Archiv für Februar 2007

27
Feb
07

Bundesgerichtshof: Abtretung von Darlehensforderungen trotz Bankgeheimnis und Datenschutz wirksam.

A und B brauchten Geld zur Finanzierung von zwei Eigentumswohnungen. Sie gingen zu ihrer Raiffeisenbank und wollten ein Darlehen haben. Dieses bekamen sie auch, Herr C musste hierfür als Bürge herhalten.

Das Darlehen konnte nicht mehr bedient werden. Anstatt aber nun einfach nur den Darlehensvertrag zu kündigen und den Bürgen in Anspruch zu nehmen tat die Bank etwas anderes: Sie trat ihren Rückzahlungsanspruch an eine Beitreibungs- und Verwertungsgesellschaft der Bankengruppe ab.

Diese klagte nun gegen A und B auf Rückzahlung – und nahm den C als Bürgen in Anspruch.

§ 398 BGB gibt die Legaldefinition der Abtretung:
„Eine Forderung kann von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschluss des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers.“

Hieraus folgt, dass die Beitreibungs- und Verwertungsgesellschaft durch den Vertrag mit der Raiffeisenbank an deren Stelle getreten ist – mit allen Rechten und Pflichten. In der Fachsprache nennt man den bisherigen Gläubiger den Zedenten – den Erwerber den Zessionar. Zedent ist folglich die Bank, Zessionar die Verwertungsgesellschaft.

Vor dem Landgericht in Ravensburg bestritten A und B die Wirksamkeit der Abtretung. Möglich wären zwei Fallgruppen: Zum einen ein gesetzliches Abtretungsverbot – herrührend aus dem Bundesdatenschutzgesetz oder anderen Bestimmungen, die das Bankgeheimnis betreffen. Andererseits könnte das Abtretungsverbot auf § 399 BGB gestützt werden:

§ 399 BGB regelt den Ausschluss der Abtretung bei einer Inhaltsänderung oder einer Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner:

„Eine Forderung kann nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann oder wenn die Abtretung durch Vereinbarung mit dem Schuldner ausgeschlossen ist.“

Eine Inhaltsänderung kommt hier nicht in Betracht. Zu denken wäre aber an eine Vereinbarung zwischen Raiffeisenbank und den Schuldnern. Ausdrücklich ist im Darlehensvertrag zwar nichts vereinbart. Es könnte aber durchaus so gesehen werden, dass es dem Wesen des Darlehensvertrages entspricht, dass wegen des Bankgeheimnisses ein solches Verbot konkludent – also durch schlüssiges Handeln mit vereinbart worden ist. Quis est quidditas quidditatis – die Frage nach dem Wesen des Wesens musste auch hier das Gericht beschäftigen.

Das Landgericht kam zu dem Schluss, dass die Abtretung unwirksam sei – und wies die Klage ab. Das OLG Stuttgart kam zum umgekehrten Ergebnis – die Revision der Beklagten blieb erfolglos.

Der BGH hat ausgeführt, dass weder Bankgeheimnis noch Bundesdatenschutzgesetz der Abtretung entgegenstehen. Deswegen war die Beitreibungs- und Verwertungsgesellschaft zur Geltendmachung der Klageforderung befugt.

Ein Verstoß gegen Verschwiegenheitspflichten oder gegen Bestimmungen des Datenschutzes führen allenfalls zu Schadensersatzansprüchen des Kunden gegen die Bank. Das Bankgeheimnis ist jedoch nicht so weitreichend, dass hieraus ein stillschweigend vereinbartes Abtretungsverbot herausgelesen werden könnte. Auch ein gesetzliches Abtretungsverbot vermochte das Gericht aus den in Frage kommenden Bestimmungen des Datenschutzes nicht zu erkennen.

Nachdem das Gericht die Abtretung als wirksam erkannt hatte, war die Klägerin auch Inhaberin des Bürgschaftsanspruches geworden. Nachdem C aber behauptet hatte, dass diese Forderung erloschen sei, hat der BGH diesbezüglich das Urteil des OLG Stuttgart aufgehoben und zur erneuten Prüfung zurückverwiesen.

Urteil vom 27. Februar 2007 – XI ZR 195/05

LG Ravensburg – Urteil vom 20. Januar 2005 – 6 O 399/04 ./. OLG Stuttgart – Urteil vom 22. Juni 2005 – 9 U 34/05

22
Feb
07

Bundesarbeitsgericht : Was war da eigentlich ausgemacht ? Aufhebungsvertrag oder nachträgliche Befristung ? Und wie ist das mit den AGB ?

Personalabbau – Freistellung- sozial verträgliche Ausgestaltung, das ist Alltag geworden. Das Bundesarbeitsgericht hat in einer neuen Entscheidung vor der Frage gestanden: Was war da eigentlich überhaupt ausgemacht ? Und was sind die Folgen, die sich hieraus ergeben ?

Frau A arbeitete in der Firma B – seit 1995 als Software-Entwicklerin. Am 23. Oktober 2002 schlossen der Betriebsrat und die Firma eine Betriebsvereinbarung zum Interessenausgleich über einen Personalabbau. Am selben Tage wurde in einer weiteren Betriebsvereinbarung ein Sozialplan vereinbart.

Der Interessenausgleich sah vor, dass der Personalabbau möglichst durch Aufhebungsvereinbarungen oder aber durch freiwillige Wechsel in eine so genannte „betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit (beE)“ vollzogen werden sollte.

Der Sozialplan beinhaltete Abfindungsregelungen. Daneben sah er auch den Wechsel der Mitarbeiter in die beE vor.

Ziffer 5.1 sah nun folgendes vor: Die Arbeitsverhältnisse sollten beim Wechsel in die beE als unbefristete bestehen bleiben. Enden sollten diese dann durch Eigenkündigung, Aufhebungsvertrag oder gegebenenfalls durch betriebsbedingte Kündigung des Arbeitgebers.

Mit Schreiben vom 11. November 2002 bot die B der Frau A den Abschluss eines Aufhebungsvertrags oder den Wechsel in die beE an. Gleichzeitig kündigte die B an, dass sie der Frau A betriebsbedingt kündigen werde, wenn sie sich nicht bis zum 13. Dezember 2002 entscheide.

Frau A ließ die Frist verstreichen. Daraufhin erhielt Frau A mit Schreiben vom 15. Januar 2003 die betriebsbedingte Kündigung zum 28. Februar 2003.

Am 21./30. Januar 2003 vereinbarten die Parteien in einer „Ergänzung zum Arbeitsvertrag“, dass die Frau A auf Grundlage der Betriebsvereinbarungen vom 23. Oktober 2002 mit Wirkung vom 1. Februar 2003 in die beE eintrete.

Gemäß Ziff. 6.3 der Vereinbarung sollte das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 29. Februar 2004 enden.

Frau A klagte nun auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis über den 29. Februar 2004 unbefristet fortbesteht, und verlangt Weiterbeschäftigung.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben.

Die Revision der B führte dazu, dass das Bundesarbeitsgericht das Berufungsurteil aufgehoben hat und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen wurde.

Dreh- und Angelpunkt war nun die Frage, als was denn diese Vereinbarung eigentlich darstellen sollte. Die ordentliche Arbeitgeberkündigung war wirksam zugegangen. Die Klagefrist für die Kündigungsschutzklage war noch nicht abgelaufen, als die Parteien diese „Ergänzung zum Arbeitsvertrag“ abgeschlossen hatten.

Aufgrund dieser Situation hat das Gericht daher diese Vereinbarung nicht als eine nachträgliche Befristung des Arbeitsverhältnisses angesehen, sondern vielmehr als einen Aufhebungsvertrag.

Indiz hierfür war unter anderem auch der Inhalt der Vereinbarung, demzufolge unter anderem keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung bestehen soll, wie hier unter dem Stichwort „Kurzarbeit Null“ ausgeführt wurde, und zugleich Abwicklungsmodalitäten wie Abfindung, Zeugniserteilung und Rückgabe von Firmeneigentum geregelt worden sind.

Allerdings stolperte das Gericht dann über das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen:

Die Vereinbarung mit Frau A war nämlich nicht individuell ausgehandelt. Vielmehr verwendete die B einen für eine Vielzahl von Fällen vorformulierten Vertrag.

Problematisch war nun die Klausel, die den Übertritt in die beE regelt.

Hierin kann – je nach den Umständen – eine ungewöhnliche Bestimmung gesehen werden. Das Bundesarbeitsgericht hat hier angenommen, dass eine solche Klausel überraschend im Sinne des § 305c I BGB sein kann:

„§ 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil“

Die Folge wäre, dass eine dementsprechende Klausel nicht Vertragsinhalt geworden wäre.

Hierbei kommt es aber auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an. Der Überraschungseffekt entfällt, wenn der Betroffene zuvor vom Verwender auf diese Bestimmung hingewiesen worden war.

Zu diesem Gesichtspunkt hat die B mit Erfolg gerügt, die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts sei unzureichend gewesen.

Nachdem dies Sache der Tatsacheninstanz ist, war die Angelegenheit zur erneuten Verhandlung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15. Februar 2007 – 6 AZR 286/06 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 18. Oktober 2005 – 6 Sa 30/05 –

22
Feb
07

Bundessozialgericht: Krankenkasse muss Gehälter ihres Vorstandes veröffentlichen

Was die Aufgabe der Gesetzlichen Krankenversicherung ist, sagt uns § 1 des SGB V – nämlich die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern.

Das SGB V regelt die gesetzlichen Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung. Man unterscheidet zwischen primären Trägern und Ersatzkassen der GKV, wobei zu den ersteren die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK), die Betriebskrankenkassen (BKK) und die Innungskrankenkassen (IKK) gehören.

Außer den Ersatzkassen gibt es noch einige „Spezialkassen“. Hierzu zählen die landwirtschaftlichen Krankenkassen, die See-Krankenkasse und die Knappschaft für Bergleute.

Diese Gliederung hat historische Gründe. Sie geht auf die früher bestehenden Selbsthilfeeinrichtungen zurück. Diese wurden in das solidarische System der gesetzlichen Krankenkassen einbezogen.

1996 trat das Gesundheitsstrukturgesetz in Kraft. Dadurch wurden alle Kassen leistungsrechtlich auf eine Ebene gestellt.

Dennoch sind die Kassen weiter unter Druck: Auch im Zuge der jüngst verabschiedeten Gesundheitsreform war es erklärtes Ziel des Gesetzgebers, die gesetzlichen Krankenkassen zu mehr Wettbewerb und Konzentration anzuhalten.

Die Gesamtzahl der gesetzlichen Krankenkassen hat sich in den letzten 15 Jahren deutlich verringert. Waren im Jahre 1991 noch 1.209 Kassen registriert, gab es zum Jahresanfang 2006 gab es nur noch 253 gesetzliche Krankenkassen. Diese betreuten ca. 70.000.000 Versicherte.

Die Krankenkassen finanzieren sich hauptsächlich aus den Beiträgen der Versicherten und Arbeitgeber. Sonstige Einnahmen spielen nur eine untergeordnete Rolle.

Allen Bemühungen zum Trotz sind die Verwaltungsausgaben der gesetzlichen Krankenkassen gestiegen: von EUR 106,00 je Mitglied im Jahre 1992 bis zu 159,69 EUR im Jahre 2005.

Verwaltet werden die Kassen von einem hauptamtlichen, auf sechs Jahre gewählten Vorstad. Dieser besteht je nach Kassengröße aus 1 bis 3 Personen. Das steht im § 35 a SGB IV:

„(1) Bei den Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen sowie den Ersatzkassen verwaltet der Vorstand die Krankenkasse und vertritt die Krankenkasse gerichtlich und außergerichtlich, soweit Gesetz und sonstiges für die Krankenkasse maßgebendes Recht nichts Abweichendes bestimmen. …

(3) Die Mitglieder des Vorstandes üben ihre Tätigkeit hauptamtlich aus. Die Amtszeit beträgt sechs Jahre; die Wiederwahl ist möglich.

(4) Der Vorstand besteht bei Krankenkassen mit bis zu 500.000 Mitgliedern aus höchstens zwei Personen, bei mehr als 500.000 Mitgliedern aus höchstens drei Personen. … „

Seit 2004 sind die Krankenkassen verpflichtet, jeweils zum 1. März eines Jahres im Bundesanzeiger sowie in ihrer Mitgliederzeitschrift die Höhe der jährlichen Vergütungen ihrer Vorstandsmitglieder zu veröffentlichen. Dies hat der Gesetzgeber so in den § 35a des SGB IV geschrieben, dort im 6. Absatz im zweiten Satz:

„Die Höhe der jährlichen Vergütungen der einzelnen Vorstandsmitglieder einschließlich Nebenleistungen sowie die wesentlichen Versorgungsregelungen sind in einer Übersicht jährlich zum 1. März, erstmalig zum 1. März 2004 im Bundesanzeiger und gleichzeitig, begrenzt auf die jeweilige Krankenkasse und ihre Verbände, in der Mitgliederzeitschrift der betreffenden Krankenkasse zu veröffentlichen. Die Art und die Höhe finanzieller Zuwendungen, die den Vorstandsmitgliedern in Zusammenhang mit ihrer Vorstandstätigkeit von Dritten gewährt werden, sind dem Vorsitzenden und dem stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsrates mitzuteilen. „

Einige Kassen weigerten sich, dem nachzukommen. Darunter war auch die Betriebskrankenkasse, die jetzt dieses Musterverfahren durchgeführt hatte.

Das Bundesversicherungsamt ist die Aufsichtsbehörde über die gesetzlichen Krankenkassen. Nachdem die BKK sich weigerte, die Vergütung bekannt zu geben, verpflichtete das Amt die Betriebskrankenkasse, dieses zu tun.

Die Kasse und der Vorstand klagte – zunächst beim Sozialgericht Detmold. Dies blieb ohne Erfolg – und so landete das Verfahren beim Bundessozialgericht.

Die Kasse glaubte gute Gründe zu haben – gibt es doch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dieses Grundrecht kennen wir seit dem Volkszählungsurteil von 1983. Es wird aus den Artikeln 1, der die Menschenwürde an den Anfang stellt, und 2, der die allgemeine Handlungsfreiheit normiert. So hatte auch das BVerfG ausgeführt: „Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wären eine Gesellschaftsordnung und eine diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß.“

Die Revisionen der Kasse wie auch des Vorstandes wurden jetzt am 14. Februar 2007 vom Bundessozialgericht zurückgewiesen.

Hinsichtlich der Klage des Vorstandes sah das Gericht schon die Aktivlegitimation nicht für gegeben. Adressat der Aufsichtsverfügung war die Kasse, nicht der Vorstand. Daher fehlt dem Vorstand in prozessrechtlicher Hinsicht die Befugnis, hiergegen vorgehen zu können. Die Klage war daher unzulässig – auf die weitere Frage nach der Verletzung des Grundrechtes auf informationelle Selbstbestimmung kam es daher auch nicht an. Wer nicht Adressat einer Verfügung ist kann durch sie auch nicht in seinen Rechten verletzt werden.

Die Klage der Betriebskrankenkasse hingegen war zulässig, aber unbegründet.

Das Gericht hat den Eingriff in das Grundrecht des Vorstandes auf informationelle Selbstbestimmung gesehen. Diesen Eingriff hat es abgewogen mit dem gesetzgeberischen Anliegen, im Gesundheitswesen eine höhere Transparenz zu schaffen. Diese gilt für Angebote, Leistungen, Kosten und Qualität. Die Beitragszahler und die Öffentlichkeit haben ein Informationsbedürfnis auch im Hinblick auf die Vorstandsgehälter. Schließlich sind die Kassen – wie oben ausgeführt – fast vollständig beitragsfinanziert.

Das Gericht hat weiter ausgeführt. Dass auch sonstige Bedienstete in öffentlichen Funktionen – die Kontrolle ihrer aus öffentlichen Abgaben finanzierten Bezüge durch die Öffentlichkeit hinnehmen und deren Publizität dulden müssen. Exemplarisch nennt es hier Abgeordnete, Beamte, Angestellte des öffentlichen Dienstes und Richter.

Die Anknüpfung speziell an die Vorstandsgehälter kann für weite Kreise der Bevölkerung nach Auffassung des Gerichtes den Umgang mit Krankenversicherungsbeiträgen exemplarisch und plastisch veranschaulichen.

Hierdurch wird eine weitgehende Vergleichbarkeit erst möglich.
Bei der bloßen Veröffentlichung von Zahlenmaterial über Leistungs- oder Verwaltungsausgaben wäre dies nicht in gleicher Weise gewährleistet.
Die Vorstände haben eine herausgehobene Funktion. Sie stehen auch im Blickfeld der Öffentlichkeit, was nicht zuletzt durch den Aufschrei in der Boulevardpresse bei den ersten Veröffentlichungen deutlich wurde. Aufgrund dieser Funktion müssen sie die Veröffentlichung in einer allgemein zugänglichen Quelle wie dem Bundesanzeiger und in der Mitgliederzeitschrift hinnehmen.

Die Abwägung ergab daher, dass der Eingriff nicht rechtswidrig ist, die gesetzliche Regelung sei angemessen und notwendig. Die dargestellten öffentlichen Interessen überwiegen die Interessen der Vorstände. Die Verhältnismäßigkeit bleibt gewahrt.

Aktenzeichen: – B 1 A 3/06 R –

21
Feb
07

BGH: Ob das Pferd einen Mangel hat – das ist hier die Frage

Der Bundesgerichtshof musste sich mit der Frage auseinandersetzen, ob ein Reitpferd einen Sachmangel aufwies oder nicht.

Das Tier war verkauft worden, an Frau A. Es war ein junges Reitpferd – und wir befinden uns mitten im Kaufrecht.

§ 434 BGB bestimmt: „(1) 1Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. 2Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache frei von Sachmängeln,

1. wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, sonst
2. wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.“

Bei Gefahrübergang wies das Pferd nun im im Bereich der Dornfortsätze der hinteren Sattellage so genannte „Röntgenveränderungen der Klasse II-III“ auf. Hierunter versteht man einen engen Zwischenraum zwischen zwei Dornfortsätzen mit Randsklerosierung.

Diese Röntgenveränderungen weichen nun von der physiologischen Ideal-Norm ab.

Mit diesem Befund wollte Frau A das Pferd nicht mehr haben – und erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Dies konnte sie aber nur dann, wenn auch die Voraussetzungen des § 437 BGB gegeben sind:

„Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1. nach § 439 Nacherfüllung verlangen,
2. nach den §§ 440 , 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 441 den Kaufpreis mindern und
3. nach den §§ 440 , 280 , 281 , 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.“

Also – nur wenn das Pferd mangelhaft war, war der Rücktritt möglich. Dass das Pferd übrigens wie eine Sache zu behandeln ist – rein juristisch versteht sich – findet sich ebenfalls im BGB: Dort im § 90a. „Tiere
1Tiere sind keine Sachen. 2Sie werden durch besondere Gesetze geschützt. 3Auf sie sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.“

Dies aber nur am Rande.

Eine bestimmte Beschaffenheit des Pferdes war nicht vereinbart, so dass das Gericht die Punkte 1 und 2 zu prüfen hatte, nämlich die vertragsgemäße Verwendung oder der gewöhnlichen Verwendung.

Der Bundesgerichtshof hatte darüber zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen bei einem verkauften Reitpferd Abweichungen von der „physiologischen Norm“ als Sachmangel zu qualifizieren sind.

Die Vorinstanzen hatten einen Sachmangel angenommen.

In Literatur und Rechtsprechung finden sich zahlreiche Beispiele, wann namentlich bei Pferden Sachmängel anzunehmen sind.
Gesundheitliche Mängel wie akute Krankheiten oder Infektionen sind Beschaffenheitsmerkmale, hat der BGH am 20.04.1988 entschieden.- VIII ZR 35/87, NJW-RR 1988, 1010

Die Abstammung ist durchaus von Belang. Das schreibt Putzo im Palandt in der RdNr. 96 zu § 434.

Ob die fehlende Eintragung im Zuchtbuch des Verbands der Züchter des Arabischen Pferdes einen Sachmangel darstellt, hat ds OLG Karlsruhe im Urteil vom 16.04.1988 – 12 U 173/85 bejaht. Veröffentlicht ist diese Entscheidung in der NJW-RR 1987 auf der Seite 1397

Adolphsen hat sich im AgrarR mit dem Ausbildungsstand eines Pferdes auseinandergesetzt. Auch hier kann ein Sachmangel angenommen werden, wenn der Ausbildungsstand die entsprechende Verwendung eben nicht zulässt.

Bestimmte Gebrauchsmöglichkeit und Fähigkeit ist dann von Belang, wenn es auf genau diese ankommt. Insoweit stimmt die Argumentation mit der von Adolphsen überein. Putzo nennt im Palandt als Beispiele den Einsatz als Rennpferd, Wach- oder Blindenhund.

Hier hatte das Berufungsgericht den Mangel bereits darin gesehen, dass aufgrund dieser Veränderungen ein höheres Risiko für das spätere Auftreten „klinischer Symptome“ bestehe als bei einem Pferd mit idealen Anlagen.

Ebenso sei von Bedeutung, dass der Markt auf dieses Risiko mit Preisabschlägen reagiere.

Nachdem der Mangel bereits hier festgestellt worden war, hat das Gericht es unterlassen, eigene Feststellungen zu den bereits aufgetretenen „klinischen Erscheinungen“ des Tieres zu treffen. Die Käuferin, unsere Frau A, hatte dies im Prozeß behauptet. Diese Erscheinungen könnten die Eignung als Reitpferd beeinträchtigen.

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Eignung eines klinisch unauffälligen Pferdes zur Verwendung als Reittier nicht schon dadurch in Frage gestellt wird, dass aufgrund bestehender Röntgenveränderungen eine geringe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das Tier zukünftig klinische Symptome entwickeln wird, die seiner Verwendung als Reitpferd entgegenstehen.

Das Gericht hat zur Frage, ob das verkaufte Pferd wegen Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Pferde mangelhaft war, ausgeführt, dass Abweichungen vom physiologischen Idealzustand bei Lebewesen in gewissem Umfang häufig vorkommen.

Tatrichterliche Feststellungen zu dieser Frage fehlten jedoch. Das Gericht betont aber, dass der Käufer eines Reitpferdes deshalb nicht erwarten kann, dass er auch ohne besondere Vereinbarung ein Tier mit „idealen“ Anlagen erhält.

Es hängt bei der Frage, ob ein Mangel vorliegt, hier entscheidend davon ab, wie häufig derartige Röntgenbefunde der Klasse II-III bei Pferden dieser Kategorie vorkommen.

Eine klare Absage hat der BGH der Argumentation des OLG erteilt, wonach sich das Vorliegen des Mangels schon aus dem Umstand herleiten liesse, dass der Markt auf das Vorliegen derartiger Befunde empfindlich reagiere.

Ein Mangel des verkauften Pferdes lässt sich schließlich auch nicht mit dem vom Berufungsgericht festgestellten Umstand begründen, dass „der Markt“ auf Veränderungen der Röntgenklasse II-III mit Preisabschlägen von 20 bis 25% reagiert. Abweichungen eines verkauften Pferdes von der „physiologischen Norm“, die sich im Rahmen der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Pferde halten, sind nicht deswegen als Mangel einzustufen, weil „der Markt“ auf derartige Abweichungen mit Preisabschlägen reagiert. Preisabschläge beim Weiterverkauf, die darauf zurückzuführen sind, dass „der Markt“ bei der Preisfindung von einer besseren als der tatsächlich üblichen Beschaffenheit von Sachen gleicher Art ausgeht, begründen keinen Mangel – so der BGH

Urteil vom 7. Februar 2007 – VIII ZR 266/06

LG Karlsruhe -Urteil vom 1. Februar 2005 – 8 O 103/03 ./. OLG Karlsruhe – Urteil vom 23. Mai 2006 – 11 U 9/05

21
Feb
07

Bundesarbeitsgericht: Kündigungsschutz bei Betriebsübergang

Frau A hatte seit 1993 einen Job – immer den selben aber bei verschiedenen Firmen. Die eine war immer der Rechtsnachfolger der Vorgängerin gewesen. Zuletzt war dies die G GmbH & Co. KG gewesen, bevor sie dann zur B kam. Dies war ab dem 1. Juni 2003 der Fall gewesen. Ein Jahr war noch nicht ganz vergangen, da schrieb die B der Frau A die Kündigung. Mit Schreiben vom 30.05.2004 fristgerecht zum 31. Juli 2004.

Frau A meinte, die Kündigung sei unwirksam.Sie ist der Auffassung, dass das Kündigungsschutzgesetz Anwendung finden müsse.

§ 23 regelt den Geltungsbereich:
„(1) 1Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. 2Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. 3In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. 4Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.“

Im Zeitpunkt der Kündigung beschäftigte die B insgesamt vier Arbeitnehmer mit 25 Wochenstunden, einen Arbeitnehmer mit zehn Wochenstunden und eine Auszubildende. Unter Berücksichtigung oben genannter Umrechnungsfaktoren kommt daher die Anwendung des KSchG nicht in Frage.

Allerdings verhielt es sich so, dass beim Übergang der G GmbH & Co. KG auf die B dort mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt gewesen waren.

Im Zeitpunkt des Betriebsüberganges genoss Frau A also den Schutz des KSchG.

Nun gibt es da aber noch das UmwG, das bestimmt in § 323:

„(1) Die kündigungsrechtliche Stellung eines Arbeitnehmers, der vor dem Wirksamwerden einer Spaltung oder Teilübertragung nach dem Dritten oder Vierten Buch zu dem übertragenden Rechtsträger in einem Arbeitsverhältnis steht, verschlechtert sich auf Grund der Spaltung oder Teilübertragung für die Dauer von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens nicht.“

Diese Vorschrift könnte zwar nicht direkt, aber doch immerhin in entsprechender Anwendung herangezogen werden.

Hierfür wäre allerdings Voraussetzung, dass der Anwednungsbereich des § 613a BGB eröffnet wäre:

„§ 613a Rechte und Pflichten bei Betriebsübergang
(1) 1Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. 2Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. 3Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. 4Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.“

Das BAG hat nun ausgeführt, dass der im Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsveräußerer erwachsene Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz nicht mit dem Arbeitsverhältnis auf den Betriebserwerber übergeht.

Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 KSchG müssen im Betrieb des Erwerbers daher gesondert vorliegen.

Der Erwerber tritt in alle Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag der betroffenen Arbeitnehmer ein. Der Anwendungsbereich des KSchG ist aber gerade kein aus dem Arbeitsvertrag resultierendes Recht. Das Gericht hat dieses damit begründet, dass das Erreichen des Schwellenwerts des § 23 Abs. 1 KSchG und der dadurch entstehende Kündigungsschutz kein Recht des übergehenden Arbeitsverhältnisses sei. Daher kann auch § 323 Abs. 1 UmwG nicht analog angewendet werden.

Arbeitsgericht und LAG haben die Klage abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15. Februar 2007 – 8 AZR 397/06 –
Vorinstanz: Thüringer Landesarbeitsgericht, Urteil vom 6. März 2006 – 8/1 Sa 465/04 –

21
Feb
07

Bundesarbeitsgericht: Wenn die Konzernspitze im Ausland sitzt, kann es keinen Konzernbetriebsrat geben.

Internationale Verflechtungen kollidieren häufig mit innerstaatlichen Mitbestimmungsvorschriften.

So gibt es den § 54 Absatz 1 Satz 1 des BetrVG:

„Für einen Konzern (§ 18 Abs. 1 des Aktiengesetzes) kann durch Beschlüsse der einzelnen Gesamtbetriebsräte ein Konzernbetriebsrat errichtet werden.“

Voraussetzung ist hier also, dass es sich um einen Konzern handelt, wie er im § 18 Absatz 1 des AktG beschrieben ist:

㤠18 Konzern und Konzernunternehmen

(1) 1Sind ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefasst, so bilden sie einen Konzern; die einzelnen Unternehmen sind Konzernunternehmen. 2Unternehmen, zwischen denen ein Beherrschungsvertrag (§ 291) besteht oder von denen das eine in das andere eingegliedert ist (§ 319), sind als unter einheitlicher Leitung zusammengefasst anzusehen. 3Von einem abhängigen Unternehmen wird vermutet, dass es mit dem herrschenden Unternehmen einen Konzern bildet.“

Die Frage, der sich das Gericht nun zu stellen hatte, war, ob es ein Entsendungsrecht in den Konzernbetriebsrat gibt, wenn die im Inland gelegenen Unternehmen von einer Konzernspitze im Ausland beherrscht werden.

Der 7. Senat hat nun entschieden, dass in einem solchen Falle ein Konzernbetriebsrat nicht gebildet werden kann.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14. Februar 2007 – 7 ABR 26/06 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 10. November 2005 – 10 TaBV 15/05 –

21
Feb
07

Bundesarbeitsgericht: unbefristet befristet – das Maßregelungsverbot beim vorbehaltslosen Anschlussvertrag

Das Bundesarbeitsgericht hat kürzlich einen Fall entschieden, in dem es um die Frage ging, wie sich das Maßregelungsverbot zum vorbehaltslosen Abschluss eines Anschlussvertrages verhält.

Frau A war bei der Firma B beschäftigt. Dort hatte sie im März des Jahres 1998 angefangen zu arbeiten. Der Arbeitgeber gab ihr jedoch laufend nur befristete Arbeitsverträge. Der vorletzte Vertrag hatte eine Laufzeit vom 1. Oktober 2002 bis zum 31. Mai 2004.

Kurz vor Ablauf wurde ihr ein neuer Anschlussvertrag vorgelegt. Dieser war seinerseits wiederum befristet – dieses Mal bis zum 28. Februar 2006.

Frau A glaubte, sich daran zu erinnern, dass eine solche Kettenbefristung eigentlich nicht möglich sei und wähnte sich daher – entgegen dem Wortlaut des Vertrages in einem bereits unbefristeten Arbeitsverhältnis. Um aber ganz sicher zu gehen, versah sie den neuerlichen Anschlussvertrag mit einem Zusatz: „Unter dem Vorbehalt, dass ich mich nicht schon in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befinde“.

Der Arbeitgeber akzeptierte dieses so nicht und machte ihr klar, dass sie entweder den Anschlussvertrag ohne Zusatz zu unterschreiben habe oder aber keine Weiterbeschäftigung erhalten werde.

Frau A unterschrieb den Anschlussvertrag ohne Vorbehalt.

Gleichzeitig aber erhob sie Klage zum Arbeitsgericht mit dem Ziel, feststellen zu lassen, dass die Befristung im Arbeitsverhältnis zum 31. Mai 2004, also das aus dem vorletzten Arbeitsvertrag unwirksam sei.

Nun stellte sich aber das Problem, dass ja bereits ein Folgevertrag in der Welt war.

Dieses wird dahingehend gelöst, dass, wenn ein Arbeitnehmer das Angebot des Arbeitgebers, den Folgevertrag vorbehaltlos abzuschließen, annimmt, er das Recht verliert, die Unwirksamkeit der Befristung des vorangegangenen Vertrags gerichtlich geltend zu machen.

Frau A sah in dem Verlangen des Arbeitgebers, entweder vorbehaltlos oder gar nicht abzuschließen, aber ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot, wie es in § 612 a BGB geregelt ist:

„Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.“

Wie § 611a BGB, der ein Benachteiligungsverbot wegen des Geschlechtes enthält, gilt die Vorschrift für alle Handlungen und Unterlassungen des Arbeitgebers im Arbeitsverhältnis, bei seiner Anbahnung oder bei seiner Verlängerung.

Die Rechtsausübung des Arbeitnehmers ist zulässig, solange sie mit der Rechtsordnung als ganzer in Einklang steht.

Das Bundesarbeitsgericht hat jetzt die Klage – wie bereits die Vorinstanzen – abgewiesen.

Es hat dazu ausgeführt, die Befristung eines Arbeitsvertrages unterliege wegen des vorbehaltlosen Abschlusses des Folgevertrags nicht der gerichtlichen Kontrolle.
In dem Verlust des Rechtes, die Befristung gerichtlich überprüfen zu lassen, liegt demzufolge keine Benachteiligung im Sinne des § 612a BGB.

Wäre hier eine unzulässige Benachteiligung zu sehen gewesen, hätte dies dazu geführt, dass sich Frau A trotz des fehlenden Vorbehaltes die Unwirksamkeit der Befristung hätte prüfen lassen können.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, wenn der Arbeitgeber es ablehnt, mit einem befristet beschäftigten Arbeitnehmer bei Abschluss eines befristeten Anschlussvertrags einen vom Arbeitnehmer gewünschten Vorbehalt zu vereinbaren, der es diesem ermöglicht, die Wirksamkeit der in dem vorangegangenen Vertrag vereinbarten Befristung gerichtlich überprüfen zu lassen, aht der 7. Senat des BAG entschieden.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. Februar 2007 – 7 AZR 95/06 –
Vorinstanz: Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 4. August 2005 – 6 Sa 975/04 –

18
Feb
07

Bundesarbeitsgericht : Uniform für die Beschäftigten – wer entscheidet über die Kosten ?

Die Kleiderordnung für Betriebe ist immer wieder ein gerne diskutiertes Thema. Hier spielen nicht so sehr gestalterische Aspekte eine Rolle, sondern oftmals vielmehr die Frage, wer denn das Ganze bezahlen solle.

Im konkreten Falle ging es aber darüber hinaus um die Frage, wer das Ganze zu entscheiden habe.

Hier hilft uns zunächst ein Blick in das Betriebsverfassungsgesetz.

㤠87 Mitbestimmungsrechte
(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb“

Hierzu gehört nach einhelliger Meinung auch die Kleiderordnung. Wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht einigen können, entscheidet die Einigungsstelle.

Die Einigungsstelle ist eine Art „betriebliches Schiedsgericht“, Es dient dazu, gescheiterte Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zu einer Einigung zu führen. Die Einzelheiten hierzu sind ebenfalls im BetrVG geregelt:

㤠76 Einigungsstelle
(1) 1Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. 2Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden….“

Hieraus folgt, dass die Einigungsstelle über die Kleiderordnung entscheiden kann. Zur Ordnung im Betrieb gehört auch, dass eine Entscheidung darüber getroffen wird, wer die Kleidung zu beschaffen hat.

Im Fall, den das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden hatte, hatte der Betriebsrat eines Casinos den Spruch der Einigungsstelle nun angefochten. Die Einigungsstelle hatte zwar entschieden, dass für die Angestellten im Wesentlichen das Tragen schwarzer oder mitternachtsblauer Anzüge respektive Kostüme vorgeschrieben ist. Über die Kosten hatte die Einigungsstelle aber nichts gesagt.

Der Betriebsrat war nun der Meinung gewesen, dass die Einigungsstelle auch hierüber hätte entscheiden müssen. Das Unterlassen, diese Frage zu beantworten, würde den Schiedsspruch zu Fall bringen.

Das Gericht hatte nun zu prüfen, ob Verfahrens- oder Formfehler gemacht wurden oder ob es sich um eine Angelegenheit handelte, die nicht mitbestimmungspflichtig gewesen wäre.

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung nun ausgeführt, dass Regelungen über die Kostentragung nicht die Ordnung des Betriebs und das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb betreffen.

Hieraus folgt zwingend, dass sie daher nicht dem Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unterfallen. Die Kostentragung richtet sich nach gesetzlichen Bestimmungen sowie etwa vorhandenen arbeits- oder tarifvertraglichen Regelungen.
Abschließend führte das Gericht aus, dass entgegen der Auffassung des Betriebsrats die Kleiderordnung, die Beschäftigten nicht unverhältnismäßig belastet.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 13. Februar 2007 – 1 ABR 18/06 –
Landesarbeitsgericht Berlin, Beschluss vom 20. September 2005 – 3 TaBV 1069/05 –

18
Feb
07

Minderung von Sonderleistungen für streikende Mitarbeiter ?

Herr A arbeitet in einer Redaktion einer Tageszeitung. Die Gewerkschaft rief zum Streik auf, um den „Manteltarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen – MTV“ durchzusetzen. Herr A streikte mit.

Am 25. Februar 2004 kam nun ein Tarifvertrag zustande, rückwirkend zum 01. Januar 2003.

Entsprechend diesem Tarifvertrag wurde ein Urlaubgsgeld bei Urlaubsantritt vereinbart, sowie eine Jahresleistung. Diese wird gemäß dem Manteltarifvertrag für die „Zeiten unbezahlter Arbeitsbefreiung“ entsprechend gekürzt.

Der Verlag, bei dem Herr A beschäftigt ist, kürzte beide Leistungen wegen der Teilnahme am Streik. Hiergegen klagte er. Das Landesarbeitsgericht verurteilte den Arbeit, die hiergegen eingelegte Revision blieb erfolglos.

Hinsichtlich des einbehaltenen Urlaubsgeldes führte das Gericht nun aus, sei es unerheblich, ob Herr A an einigen Tagen des Jahres nicht gearbeitet habe. Grund und Höhe seien hiervon nicht berührt. Daher durfte der Verlag das Urlaubsgeld nicht kürzen.

Wegen der Jahresleistung sieht die Rechtslage etwas anders aus:

Wenn sich ein Arbeitnehmer an einem rechtmäßigen Streik beteiligt, so führt dies zum sogenannten Ruhen des Arbeitsverhältnisses.

Aus dem Ruhen des Verhältnisses folgt zwingend, dass er für diesen Zeitraum seinen Anspruch auf Arbeitsentgelt verliert. Der Arbeitgeber kann darüber hinaus zusätzlich berechtigt sein, tarifliche Sonderleistungen anteilig zu mindern.
Ob dem tatsächlich so ist und dem Arbeitgeber tatsächlich eine Minderungsbefugnis zusteht, richtet sich eineseits nach den tariflichen Anspruchsvoraussetzungen und darüber hinaus nach bestimmten Ausschlusstatbeständen.

Hinsichtlich der Jahresleistung hat der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichtes eine Kürzungsbefugnis nicht ausgeschlossen. Eine streikbedingte Abwesenheit des Arbeitnehmers kann demnach gegebenenfalls als „unbezahlte Arbeitsbefreiung“ angesehen werden. Dies würde dann zur Anspruchsminderung und zur Kürzungsbefugnis des Arbeitgebers führen.

Zum Glück für Herrn A hatten aber die Tarifvertragsparteien eine sogenannte „Maßregelungsklausel“ vereinbart. In dieser Klausel wurde unter anderem vereinbart, dass entgegen der oben dargestellten allgemeinen Regelung das Ruhen des Arbeitsverhältnissses für die Teilnahme der Streikmaßnahmen ausgeschlossen wurde. Demnach ist es dem Arbeitgeber verwehrt gewesen, die Streiktage wie Ruhenszeiten zu behandeln.

Aus diesem Grunde hatte Herr A neben dem Anspruch auf das volle Urlaubsgeld auch Anspruch auf die volle Jahresleistung.

BAG 13. Februar 2007 – 9 AZR 374/06 – (der Parallelfall – 9 AZR 52/06 – betraf nur Urlaubsgeld)
Vorinstanz: LAG Düsseldorf 8. März 2006 – 12 Sa 1331/05 –

15
Feb
07

BGH zur Frage, welcher Ehegatte wohl gemeint war

Frau A war in erster Ehe mit Herrn B verheiratet gewesen. Während dieser Ehe, im Jahre 1979 schloss sie eine Rentenversicherung ab. In den Versicherungsbedingungen war vereinbart worden, dass bei Tod der Frau A die Beiträge an eine bezugsberechtigte Person rückzugewähren seien. Im Versicherungsantrag hatte sie dann „Ehegatte der versicherten Person“ angegeben.

Im Jahre 1985 wurde die Ehe der Frau A dann geschieden. 1993 heiratete sie dann den Herrn A. Im Jahre 1994 verstarb dann Frau A.

Die Versicherungsgesellschaft zahlte dann Versicherungsleistungen in Höhe von EUR 6.255,02 aus – an den Herrn B.

Herr A konnte das nicht einsehen. Es war doch der Ehegatte als bezugsberechtigte Person eingetragen. Und das war nunmal er und nicht der Herr B. Dessen Ehe war doch 9 Jahre zuvor schon geschieden geworden.

So verlangte Herr A von der Versicherung, dass sie den Betrag an ihn auszuzahlen habe. Er blieb aber in allen Instanzen erfolglos.

Das Gericht hat die allgemeinen Regeln des ersten Buches des BGB angewendet.

So musste gegenüber der Versicherungsgesellschaft ein Bezugsberechtigter benannt werden. Dies erfolgt durch eine Willenserklärung. Diese ist empfangsbedürftig. Im Gegensatz zu beispielsweise einem Vetrag ist diese Willenserklärung eine einseitige.

Praktisch bedeutet das, dass der Absender der Erklärung diese auf den Weg bringen muss und diese Erklärung dann beim Empfänger ankommt.

Im konkreten Fall wird also der Bezugsberechtigte durch die Benennung benannt.

Es ist bei solchen Versicherungsverträgen durchaus möglich, dass eine einmal erfolgte Benennung geändert werden soll.

Dies erfolgt dann in der selben Weise – also durch eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung.

Bleibt noch zu klären, wessen Inhalt die Erklärung ist. Dies erfolgt ebenfalls nach den allgemeinen Regeln durch Auslegung.

Hier ist auf das Verständnis des Empfängers abzustellen, und zwar im Zeitpunkt der Abgabe, oder genauer, des Zuganges der Willenserklärung. Dies war hier im Jahre 1979 – und damals war Frau A mit Herrn B verheiratet. Die Versicherungsgesellschaft musste also die Erklärung so verstehen, dass der Herr B gemeint sei.

Hieraus folgt nun, dass bei einer Scheidung nicht zwangsläufig die Benennung unwirksam wird. Es ist auch nicht so, dass eine solche Erklärung dahingehend verstanden werden kann, dass damit der derzeitige Ehegatte gemeint sein könnte.

Praktisch bedeutet dies, dass im Falle einer Trennung und/oder Scheidung nicht vergessen werden darf, dass gegebenenfalls Versicherungen auf die bisherigen Bezugsberechtigungen überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.

Urteil vom 14. Februar 2007 – IV ZR 150/05

LG Wiesbaden – Entscheidung vom 26.4.2005 – 2 O 251/03 ./. OLG Frankfurt am Main – Entscheidung vom 1.6.2006 – 3 U 176/04




Rechtsanwalt und Mediator Roland Hoheisel-Gruler

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