beiden Fällen der selbe.

Wesentlich wichtiger ist aber die Nummer 2 im Absatz 1 des § 199 BGB: Hier tritt neben die objektiven Voraussetzungen der Anspruchsentstehung noch ein weiteres – subjektives – Element.

Das bedeutet, dass die Verjährungsfrist erst in dem Jahr zu laufen beginnt, nachdem der Gläubiger Kenntnis erlangt hat, und zwar von den den Anspruch begründeten Umständen und der Person des Schuldners. Zur Erleichterung hat der Gesetzgeber diese Vorschrift noch dahingehend ergänzt, dass es für das subjektive Element ausreicht, wenn der Gläubiger die Kenntnis ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

Wie immer bei Reformgesetzen bedarf es gewisser Überleitungsvorschriften. Dies ist gerade hier bei einer so gravierenden Verkürzung von Fristen dringend notwendig.

Für die Verjährungsfristen hat dies der Gesetzgeber in den § 6 desArtikels 229 des EGBGB geschrieben.

Im konkreten Fall ging es nun um die Verjährung eines Bereicherungsanspruches. Die Kläger wollten sich eine Eigentumswohnung kaufen. Dafür erteilten sie der Frau B in einem Treuhandvertrag Vollmachten zum Abschluss sämtlicher hierfür notwendigen Verträge.

Frau B wurde daraufhin aktiv: Zunächst schloss sie im Jahre 1996 einen Darlehensvertrag zur Zwischenfinanzierung des Kaufpreises ab. Dieser Vertrag wurde dann abgelöst durch einen weiteren arlehensvertrag, den Frau B ebenfalls im Namen der Kläger abschloss. Nur bei Abschluss des Endfinanzierungsdarlehens lag der Beklagten eine notarielle Ausfertigung der umfassenden Vollmacht vor.

Frau B verfügte auch nicht über eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz. Diese hätte sie aber benötigt, um als Treuhänderin tätig zu werden.

Die Kläger wollten nun von Frau B das Geld zurück, das zur Ablösung des Zwischenfinanzierungskredites aufgewendet worden war.

Dieser Vertrag zur Zwischenfinanzierung war nichtig, denn er war unter Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz zustande gekommen. Dies ergibt sich aus § 134 BGB, der sagt, dass ein Rechtsgeschäft dann nichtig ist, wenn es gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Die Nichtigkeit erstreckt sich auch auf die Vollmacht. Dies hat der BGH schon mehrfach so entschieden.

Wenn das zugrundeliegende Schuldverhältnis nichtig ist, aber bereits Leistungen erbracht worden sind, werden wir ins Bereicherungsrecht verwiesen.

Da sagt der § 812 BGB, dass derjenige, der etwas durch Leistung von einem anderen ohne rechtliche Grund, erhalten hat, zur Herausgabe verpflichtet ist. So verhält es sich hier, die Kläger haben einen Rückzahlungsanspruch.

Nun hat Frau B aber gemeint, ihr würde das neue Verjährungsrecht hilfreich zur Seite stehen. Dieser Rückzahlungsanspruch sei nun verjährt.

Maßgeblich sind hier zunächst die Vorschriften in Art. 229 § 6 in den Absätzen 1 und 4 EGBGB. Demzufolge richtet sich die Verjährung nach dem § 195 BGB in seiner neuen Fassung. Also beträgt die Verjährungsfrist 3 Jahre.

Aber der Lauf dieser Frist ist nun auch in der so genannten Überleitungsfällen unter Beachtung des § 199 Abs 1. Nummer 2 zu berechnen – also mit der Einschränkung der subjektiven Kenntnis.

Den Klägern war das Zwischenfinanzierungsdarlehen nicht bekannt. Das hat das Berufungsgericht so festgestellt. Folglich hatten sie am 01. Januar 2002 nicht die erforderliche Kenntnis der Umstände, wie in § 199 BGB beschrieben.

Nun hätte man noch auf die rettende Idee kommen können, dass Frau B vielleicht § 166 BGB hilft. Dieser sagt, dass es bei der Kenntnis nicht auf die Vertretenen, sondern auf den Vertreter ankommt. Und Vertreter war ja Frau B. Folglich hatte sie auch Kenntnis.

Fein gedacht – aber zu kurz gesprungen.

Da war ja noch der Vertroß gegen das Rechtsberatungsgesetz. Und die Nichtigkeit von Treuhandvertrag und Vollmacht. Damit war auch das Vetreterverhältnis beseitigt, die Kenntnis der Frau B konnte sie den Klägern nicht zurechnen.

Leichtfertiger Umgang mit dem Rechtsberatungsgesetz ist immer mit Gefahr verbunden – und hieran wird sich auch nach der Reform nicht allzuviel ändern. Umsomehr gilt : your lawyer is your friend 🙂

Urteil vom 23. Januar 2007 – XI ZR 44/06

LG Frankenthal (Pfalz) – Urteil vom 9. Dezember 2004 – 7 O 269/04 ./.

OLG Zweibrücken – Urteil vom 23. Januar 2006 – 7 U 7/05

21
Jan
07

Gekündigt, weil jetzt Beiträge zur Sozialversicherung bezahlt werden mussten ! Das Bundesarbeitsgericht schob dem jetzt einen Riegel vor.

Sozialversicherungsbeiträge sind ein nicht unwesentlicher Kostenfaktor. Deswegen bediente sich die beklagte Firma G auch gerne Werkstudenten in Teilzeitbeschäftigung. Studentische Aushilfen sind nämlich sozialversicherungsfrei.

Der Kläger, Herr A, im Verfahren war so ein Werksudent. Seit 1990 arbeitete er bei der Firma G. Arbeitsvertraglich war zudem vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis unter Beachtung der Sozialversicherungsfreiheit an den Nachweis eines ordentlichen Studiums gebunden sei. Außerdem war vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis im Monat der Exmatrikulation ende.

Für Herrn A war das Ganze von Vorteil. Er hatte einen sicheren Job und die Gewissheit, dass er diesen nicht verlieren kann, solange er sich nur jedes halbe Jahr bei seiner Hochschule wieder zurückmeldet. Und die Firma G sparte Beiträge zu den Sozialversicherungen. Bei einer Vielzahl gleichartiger Arbeitsverträge kommt so ein hübsches Sümmchen zusammen.

Im Jahre 2002 nun war die Versicherungsfreiheit für Langzeitstudenten Thema bei den Spitzenverbänden der Sozialversicherungsträger. Diese einigten sich darauf, die Versicherungsfreiheit nur für eine Studiendauer von 25 Fachsemestern anzuerkennen. Bei höheren Semesterzahlen könne nicht mehr davon ausgegangen werden, dass das Studium im Vordergrund stehe.

Dummerweise hatte Herr A diese Studiendauer schon zum 01. Januar 1998 überschritten, weshalb die Rentenkasse ab dieser Zeit von der Firma G Beiträge nachverlangte.

Die Firma G dachte nun, so habe man nicht gewettet – das Arbeitsverhältnis sei ja ausdrücklich so vereinbart worden, dass man eine billige abgabenfreie Arbeitskraft zur Verfügung habe. An einem teuren sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz habe man kein Interesse.

Die Firma G behauptete nun, das Arbeitsverhältnis sei schon kraft der auflösenden Bedingung im Arbeitsvertrag beendet worden. Um ganz sicher zu gehen, schob sie nun eine ordentliche Kündigung gleich hinterher.

Herr A ließ sich dies nicht gefallen – und rief das Arbeitsgericht an und hat sich auf die Unwirksamkeit der Kündigung berufen.

Die Problematik ist klar umrissen:

Firma G führte im Prozess an, die Parteien hätten zur Grundlage ihres Arbeitsvertrages die Bedingung gemacht, dass Herr A ein sozialversicherungsfreier ordentlicher Student sei. Falle diese Bedingung weg, müsse das Arbeitsverhältnis jedenfalls aus diesem Grund kündbar sein. Denn diese Bedingung sei nichts anderes als eine persönliche Eigenschaft des Klägers.

Die Frage nach der persönlichen Eigenschaft ist deswegen wichtig, weil hier der § 1 II des KschG darauf abhebt.

Der Gesetzgeber hat in dieser Vorschrift folgendes bestimmt: „Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist.“

Das Gericht hat sich nun mit dieser Vorschrift auseinandergesetzt und betont, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis dann auflösen können soll, wenn dem Arbeitnehmer die erforderliche Fähigkeit nicht oder nicht mehr besitzt, um die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung ganz oder teilweise zu erbringen.

Der zweite Senat des BAG hat nun die Frage dahingehend gestellt, ob die Sozialversicherungsfreiheit ein notwendiges Eignungsmerkmal für die geschuldete Arbeitsleistung darstellte.

Dieses konnte das Gericht nicht erkennen, Herr A war in der Lage, seine Arbeit im Gepäckdienst vertragsgemäß zu verrichten, ob nun für ihn Beiträge abgeführt wurden oder nicht.

Die Klage des Herrn A hatte daher Erfolg – in allen Instanzen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Januar 2007 – 2 AZR 731/05 –
Vorinstanz: Hessisches LAG, Urteil vom 15. April 2005 – 17/6 Sa 907/04 –

20
Jan
07

Bundesarbeitsgericht: Keine Ansprüche auf Schadensersatz gegen einen ehemaligen Kollegen bei Eigenkündigung

Herr A war bei der Firma C beschäftigt. Eines Tages kam es zu einem Zwischenfall: Ein Kollege, der Herr B griff ihn an und verletzte ihn. Die Verletzungen waren so schwer, dass Herr A krankgeschrieben wurde. Herr A zeigte den Kollegen B an – ein Strafverfahren wurde eingeleitet an dessen Ende eine Verurteilung des B wegen der Körperverletzung stand. Gleichzeitig war B zur Zahlung von Schmerzensgeld verurteilt worden.

Damit hätte die an sich traurige Geschichte über Vorkommnisse am Arbeitsplatz ein Ende haben können. Wer prügelt, zahlt – die Justiz sorgt für Gerechtigkeit.

Es kam jetzt aber noch etwas dazu. Derjenige Mitarbeiter, der in der Firma C für die Personalangelegenheiten zuständig war, nennen wir ihn Herrn T, mischte sich ein. Solange Herr A wegen des Angriffes arbeitsunfähig war, rief der Kollege T mehrfach bei Herrn A zuhause an. Auf dessen Anrufbeantworter sammelte sich Vokabular, das normalerweise in den weiter unten liegenden Schubladen beheimatet ist : Herr A musste sich wegen der Krankschreibung anhören er sei „ein Schauspieler“ und ein „Simulant“. „Weib“ und „Hure“ fielen Herrn T darüber hinaus noch als passende Bezeichnungen ein. „Drecksack“ und „Arsch“ rundeten die Freundlichkeiten ab.

Außerdem nötigte Herr T den Kollegen Herrn A, immerhin das Opfer des Angriffes, seine Strafanzeige gegen den Kollegen B zurückzuziehen.

Herr A gab entnervt auf. In diesem Betrieb wollte er nicht länger arbeiten. Deswegen kündigte er das Arbeitsverhältnis.

Für den Verlust des Arbeitsplatzes und den Verdienstausfall wollte er Ersatz haben. Schließlich sei es nicht einzusehen, dass er auch noch den Schaden haben sollte. Diesen sollte ihm der Herr T ersetzen, dieser war es ja, der ihn beleidigt und genötigt habe.

Das Gericht hatte nun zwei Anspruchsnormen zu prüfen: § 823 I BGB und § 823 II BGB in Verbindung mit den strafrechtlichen Normen– beide in der Systematik des BGB am Anfang der „unerlaubten Handlungen“ .

§ 823 I sagt: „(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.“

Nun hat Herr T ja weder Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum des Herrn A verletzt. Körper und Gesundheit – das war ja der Kollege B gewesen, der dafür auch verurteilt wurde. Bleibt also ein sonstiges Recht . Dies hätte das Recht auf den Arbeitsplatz sein können. Problematisch ist dann aber, ob der Herr T dieses Recht widerrechtlich verletzt habe.

In § 823 II BGB können wir lesen: „(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.“

Die gleiche Verpflichtung – das ist der Ersatz des daraus entstandenen Schadens. Und das den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz – das sogenannte Schutzgesetz – das sind die strafrechtlichen Vorschriften zu Nötigung und Beleidigung.

Aber – ist der Schaden tatsächlich durch die Verletzung der Schutzgesetze entstandenen ?

Das Arbeitsgericht meinte nein, das Landesarbeitsgericht sagte dazu ja und verurteilte den Herrn T. Dieser hat Revision zum Bundesarbeitsgericht eingelegt.

Dieses hat nun geurteilt, dass wenn der Arbeitnehmer selbst seinen Arbeitsplatz kündigt, kein Platz für die geprüften Ersatzansprüche sei. Durch die Eigenkündigung sei trotz Beleidigungen und Nötigungen sei das Recht am Arbeitsplatz nicht verletzt worden.

Auch ein Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfall ist nicht gegeben. Die Verletzung der Schutzgesetze ist nicht kausal für den eingetretenen Schaden.

Die Eigenkündigung liegt folglich allein im Verantwortungsbereich des geschädigten und gemobbten Arbeitnehmers.

BAG, Urteil vom 18. Januar 2007 – 8 AZR 234/06 –
Vorinstanz: Hessisches LAG, Urteil vom 7. November 2005 – 7 Sa 520/05 –

19
Jan
07

Patchworkfamilien: Der BGH schafft mehr Klarheit im Unterhaltsrecht

Der Bundesgerichtshof hat sich in einer aktuellen Entscheidung zum Unterhalt einer Ehefrau, die ein eheliches und ein nichteheliches Kind betreut, geäußert.

Die familiäre Situation war im vorliegenden Falle nicht ganz einfach – wenn man die unterhaltsrechtlichen Beziehungen untereinander betrachtet.

Da ist zunächst Frau A. Sie ist mit Herrn A verheiratet – immer noch, obwohl die Eheleute sich schon vor Jahren getrennt haben. Aus der Ehe ist der Sohn S hervorgegangen. Dieser lebt bei seiner Mutter. S ist 1994 geboren.

Nach der Trennung ist Frau A eine nichteheliche Verbindung mit Herrn B eingegangen. Mit ihm hat sie einen weiteren Sohn – den T, welcher im Jahre 2001 das Licht der Welt erblickte. Auch diese Beziehung ist zwischenzeitlich beendet.

Frau A geht keiner Erwerbstätigkeit nach, da sie die beiden Kinder betreut.

Herr A ist zwischenzeitlich auch eine neue Beziehung eingegangen. Mit Frau C hat er eine im Jahre 2002 geborene Tochter U.

Für die unterhaltsrechtliche Würdigung sind immer noch die Einkommensverhältnisse bedeutsam.

Herr A, der Ehemann verdient netto ca. EUR 1.840,00, Herr B hat ein Einkommen von EUR 1.630,00 netto im Monat.

Die Kinder erhalten Unterhaltszahlungen von ihren Vätern.

Streitig war nun, von wem Frau A wieviel an Unterhalt zu bekommen hat.

Hier prallen zwei Anspruchsgrundlagen aufeinander, die völlig verschiedene Voraussetzungen haben.

So zum einen der § 1361 BGB, der den Unterhalt des getrennt lebenden Ehegatten regelt: “Leben die Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen…“

Grundlage der Berechnung sind hier also die ehelichen Lebensverhältnisse sowie die Einkommens-und Vermögenssituation.

Der Vater des nichtehelichen Kindes T haftet aus einem anderen Grunde : § 1615 l BGB. Nicht nur, dass dieser Unterhaltsanspruch für gewöhnlich auf drei Jahre begrenzt ist, er nimmt auch keine Rücksicht darauf, ob das Kind einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft entstammt, die für außenstehende Dritte durchaus den Eindruck einer Ehe vermittelt, also einer eheähnlichen Gemeinschaft – oder aber ob das Kind aus keiner längerfristigen Beziehung hervorgegangen ist.

Die Berechnungsgrundlage ist daher entsprechend dem Verwandtenunterhalt zu ermitteln. Auf keinen Fall richtet sie sich aber nach den Lebensverhältnissen oder den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Denn schließlich kommt es bei dieser Vorschrift gar nicht darauf an, ob jemals eine solche bestanden hat.

Der Anspruch der Berechtigten Frau A richtet sich ausschließlich nach deren Lebensstellung. Das ergibt sich aus § 1615 l B in Verbindung mit § 1610 B.

Doch wie errechnet sich die Lebensstellung der Frau A ?

Das OLG hatte einen Mindestbedarf von EUR 730,00 für Frau A angenommen und diesen sowohl in die Berechnung hinsichlich der Verpflichtung von Herrn A als auch von Herrn B eingesetzt. Weiter hat es in die Überlegung mit einbezogen, dass der Betreuungsaufwand für beide Söhne gleich anzusetzen wäre und kam daher – auch aufgrund der in etwa gleichen Einkommensverhältnisse nach Bereinigung durch die Zahlungen von Kindesunterhalt zu einer hälftigen Aufteilung.

Für den Selbstbehalt hatte das OLG EUR 840,00 für den Ehemann Herrn A und EUR 1000,00 für Herrn B angesetzt.

Die Revision zum BGH war nun erfolgreich, die Sache wurde an das OLG zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen.

Der BGH bleibt dabei, dass mehrere unterhaltspflichtige Väter anteilig für den Unterhaltsbedarf haften, der durch die Betreuung der Kinder besteht. Hierfür zieht der BGH in ständiger Rechtsprechung den § 1606 III S1 BGB heran. Diese Vorschrift spricht zwar von Verwandten : „(3) 1Mehrere gleich nahe Verwandte haften anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen.“ – und die Väter sind in den seltensten Fällen miteinander verwandt. Da die Kinder aber über die Mutter miteinander verwandt sind, nimmt das Gericht an, dass hier eine analoge Anwendung geboten sei.

Der BGH hat nun ausgeführt, dass die Lebensstellung der Frau A sich daher gleichfalls nach den Lebensverhältnissen der Ehe mit Herrn A. Es kommt eben nicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Herrn B an sondern darauf, in welchen Verhältnissen die Mutter bisher gelebt hatte. Der BGH hält dies auch dann für maßgeblich, wenn diese ehelichen Verhältnisse zu einem Unterhaltsbedarf führen, der unterhalb des Mindestbedarfes liegt. Das Argument des BGH ist, dass der Vater des nichtehelichen Kindes die Mutter nicht besser zu stellen braucht, als es deren Lebensstellung entspricht.

Außerdem hat das Gericht die Festsetzung des Selbstbehaltes in Höhe von EUR 1000,00 bemängelt.

Der Bedarf ist nun geringer anzusetzen, der Selbstbehalt des Herrn B ist aber zwischen dem notwendigen und dem angemessenen Selbstbehalt anzusiedeln. Diese Selbstbehalte lagen damals bei EUR 840,00 bzw. bei EUR 1000,00. Er dürfte in etwa in der Mitte, also bei EUR 920,00 anzusiedeln sein. Der BGH hat aber auch darauf hingewiesen, dass er nur die Richtung vorgibt, die Bemessung des Selbstbehaltes ist Aufgabe des Tatrichters. Das OLG wird daher erneut über die Sache zu entscheiden haben.

Trotzdem gibt das Urteil mehr Klarheit für die Berechnung in patchwork-Situationen.

Urteil vom 17. Januar 2007 – XII ZR 104/03

AG Obernburg – 2 F 465/00 – Entscheidung vom 4.12.2001 ./. OLG Bamberg – 2 UF 6/02 – Entscheidung vom 24.4.2003




Rechtsanwalt und Mediator Roland Hoheisel-Gruler

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