A und B brauchten Geld zur Finanzierung von zwei Eigentumswohnungen. Sie gingen zu ihrer Raiffeisenbank und wollten ein Darlehen haben. Dieses bekamen sie auch, Herr C musste hierfür als Bürge herhalten.
Das Darlehen konnte nicht mehr bedient werden. Anstatt aber nun einfach nur den Darlehensvertrag zu kündigen und den Bürgen in Anspruch zu nehmen tat die Bank etwas anderes: Sie trat ihren Rückzahlungsanspruch an eine Beitreibungs- und Verwertungsgesellschaft der Bankengruppe ab.
Diese klagte nun gegen A und B auf Rückzahlung – und nahm den C als Bürgen in Anspruch.
§ 398 BGB gibt die Legaldefinition der Abtretung:
„Eine Forderung kann von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschluss des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers.“
Hieraus folgt, dass die Beitreibungs- und Verwertungsgesellschaft durch den Vertrag mit der Raiffeisenbank an deren Stelle getreten ist – mit allen Rechten und Pflichten. In der Fachsprache nennt man den bisherigen Gläubiger den Zedenten – den Erwerber den Zessionar. Zedent ist folglich die Bank, Zessionar die Verwertungsgesellschaft.
Vor dem Landgericht in Ravensburg bestritten A und B die Wirksamkeit der Abtretung. Möglich wären zwei Fallgruppen: Zum einen ein gesetzliches Abtretungsverbot – herrührend aus dem Bundesdatenschutzgesetz oder anderen Bestimmungen, die das Bankgeheimnis betreffen. Andererseits könnte das Abtretungsverbot auf § 399 BGB gestützt werden:
§ 399 BGB regelt den Ausschluss der Abtretung bei einer Inhaltsänderung oder einer Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner:
„Eine Forderung kann nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann oder wenn die Abtretung durch Vereinbarung mit dem Schuldner ausgeschlossen ist.“
Eine Inhaltsänderung kommt hier nicht in Betracht. Zu denken wäre aber an eine Vereinbarung zwischen Raiffeisenbank und den Schuldnern. Ausdrücklich ist im Darlehensvertrag zwar nichts vereinbart. Es könnte aber durchaus so gesehen werden, dass es dem Wesen des Darlehensvertrages entspricht, dass wegen des Bankgeheimnisses ein solches Verbot konkludent – also durch schlüssiges Handeln mit vereinbart worden ist. Quis est quidditas quidditatis – die Frage nach dem Wesen des Wesens musste auch hier das Gericht beschäftigen.
Das Landgericht kam zu dem Schluss, dass die Abtretung unwirksam sei – und wies die Klage ab. Das OLG Stuttgart kam zum umgekehrten Ergebnis – die Revision der Beklagten blieb erfolglos.
Der BGH hat ausgeführt, dass weder Bankgeheimnis noch Bundesdatenschutzgesetz der Abtretung entgegenstehen. Deswegen war die Beitreibungs- und Verwertungsgesellschaft zur Geltendmachung der Klageforderung befugt.
Ein Verstoß gegen Verschwiegenheitspflichten oder gegen Bestimmungen des Datenschutzes führen allenfalls zu Schadensersatzansprüchen des Kunden gegen die Bank. Das Bankgeheimnis ist jedoch nicht so weitreichend, dass hieraus ein stillschweigend vereinbartes Abtretungsverbot herausgelesen werden könnte. Auch ein gesetzliches Abtretungsverbot vermochte das Gericht aus den in Frage kommenden Bestimmungen des Datenschutzes nicht zu erkennen.
Nachdem das Gericht die Abtretung als wirksam erkannt hatte, war die Klägerin auch Inhaberin des Bürgschaftsanspruches geworden. Nachdem C aber behauptet hatte, dass diese Forderung erloschen sei, hat der BGH diesbezüglich das Urteil des OLG Stuttgart aufgehoben und zur erneuten Prüfung zurückverwiesen.
Urteil vom 27. Februar 2007 – XI ZR 195/05
LG Ravensburg – Urteil vom 20. Januar 2005 – 6 O 399/04 ./. OLG Stuttgart – Urteil vom 22. Juni 2005 – 9 U 34/05