Archive for the 'Sozialrecht' Category

10
Apr
10

Hartz IV und das Guthaben aus der Nebenkostenabrechnung in der Privatinsolvenz

Das  Landessozialgericht Nordrheinwestfalen hat ein Urteil zur Frage, ob ein Guthaben aus einer Nebenkostenabrechnung auf Leistungen nach dem SGB II auch dann angerechnet werden kann, wenn  der Leistungsbezieher sich in der Privatinsolvenz befindet und der Treuhänder das Guthaben zur Masse zieht.

Dahinter steht die konkrete Fragestellung, ob hier die Regelung des § 22 Abs. I S 4 SGB II zur Anwendung kommt oder nicht.  Davor hatte das Sozialgericht in Berlin diese Frage bejaht, das Sozialgericht in Neubrandenburg hingegen verneint.

Die fragliche Norm heißt: „Rückzahlungen und Guthaben, die den Kosten für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift entstehenden Aufwendungen; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie beziehen, bleiben insoweit außer Betracht.“

Im vorliegenden Urteil  führte das Gericht nun dass, dass die Vorschrift des § 22 Abs. 1 S. 4 SGB II auch dann Anwendung findet, wenn sich der Leistungsempfänger in der Verbraucherinsolvenz befindet und der Rückzahlbetrag in die Insolvenzmasse gezogen wird.

Damit stellt sich das Gericht auf den Standpunkt, dass es nicht darauf ankommt, ob der Betrag dem Leistungsempfänger tatsächlich zur Verfügung steht oder nicht.

Nach § 35 der  Insolvenzordnung (InsO) handelt es sich bei der Rückerstattung aus einem Guthaben einer Nebenkostenabrechung um ein Einkommen des Schuldners.

㤠35 Begriff der Insolvenzmasse

(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).

(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295 Abs. 2 gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.

(3) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.“

Das Gericht hat weiterhin nun den Bogen dahingehend gespannt, dass dieses Einkommen tatsächlich den Bedarf im Sinne des „ 22 I S4 SBG II mindert, weil es nach dem Wortlaut und den Gesetzgebungsmaterialien  nicht darauf ankommt, ob das Geld tatsächlich dem Leistungsempfänger zur Verfügung stehen muss..

Für das Gericht reichte vielmehr schon aus, dass ein  Zufluss in das Vermögen des Leistungsempfängers hier stattgefunden hatte. Dies entnimmt das Gericht der Regelung in § 80 InsO:

„§ 80 Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts

(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.

(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.“

Denn auch nach der Eröffnung der Insolvenz kann der Schuldner Vermögenswerte hinzuerwerben.

Für dieses Vermögen fehlt dem Schuldner lediglich  die Verwaltungs- und Verfügungsgewalt. die gemäß § 80 InsO mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Insolvenzverwalter übergeht.

Somit kam das Gericht zu dem Schluss, dass tatsächlich die Rückerstattung nach dem System der Insolvenzordnung den Klägern zugeflossen war. Dieses reicht aber für die Eröffnung des Anwendungsbereiches des § 22 Abs. I S4 SGB II aus. Darauf, dass der Leistungsempfänger dann mangels Verfügungsbefugnis über das so zugeflossene Vermögen keine Verfügungsmacht mehr hat, sondern der Betrag unmittelbar zur Schuldentilgung oder aber zur  teilweisen Befriedigung der Kosten ihres Insolvenzverfahrens  verwendet wird, kommt es nicht an.

Der Senat hat die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage als gegeben angesehen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).

1. SG Detmold – 18.03.2009 – AZ: S 23 (10) AS 232/07

2. LSG Nordrhein-Westfalen – 22.09.2009 – AZ: L 6 AS 11/09

20
Jun
08

Profisportler sind eigentlich keine Künstler

Auf diesen Nenner kann man eine Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 24. Januar 2008 bringen.Es ging wieder einmal um die Frage, ob und wann eine Künstlersozialabgabe zu bezahlen ist. Im Fokus dieses Verfahrens standen zwei Brüder, die als Profiboxer berühmt geworden sind: Vitali und Wladimir Klitschko. Daneben sind sie dem breiten Publikum als Hauptdarsteller in verschiedenen Werbespots für Papiertaschentücher oder Kindersnacks bekannt geworden.

Und hier lag nun das Problem des Verfahrens. Waren die Klitschko-Brüder hier als Künstler tätig geworden oder nicht.

Für den Fall nämlich, dass es sich bei der Mitwirkung bei den Spots um eine selbstständige Tätigkeit im Bereich der darstellenden Kunst gehandelt haben sollte, wäre auf die gezahlten Honorare die Künstlersozialabgabe fällig geworden.

Maßstab ist der § 2 Satz 1 des KSVG:

„Künstler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt.“

Der Personenkreis, der zur Künstlersozialabgabe verpflichtet ist, ist im § 24 definiert:

㤠24
(1) 1Zur Künstlersozialabgabe ist ein Unternehmer verpflichtet, der eines der folgenden Unternehmen betreibt:
1.Buch-, Presse- und sonstige Verlage, Presseagenturen (einschließlich Bilderdienste),
2.Theater (ausgenommen Filmtheater), Orchester, Chöre und vergleichbare Unternehmen; Voraussetzung ist, daß ihr Zweck überwiegend darauf gerichtet ist, künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen öffentlich aufzuführen oder darzubieten; Absatz 2 bleibt unberührt,
3.Theater-, Konzert- und Gastspieldirektionen sowie sonstige Unternehmen, deren wesentlicher Zweck darauf gerichtet ist, für die Aufführung oder Darbietung künstlerischer oder publizistischer Werke oder Leistungen zu sorgen; Absatz 2 bleibt unberührt,
4.Rundfunk, Fernsehen,
5.Herstellung von bespielten Bild- und Tonträgern (ausschließlich alleiniger Vervielfältigung),
6.Galerien, Kunsthandel,
7.Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte,
8.Variete- und Zirkusunternehmen, Museen,
9.Aus- und Fortbildungseinrichtungen für künstlerische oder publizistische Tätigkeiten.
2Zur Künstlersozialabgabe sind auch Unternehmer verpflichtet, die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen.
(2) 1Zur Künstlersozialabgabe sind ferner Unternehmer verpflichtet, die nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens zu nutzen, wenn im Zusammenhang mit dieser Nutzung Einnahmen erzielt werden sollen. 2Werden in einem Kalenderjahr nicht mehr als drei Veranstaltungen durchgeführt, in denen künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen aufgeführt oder dargeboten werden, liegt eine nur gelegentliche Erteilung von Aufträgen im Sinne des Satzes 1 vor. 3Satz 1 gilt nicht für Musikvereine, soweit für sie Chorleiter oder Dirigenten regelmäßig tätig sind.“

Die Bemessungsgrundlage für die Künstlersozialabgabe ist im § 25 geregelt. Dort heisst es:

㤠25
(1) 1Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe sind die Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 Abs. 1 oder 2 zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe eines Kalenderjahres an selbständige Künstler oder Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach diesem Gesetz nicht versicherungspflichtig sind. 2Bemessungsgrundlage sind auch die Entgelte, die ein nicht abgabepflichtiger Dritter für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen zahlt, die für einen zur Abgabe Verpflichteten erbracht werden.
(2) 1Entgelt im Sinne des Absatzes 1 ist alles, was der zur Abgabe Verpflichtete aufwendet, um das Werk oder die Leistung zu erhalten oder zu nutzen, abzüglich der in einer Rechnung oder Gutschrift gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer. 2Ausgenommen hiervon sind
1.die Entgelte, die für urheberrechtliche Nutzungsrechte, sonstige Rechte des Urhebers oder Leistungsschutzrechte an Verwertungsgesellschaften gezahlt werden,
2.steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nr. 26 des Einkommensteuergesetzes genannten steuerfreien Einnahmen.
3Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, zur Vereinfachung des Abgabeverfahrens durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß Nebenleistungen, die der zur Abgabe Verpflichtete im Zusammenhang mit dem Erwerb oder der Nutzung des Werkes oder der Leistung erbringt, ganz oder teilweise nicht dem Entgelt im Sinne des Satzes 1 zuzurechnen sind.
(3) 1Entgelt im Sinne des Absatzes 1 ist auch der Preis, der dem Künstler oder Publizisten aus der Veräußerung seines Werkes im Wege eines Kommissionsgeschäfts für seine eigene Leistung zusteht. 2Satz 1 gilt entsprechend, wenn ein nach § 24 Abs. 1 zur Abgabe Verpflichteter
1.den Vertrag im Namen des Künstlers oder Publizisten mit einem Dritten oder im Namen eines Dritten mit dem Künstler oder Publizisten abgeschlossen hat oder
2.den Künstler oder Publizisten an einen Dritten vermittelt und für diesen dabei Leistungen erbringt, die über einen Gelegenheitsnachweis hinausgehen,
es sei denn, der Dritte ist selbst zur Abgabe verpflichtet.
(4) 1Erwirbt ein nach § 24 Abs. 1 oder 2 zur Abgabe Verpflichteter von einer Person, die ihren Wohnsitz oder Sitz nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat, ein künstlerisches oder publizistisches Werk eines selbständigen Künstlers oder Publizisten, der zur Zeit der Herstellung des Werkes seinen Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hatte, gilt als Entgelt im Sinne des Absatzes 1 auch das Entgelt, das der Künstler oder Publizist aus der Veräußerung seines Werkes von dieser Person erhalten hat. 2Satz 1 gilt nicht, wenn der zur Abgabe Verpflichtete nachweist, daß von dem Entgelt Künstlersozialabgabe gezahlt worden ist oder die Veräußerung des Werkes mehr als zwei Jahre zurückliegt. 3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn eine künstlerische oder publizistische Leistung erbracht wird.“
Die Künstlersozialkasse wiederum hielt die Mitwirkung der Gebrüder Klitschko für eine solche künstlerische Leistung, die entsprechend abgabenpflichtig ist.

Als wesentliche Gründe hierfür sah die Künstlersozialkasse die Art und Weise, wie die Werbespots zustande kamen, an. Hier handelte es sich um Kurzfilme, die eine kleine Geschichte erzählten und aus nach einem Drehbuch gestalteten Szenen bestanden.

Deswegen verpflichtete sie die Gesellschaft, die die Persönlichkeitsrechte der Gebrüder Klitschko vermarktete, die auf die bezahlten Honorare die entsprechende Künstlersozialabgabe zu bezahlen. Denn diese Vermarktungsgesellschaft hatte ihrerseits von den Produzenten der Spots ein Entgelt bezogen. Nach Abzug der Provisionen zahlte diese den Gebrüdern Klitschko ein vereinbartes Honorar.

Diese Gesellschaft wiederum war anderer Auffassung als die Künstlersozialkasse – und klagte gegen diese Verpflichtung.

Das Bundessozialgericht hat hierzu nun ausgeführt, dass es sich bei der Mitwirkung in Werbespots um keine künstlerische Tätigkeit handele. Wesentliches Argument war, dass die Profisportler nicht wegen ihrer darstellerischen Fähigkeiten, sondern wegen ihrer Bekanntheit in weiten Teilen der Bevölkerung und ihrer Vorbildfunkion bei der Zielgruppe der Werbung als Werbeträger engagiert werden.

Weiterhin gehöre es zwischenzeitlich zum Berufsbild des Porofisportlers, ausserhalb der Sportstätten als Werbeträger in Erscheinung zu treten und so die Persönlichkeitsrechte zu vermarkten.

Das Gericht hat aber die Frage ausdrücklich offen gelassen, ob es die Mitwirkung in Filmen ausserhalb von Werbespots, sei es Kinofilm oder Fernsehproduktion, nicht doch unter eine künsterische Darbietung im Sinne des KSVG sehen wolle.

Profisportler werden eben nur durch die Mitwirkung in Werbespots noch nicht zu Künstlern.

13
Nov
07

Dieter Bohlen ist ein Künstler

Da ist sie wieder, die leidige Diskussion, was Kunst ist. Um es mit Paul Klee zu sagen, gibt Kunst nicht sichtbares wieder sondern macht sichtbar. In diesem Zusammenhang sei auch an Joseph Beuys und seinen erweiterten Kunstbegriff, insbesondere im Hinblick auf die „soziale Plastik“ hingewiesen.

Da passt es, dass sich die verwunderte Öffentlichkeit jetzt die Augen reibt, dass das Sozialgericht in Köln Dieter Bohlen die Eigenschaft des Künstlers zugesprochen hat.

Bei genauerem Hinsehen wird  es aber klarer: Da musste das Sozialgericht entscheiden, geklagt hatte der Sender RTL – und zwar gegen einen Beitragsbescheid der Künstlersozialkasse – wegen DSDS. Gegenstand der Betrachtung war nicht nur Dieter Bohlen, vielmehr standen die gesamten Leistungen des Jury-Teams zur Diskussion, nämlich Musikproduzent Thomas Stein, Radiomoderator Thomas Bug und Musikjournalistin Shona Fraser.
Die Künstlersozialkasse ist die Sozialversicherung der freiberuflichen Künstler. Was unter diesen Begriff zu subsumieren ist, sagt das Gesetz im § 2: Demzufolge ist Künstler, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt.

Nun ist es so, dass schon vor Schaffung dieses Gesetzes eine Möglichkeit gesucht wurde, dass nicht nur die Künstler und Publizisten beitragspflichtig sind, sondern auch die Verwerter dieser Leistungen.

Deswegen  gibt es auch den § 24 KSVG, der die Abgabepflicht regelt.In die Berechnung werden sodann die dem Künstler oder Publizisten erstattete Leistungen mit einbezogen.

Maßgeblich für die Einschätzung, ob eine künstlerische Betätigung vorliegt, ist daher die Frage, ob „eigenschöpferische, höchstpersönliche Leistungen“ vorliegen.

Dies hat das Sozialgericht Köln bejaht und weiter ausgeführt:

„Sie reagieren mit ihren Kommentaren vergleichsweise spontan auf die Darbietungen der Künstler, auch treten sie in einen Dialog mit den Interpreten und dem Publikum“.

Gerade diese eigenschöpferischen und höchstpersönlichen Leistungen waren aber laut dem Vertrag, den der Sender mit den Jury-Mitgliedern abgeschlossen hatte, geschuldet gewesen.

Wer immer noch verwundert ist und einen anderen Kunstbegriff sein Eigen nennt, der sei mit der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vertröstet, wonach es auf das Niveau nicht ankommt. Die Gestaltungshöhe der geschaffenen Werke ist für die Versicherung in der Künstlersozialkasse unerheblich. Es kommt nur auf die eigenschöpferische Leistung an.

Das Urteil ist noch icht rechtskräftig.

09
Okt
07

Bundesarbeitsgericht: Welchen Status hat der „Ein-Euro-Job“ ?

Arbeitnehmer sind Menschen, die im rechtlichen Rahmen eines Arbeitsverhältnisses auf Grund eines Arbeitsvertrages verpflichtet sind, ihre Arbeitskraft einer Weisung entsprechend gegen Entgelt zur Verfügung zu stellen.

Das Deutsche Recht kennt keine einheitliche Definition des Arbeitnehmers.

So definiert § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes:

㤠5 Begriff des Arbeitnehmers
(1) 1Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. 2Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten (§ 1 des Heimarbeitsgesetzes vom 14. März 1951 – Bundesgesetzbl. I S. 191 -) sowie sonstige Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. 3Als Arbeitnehmer gelten nicht in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind.

(2) Beamte sind als solche keine Arbeitnehmer.

(3) 1Handelsvertreter gelten nur dann als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a des Handelsgesetzbuchs die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses, bei kürzerer Vertragsdauer während dieser, im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 Euro auf Grund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben. 2Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundesministerium der Justiz können im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie die in Satz 1 bestimmte Vergütungsgrenze durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den jeweiligen Lohn- und Preisverhältnissen anpassen.“

§ 5 des Betriebsverfassungsgesetzes definiert hingegen:

㤠5 Arbeitnehmer
(1) 1Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. 2Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten.

(2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht

1.in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist;
2.die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben;
3.Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist;
4.Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden;
5.der Ehegatte, der Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.“

Zu klären hatte das Bundesarbeitsgericht nun die Frage, wie eine 1-EURO-Jobberin rechtlich einzuordnen ist.

Der Entscheidung des Gerichts lag folgender Sachverhalt zugrunde:

„Die Klägerin war Arbeitssuchende und erhielt Entgeltleistungen nach dem SGB II. Mit Arbeitsstellenvorschlag der Arbeitsgemeinschaft eines Landkreises wurde sie der beklagten Verbandsgemeinde zur Unterstützung einer Raumpflegerin gemeldet. Die Klägerin schloss mit der Arbeitsgemeinschaft eine Eingliederungsvereinbarung. Die Tätigkeit war bis zum 31. Dezember 2005 befristet. Hierfür erhielt die Klägerin neben dem Arbeitslosengeld II eine zusätzliche Mehraufwandsentschädigung von 1,25 Euro pro Stunde.“

Die Klägerin – Frau A – begehrte nunmehr die Feststellung, dass ein „richtiges“ Arbeitsverhältnis bestanden habe, sie also Arbeitnehmerin war. Darüber hinaus verlangte sie die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis über den 31.12.2005 hinaus Bestand hatte sowie die Zahlung von Arbeitsentgelt.

Begründet hat Frau A diese Auffassung damit, dass sie schließlich wie eine reguläre Arbeitskraft beschäftigt worden sei.

Damit hätten die Voraussetzungen des § 16 III SGB II nicht vorgelegen. Diese Vorschrift lautet:
„3) 1Für erwerbsfähige Hilfebedürftige, die keine Arbeit finden können, sollen Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden. 2Werden Gelegenheiten für im öffentlichen Interesse liegende, zusätzliche Arbeiten nicht nach Absatz 1 als Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gefördert, ist den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuzüglich zum Arbeitslosengeld II eine angemessene Entschädigung für Mehraufwendungen zu zahlen; diese Arbeiten begründen kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts; die Vorschriften über den Arbeitsschutz und das Bundesurlaubsgesetz mit Ausnahme der Regelungen über das Urlaubsentgelt sind entsprechend anzuwenden; für Schäden bei der Ausübung ihrer Tätigkeit haften erwerbsfähige Hilfebedürftige nur wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.“

Voraussetzung ist demnach eine wettbewerbsneutrale zusätzliche Tätigkeit.

Frau A meinte deswegen, der eigentliche Arbeitsvertrag sei konkludent geschlossen worden. Für eine Befristung gäbe es kein sachlicher Grund.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Frau A blieb ohne Erfolg.

Das BAG hat hierzu ausgeführt, dass das Rechtsverhältnis zwischen einer erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der Leistungserbringerin auf der Basis von § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II kein Arbeitsverhältnis ist. Vielmehr ist dieses rein öffentlich-rechtlicher Natur. Aus einem öffentlich-rechtliche Verhältnis kann aber kein Arbeitsverhältnis hergeleitet werden.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26. September 2007 – 5 AZR 857/06 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. August 2006 – 2 Sa 401/06 –

06
Okt
07

Das Bundesarbeitsgericht und der 1-EURO-Job

Das Bundesarbeitsgericht hat jetzt die Frage entschieden, ob der Betriebsrat bei der Einstellung von Ein-Euro-Jobbern mitstimmungsberechtigt ist.

Die Grundlage hierfür findet sich im § 99 I S1 des BetrVG:

„§ 99 Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen
(1) 1In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. 2Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. 3Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.“

Die Frage war deswegen problematisch, weil Ein-Euro-Jobber keine Arbeitnehmer sind. Sie sind vielmehr Hilfebedürftige im Sinne des § 16 III S2 des SGB II :

„(3) 1Für erwerbsfähige Hilfebedürftige, die keine Arbeit finden können, sollen Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden. 2Werden Gelegenheiten für im öffentlichen Interesse liegende, zusätzliche Arbeiten nicht nach Absatz 1 als Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gefördert, ist den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuzüglich zum Arbeitslosengeld II eine angemessene Entschädigung für Mehraufwendungen zu zahlen; diese Arbeiten begründen kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts; die Vorschriften über den Arbeitsschutz und das Bundesurlaubsgesetz mit Ausnahme der Regelungen über das Urlaubsentgelt sind entsprechend anzuwenden; für Schäden bei der Ausübung ihrer Tätigkeit haften erwerbsfähige Hilfebedürftige nur wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.“

Diese Vorschrift stellt ausdrücklich klar, dass es sich eben gerade um kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts handelt.

Das Bundesarbeitsgericht hat aber nunmehr entschieden, dass bei der Frage der Mitbestimmung vorrangig das Verfahren zu beachten ist. Demnach werden die Ein-Euro-Jobber in den Betrieb eingegliedert. Sie verrichten zusammen mit den dort beschäftigten Arbeitnehmern zur Verwirklichung des Betriebszwecks weisungsgebundene Tätigkeiten.

Damit sind die mitbestimmungsrelevanten Tatbestandsmerkmale erfüllt. Auf das konkrete Rechtsverhältnis und damit auf das Fehlen der Arbeitnehmereigenschaft kommt es nicht an.

Bundesarbeitsgericht Beschluss vom 2. Oktober 2007 – 1 ABR 60/06 –
Hessisches Landesarbeitsgericht Beschluss vom 13. Juni 2006 – 4 TaBV 9/06 –

26
Sept
07

Krankheitsbedingte Kündigung und betriebliches Eingliederungsmanagement

Herr A hatte einen Arbeitsplatz als Maschinenbediener bei der Firma B. Bei ihm war ein Grad der Behinderung von 30 festgestellt worden. Damit war er einem schwerbehinderten Arbeitnehmer nicht gleichgestellt.Diesen Arbeitsplatz hatte Herr A seit dem Jahre 1981 inne. Ab dem März 2002 war er durchgehend krankgeschrieben. Ursache für die Krankschreibung war ein Rückenleiden.

Der Arbeitgeber reagierte hierauf nach fast 1 ½ Jahren und sprach am 29. Oktober 2004 die fristgemäße Kündigung aus. Der Betriebsrat war vorher auch angehört worden. Die krankheitsbedingte Kündigung stützte sich darauf, dass mit einer Wiederherstellung der Gesundheit in absehbarer Zeit nicht hätte gerechnet werden können. Ein leidensgerechter Arbeitsplatz sei keiner vorhanden.

Gegen diese Kündigung wehrte sich Herr A mit der Kündigungsschutzklage.

Er machte hier geltend, dass sein Einsatz als Maschinenbediner durchaus weiterhin möglich gewesen sei. Hierfür hätte der Arbeitsplatz eben entsprechend ausgestattet werden müssen.

Seinem Arbeitgeber wäre es auch möglich gewesen, durch eine Umgestaltung anderer Arbeitsplätze für ihn eine anderweilige Verwendung zu haben.

Grundlage für diese Massnahmen sei das betriebliche Eingliederungsmanagement. Aufgrund dessen hätte für den Arbeitgeber hierzu eine Verpflichtung bestanden.

Die Rechtsgrundlage findet sich im § 84 Abs. 2 Satz 1 des SGB IX:

„(2) 1Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des § 93, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement). 2Soweit erforderlich wird der Werks- oder Betriebsarzt hinzugezogen. 3Die betroffene Person oder ihr gesetzlicher Vertreter ist zuvor auf die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen. 4Kommen Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht, werden vom Arbeitgeber die örtlichen gemeinsamen Servicestellen oder bei schwerbehinderten Beschäftigten das Integrationsamt hinzugezogen. 5Diese wirken darauf hin, dass die erforderlichen Leistungen oder Hilfen unverzüglich beantragt und innerhalb der Frist des § 14 Abs. 2 Satz 2 erbracht werden. 6Die zuständige Interessenvertretung im Sinne des § 93, bei schwerbehinderten Menschen außerdem die Schwerbehindertenvertretung, können die Klärung verlangen. 7Sie wachen darüber, dass der Arbeitgeber die ihm nach dieser Vorschrift obliegenden Verpflichtungen erfüllt.“
Dieses betriebliche Einliederungsmanagement war im vorliegenden Falle nicht durchgeführt worden.

Das Bundesarbeitsgericht stand nun vor der Frage, was die Rechtsfolge hiervon ist.

Das Gericht kam hierbei zum Ergebnis, dass das Fehlen dieser Massnahme nicht ohne Weiteres zur Unwirksamkeit der Kündigung führt.

Begründet wird dies damit, dass die Durchführung der Massnahmen nach § 84 Abs. 2 SGB IX eben keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung dafür ist, dass aus krankeitsbedingten Gründen die personenbedingte Kündigung ausgesprochen wird.

Das Bundesarbeitsgericht hob aber gleichtzeitig hervor, dass die gesetzliche Regelung mehr darstellt, als nur ein bloßer Programmsatz.

Das Kündigungsrecht wird vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beherrscht. Das BAG sah deswegen in der Norm des § 84 II SGB IX eine gesetzliche Ausformung dieses Grundsatzes.

Wird nun diese normierte Ausformung nicht beachtet, so kann aufgrund der hierdurch vermuteten Verletzung der Unverhältnismäßigkeit nur die Folge sein, dass die Darlegungs- und Beweislast im Prozess bei der Prüfung der betrieblichen Auswirkungen von erheblichen Fehlzeiten hiervon betroffen sein kann.

Hieraus schließt das Bundesarbeitsgericht, dass sich dann der Arbeitgeber nicht pauschal darauf berufen kann, ihm seien keine alternativen, der Erkrankung angemessenen Einsatzmöglichkeiten bekannt.

Die Vorinstanzen hatten die Klage des Herrn A abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat den Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Hier wird sich das Landesarbeitsgericht insbesondere mit der Frage zu beschäfigen haben, ob ein leidensgerechter Arbeitsplatz vorhanden ist bzw. durch eine zumutbare Umgestaltung der Betriebsabläufe geschaffen werden könnte.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. Juli 2007 – 2 AZR 716/06 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 29. März 2006 – 18 Sa 2104/05 –

22
Aug
07

Bundesgerichtshof zum Einsatz des nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe erlangten Vermögens für die Prozesskosten

Der Bundesgerichtshof hat jetzt in einer wichtigen Frage zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe für Klarheit gesorgt.

Damit einer Partei im Prozess Prozesskostenhilfe gewährt werden kann, ist zunächst ein Antrag an das Gericht nötig.

Darüber hinaus hat das Gericht dann die materiellen Voraussetzungen zu prüfen. Hier unterscheiden wir zwischen den subjektiven und den objektiven Voraussetzungen.

Bei den Voraussetzungen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist zwischen formellen und materiellen Voraussetzungen zu unterscheiden, wobei die materiellen Voraussetzungen in subjektive und objektive aufgeteilt werden können.

Die ovjektiven Voraussetzungen sind gegeben, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung eine hinreichende Erfolgsaussicht bietet und nicht mutwillig erscheint. Das steht so im Gesetz,nämlich im Satz 1 des § 114 der Zivilprozessordnung:

㤠114 ZPO РVoraussetzungen
1Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.“

Die subjektiven Voraussetzungen ergeben sich aus der selben Vorschrift, nämlich die Bedürftigkeit der antragstellenden Partei, deren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse es ihr nicht gestatten, die Kosten der Prozessführung ohne weiteres aufzubringen. Grundlage der Beurteilung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist § 115 ZPO.

„§ 115 ZPO – Einsatz von Einkommen und Vermögen
(1) 1Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. 2Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert….“
Absatz 3 dieser Vorschrift regelt hierbei den Vermögenseinsatz:

„(3) 1Die Partei hat ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. 2§ 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.“

Der Verweis ins SGB XII zeigt, dass hier entsprechend dem Sozialhilferecht verfahren werden soll. Neben dem Grundsatz des Einsatzes des gesamten verwertbaren Vermögens gibt es hier im Absatz 2 und 3 eine Reihe von Ausnahmen, die entsprechend bei der Gewährung von PKH beachtet werden müssen:

„§ 90 SGB XII – Einzusetzendes Vermögen
(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) 1Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines Kapitals einschließlich seiner Erträge, das der zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des § 10a oder des Abschnitts XI des Einkommensteuergesetzes dient und dessen Ansammlung staatlich gefördert wurde,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken behinderter (§ 53 Abs. 1 Satz 1 und § 72) oder pflegebedürftiger Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. 2Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen.

(3) 1Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. 2Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.“

Streitig war nun lange die Frage, was mit Vermögen geschieht, das erst nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe erlangt wird.

Diese Frage lag nun dem XII. Zivilsenat des BGH zur Beantwortung vor. Dieser Senat ist unter anderem für Familiensachen zuständig. Hier ist diese Fragestellung besonders virulent, da häufig erst nach erfolgreichem Rechtsstreit im Zugewinnverfahren der bis dahin bedürftigen Partei Vermögen im Rahmen des Zugewinnausgleichs zuwächst.

So war es auch in dem nun entschiedenen Fall, wobei dieser noch die Besonderheit aufwies, dass es nicht um die Prozesskostehhilfe für das güterrechtliche Verfahren ging, sondern um das parallel betriebene Unterhaltsverfahren:

Die Ehe der Parteien war zwischenzeitlich geschieden worden. Trennungs- und Kindesunterhalt war noch nicht geklärt. Die Parteien lagen hierüber im Streit. Der Klägerin war für diesen Rechtsstreit PKH mit monatlichen Raten von EUR 30,00 gewährt worden. Dieses Verfahren endete mit einem Vergleich.

Das güterrechtliche Verfahren zog sich noch hin. Die Ehefrau erstritt sich hier einen Zugwinnausgleichsanspruch in Höhe von ca. EUR 40.000,00.

Das Gericht ordnete sondann die Zahlung aller fälliger Kosten an, indem es die Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe entsprechend abänderte.

Das wiederum sah die zwischenzeitlich geschiedene Ehefrau nicht ein, hatte sie doch das Geld aus dem Zugewinnausgleich für den Kauf einer Eigentumswohnung aufgewendet.

Nach § 120 Abs. 4 ZPO kann das Gericht die Entscheidung innerhalb von vier Jahren ab Beendigung des Verfahrens ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben.

„(4) 1Das Gericht kann die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben; eine Änderung der nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Buchstabe b und Nr. 2 maßgebenden Beträge ist nur auf Antrag und nur dann zu berücksichtigen, wenn sie dazu führt, dass keine Monatsrate zu zahlen ist. 2Auf Verlangen des Gerichts hat sich die Partei darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. 3Eine Änderung zum Nachteil der Partei ist ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind.“

Bei der Bemessung ist – wie bei der Gewährung der PKH – auf die oben bereits genannten Kriterien abzustellen. Hier führt die Prüfung – weil eine Eigentumswohnung angeschafft worden war – wieder über den § 90 des SGB XII.

Hier findet sich in Absatz 2 in der Nummer 8 die Regelung, dass ein schon vorhandenes angemessenes Hausgrundstück, das von der bedürftigen Partei allein oder mit Angehörigen bewohnt wird, privilegiert ist.

Diese Regelung ist nicht einschlägig, wenn das Hausgrundstück erst mit später erworbenem Vermögen erworben wird, da es noch nicht vorhanden ist.

Wenn das Kapital zur Beschaffung eines Hausgrundstückes eingesetzt wird, so hilft die Nummer 3 weiter: Demzufolge bleibt das Vermögen dann unberücksichtigt, wenn es zu Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger Menschen eingesetzt werden soll.

So war es aber im zu entscheidenden Falle nicht.
In der Literatur und in Teilen der Rechtsprechung wurde zwar bislang die Auffassung vertreten, dass ein nachträglich erlangtes Vermögen generell dann nicht mehr für die Prozesskosten herangezogen werden kann, wenn damit ein „privilegiertes Hausgrundstück“ erworben wurde, bevor eine Erstattung der Verfahrenskosten im konkreten Fall angeordnet war. Mit dieser Argumentation wäre die Eigentumswohnung nach der Nummer 8 privilegiert gewesen.

Der Bundesgerichtshof hat aber entschieden, dass der spätere Kauf der Eigentumswohnung nichts an der Verpflichtung ändert, das erlangte Vermögen vorrangig für die Prozesskosten einzusetzen.

Dass Gericht stützt seine Auffassung auf die Regelung des § 120 Abs. 4 ZPO. Diese besagt, dass bis zum Ablauf von vier Jahren seit Abschluss des Verfahrens mit einer Änderung der bewilligten Prozesskostenhilfe zu rechnen ist. Die bedürftige Partei muss sich also darauf einstellen. Es besteht also insoweit kein Vertrauensschutz in die Gewährung. Hieraus folgt, dsas es der bedürftigen Partei versagt ist, einsetzbares Vermögen dem absehbaren Zugriff für die Prozesskosten zu entziehen.
Daher musste hier das erlangte Geld weiter vorrangig für die Prozesskosten eingesetzt werden.

Beschluss vom 18. Juli 2007 XII ZA 11/07

AG Ulm – 2 F 1252/03 – Entscheidung vom 12.1.2007

OLG Stuttgart – 8 WF 20/07- Entscheidung vom 22.03.2007

08
Jul
07

Bundesarbeitsgericht zur Kündigung schwerbehinderter Arbeitnehmer

Das neunte Sozialgesetzbuch enthält Regelungen, die die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen regeln. Die §§ 85ff. Regen hierbei den besonderen Kündigungsschutz.

 

Die Eingangsnorm des § 85 SGB IX sieht die grundsätzliche Beteiligung des Integrationsamtes bei der Kündigung eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber vor:

 

㤠85 Erfordernis der Zustimmung

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber bedarf der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes.“

 

Die Ausnahmen hierzu finden sich im § 90 SGB IX:

 

㤠90 Ausnahmen

(1) Die Vorschriften dieses Kapitels gelten nicht für schwerbehinderte Menschen,

 

1.deren Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung ohne Unterbrechung noch nicht länger als sechs Monate besteht oder

2.die auf Stellen im Sinne des § 73 Abs. 2 Nr. 2 bis 5 beschäftigt werden oder

3.deren Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet wird, sofern sie

a)das 58. Lebensjahr vollendet haben und Anspruch auf eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung auf Grund eines Sozialplanes haben oder

b)Anspruch auf Knappschaftsausgleichsleistung nach dem Sechsten Buch oder auf Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus haben,

wenn der Arbeitgeber ihnen die Kündigungsabsicht rechtzeitig mitgeteilt hat und sie der beabsichtigten Kündigung bis zu deren Ausspruch nicht widersprechen.

(2) Die Vorschriften dieses Kapitels finden ferner bei Entlassungen, die aus Witterungsgründen vorgenommen werden, keine Anwendung, sofern die Wiedereinstellung der schwerbehinderten Menschen bei Wiederaufnahme der Arbeit gewährleistet ist.

 

(2a) Die Vorschriften dieses Kapitels finden ferner keine Anwendung, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch nicht nachgewiesen ist oder das Versorgungsamt nach Ablauf der Frist des § 69 Abs. 1 Satz 2 eine Feststellung wegen fehlender Mitwirkung nicht treffen konnte.

 

(3) Der Arbeitgeber zeigt Einstellungen auf Probe und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen schwerbehinderter Menschen in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 unabhängig von der Anzeigepflicht nach anderen Gesetzen dem Integrationsamt innerhalb von vier Tagen an.“

 

Das Bundesarbeitsgericht hatte nun einen Fall zu entscheiden, bei dem es um die Frage ging, wie es zu werten ist, wenn die Voraussetzungen des § 90 I Nr. 1 zwar vorliegen, das Arbeitsverhältnis aber allein auf Veranlassung des Arbeitgebers kurzfristig unterbochen worden war.

 

Frau A hat sich zur Sonderschullehrerin ausbilden lassen. Sie ist schwerbehindert. Zunächst erhielt sie einen befristeten Arbeitsvertrag. So wurde sie vom 10. Februar 2004 an mit 18 Pflichtstunden an einer Schule für Lernbehinderte eingesetzt. Der Vertrag war befristet – und zwar bis zum Beginn der Sommerferien in dem beklagten Land. Diese begannen am 21. Juli 2004. Nun bekam Frau A in der Folge einen unbefristeten Vertrag – zu Beginn des neuen Schuljahres am 06.09.2004. Mit diesem Vertrag wurde Frau A nun als Lehrerin an öffentlichen Sonderschulen mit 27,5 Pflichtstunden eingestellt. Mit dieser Neueeinstellung kam Frau A auch an eine andere Schule – einer Schule für geistig Behinderte in einem anderen Schulamtsbezirk. Mit Schreiben vom 25. Februar 2005 kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis zum 31. Mai 2005. Das Integrationsamt wurde hierzu nicht gehört.

 

Das beklagte Land ging davon aus, dass die Voraussetzungen des § 90 I Nr. 1 gegeben waren. Schließlich war Frau A erst seit September 2004 ununterbrochen beim Land beschäftigt. In der Zeit von Ende Juli bis Anfang September – also während der Sommerferien – war sie nicht im Schuldienst beschäftigt. Hinzu kam ja auch, dass sie zuvor an einer anderen Schule einer anderen Schulart an einem anderen Ort eingesetzt gewesen war.

 

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die Revision des beklagten Landes blieb erfolglos.

 

Das Bundesarbeitsgericht führte hierzu aus, dass wenn das Arbeitsverhältnis allein auf Veranlassung des Arbeitgebers für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum unterbrochen wird, sich der Arbeitgeber je nach den Umständen auf die von ihm selbst gesetzte Ursache der Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses nicht berufen kann. Die Zeiten eines früheren Arbeitsverhältnisses mit demselben Arbeitgeber sind demzufolge dann anzurechnen, wenn das neue Arbeitsverhältnis in einem engen sachlichen Zusammenhang mit dem früheren Arbeitsverhältnis steht.

 

Ob dies der Fall ist, beurteilt sich insbesondere nach dem Anlass und der Dauer der Unterbrechung sowie der Art der Weiterbeschäftigung.

 

Im vorliegenden Falle war die Unterbrechung nur während der Schulferien gegeben gewesen. Auch im übrigen begegneten die Feststellungen des LAG zum engen sachlichen Zusammenhang keinen Bedenken des BAG, es machte insoweit nichts aus, dass ein Wechsel von Lernbehindertenschule nach einer Schule für Geistigbehinderte stattgefunden hatte.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Juni 2007 – 2 AZR 94/06 –

Vorinstanz: LAG Düsseldorf, Urteil vom 16. November 2005 – 1 (11) Sa 900/05 –

 

 

 

 

06
Jul
07

Bundessozialgericht zur Hinterbliebenenversorgung bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr

 Das Bundessozialgericht hat jetzt über einen Fall zu urteilen gehabt, bei dem ein Reservist der Bundeswehr bei einem multinationalen Manöver im Jahre 2001 ums Leben gekommen ist. Klägerin ist die Witwe des Soldaten. Sie beansprucht Hinterbliebenenrente. Ihr Ehemann hatte bei dem Manöver auf Puerto Rico in einer längeren Dienstpause ein Bad im Meer genommen. Der Strand lag vor dem Hotel, in dem die Soldaten untergebracht waren. Er wurde im hüfttiefen Wasser von einer Unterströmung erfasst und dann ins Meer hinausgezogen.

 

Der Grundsatz der Hinterbliebenenversorgung ergibt sich hier aus § 38 Bundesversorgungsgesetz:

 

„Ist ein Beschädigter an den Folgen einer Schädigung gestorben, so haben die Witwe, der hinterbliebene Lebenspartner, die Waisen und die verwandten der aufsteigenden Linie Anspruch auf Hinterbliebenenrente.“

 

Die hinterbliebene Witwe hat dann Anspruch auf die Hinterbliebenenversorgung, wenn die Voraussetzungen des § 80 SVG gegeben sind:

 

㤠80 Soldatenversorgungsgesetz

Ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, erhält nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Wehrdienstbeschädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes, soweit in diesem Gesetz nichts Abweichendes bestimmt ist. Entsprechend erhalten eine Zivilperson, die eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, und die Hinterbliebenen eines beschädigten auf Antrag Versorgung ….“

 

Die Frage ist nun, wann eine Wehrdienstbeschädigung vorliegt. Der Gesetzgeber hat dies im § 81 SVG geregelt:

 

㤠81 Soldatenversorgungsgesetz

(1) Wehrdienstbeschädigung ist eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist.

(2) Eine Wehrdienstbeschädigung ist auch eine gesundheitliche Schädigung, die herbeigeführt worden ist durch

 

1. einen Angriff auf einen Soldaten

a) …..

b) …..oder

c) bei Kriegshandlungen, Aufruhr oder Unruhen, denen er am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthalts im Ausland besonders ausgesetzt war,

2. ….

3. gesundheitsschädigende Verhältnisse, denen der Soldat am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthalts im Ausland besonders ausgesetzt war.“

 

Für den Fall der Verwendung im Ausland hat der Gesetzgeber diesen Anwendungsraum im § 81c SVG erweitert:

 

㤠81c Soldatenversorgungsgesetz (in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung)

Erleidet ein Soldat während einer besonderen Verwendung im Sinne des § 58a Abs 1 und 2 des Bundesbesoldungsgesetzes eine gesundheitliche Schädigung, die auf vom Inland wesentlich abwei­chende Verhältnisse zurückzuführen ist, denen der Soldat während dieser Verwendung besonders ausgesetzt war, wird Versorgung in gleicher Weise wie für die Folgen einer Wehrdienstbeschädigung gewährt. Die Versorgung ist ausgeschlossen, wenn sich der Soldat grob fahrlässig der Gefährdung ausgesetzt hat, es sei denn, dass der Ausschluss für ihn eine unbillige Härte wäre.“

 

Die Frage, die sich hier stellt, ist, ob der Verunglückte privat oder dienstlich im Meer gebadet hatte, da nur dann eine Versorgung gewährt werden kann, wenn der Tod eine Folge der Wehrdienstbeschädigung ist.

 

Denn die Soldaten der Bundeswehr erhalten Versorgung, wenn sie durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse gesundheitlich geschädigt worden sind.

 

Dieser hier im Grundsatz formulierte enge Zusammenhang mit dem Wehrdienst ist nur ausnahmsweise nicht erforderlich. Bei Auslandseinsätzen sind nun die Soldaten, beziehungsweise ihre Hinterbliebenen, falls sie beim Auslandseinsatz ums Leben kommen, stärker geschützt. Hier greift der versorgungsrechtliche Schutz auch außerhalb der Dienstzeit. Im Jahre 2001 war die Rechtslage noch eine andere gewesen, auf diese war aber letztlich in der vorliegenden Entscheidung abzustellen. Hier war ein solcher Schutz noch beschränkt. Lediglich die Folgen „gesundheitsschädigender Verhältnisse“, wie Infektionsgefahren oder Hygienemängel, sowie auf Verletzungen durch Angriffe bei Kriegshandlungen, Aufruhr oder Unruhen waren vom weitergehenden Schutz umfasst. Auch schon damals gab es aber diejenigen, die im Rahmen ihres Einsatzes unter so genannter „besonderer Verwendung“ standen. Dies betrifft Fälle im Rahmen humanitärer oder sonstiger unterstützender Maßnahmen im Ausland.

 

Während die Witwe argumentiert, dass das Baden schon deshalb zum Dienst gehört habe, weil ihr Ehemann die Hotelanlage dienstlich habe erkunden sollen. Selbst wenn es darauf nicht ankäme, wäre er im Übrigen auch beim Baden in der Freizeit versorgungsrechtlich geschützt gewesen.

 

Er sei nämlich als Soldat ins Ausland befohlen worden. Dort sei er durch eine dort herrschenden besonderen Gefahr, nämlich der tückischen Unterströmung, uns Leben gekommen.

 

Die Klagen waren vor dem Sozialgericht und Landessozialgericht abgewiesen worden, da der Ehemann während einer privaten Vergnügung, nämlich dem Baden im Meer, tragischerweise ums Leben gekommen sei. Rivhtig ist zwar, dass während eines Auslandseinsatzes die Soldaten umfassender geschützt sind als in Deutschland. Dies gelte aber nur, wenn sie bei Kriegshandlungen, Unruhen oder Aufruhr angegriffen würden oder etwa wegen der dort herrschenden Infektionsgefahren und Hygienemängel erkrankten.

 

Dieser Argumentation ist das Bundessozialgericht nun nicht gefolgt. Es hat die Klage zur weiteren Aufklärung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Es ist nämlich nach Auffassung des 9. Senarts noch tatrichterlich zu prüfen, ob eine Wehrdienstbeschädigung nach unfallversicherungsrechtlichen Grundsätzen vorliegt. Eine solche nach unfallversicherungsrechtlichen Grundsätzen wäre nämlich im Recht der Soldatenversorgung entsprechend anzuwenden.

 

Das Gericht sah die Frage noch nicht als beantwortet an, ob der verunglückte Soldat nicht einer besonderen Gefahr der Unterkunft erlegen sei.

 

 

 

Az.: B 9/9a VS 3/06 R

 

05
Jul
07

Bundessozialgericht: Der Grad der Behinderung im Ausland

Das Bundessozialgericht hat heute zwei Fälle entschieden, die behinderte Menschen betreffen, welche ihren Wohnsitz im Ausland haben. Die Frage, der sich das Gericht stellen musste war, ob bei Personen mit Wohnsitz im Ausland ein Grad der Behinderung nach dem Schwerbehindertenrecht festzustellen ist.

 

Die Grundlage hierfür findet sich im § 69 I S1 SGB IX. Nach dieser Vorschrift stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden auf Antrag das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung (GdB) fest.

 

Diese Feststellung ist für die betroffenen Menschen aus mehreren Gründen wichtig. Neben der Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises bei der Feststellung eines GdB von mindestens 50 hat diese Feststellung auch steuerliche Vorteile. Je nach Höhe des festgestellten Grades der Behinderung werden hier nach dem § 33 b EStG abgestufte Pauschbeträge für außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt. Die besonderen Bestimmungen des Schwerbehindertenrechts in den §§ 68 ff des SGB IX setzen nach der Regelung im § 2 Abs. 2 SGB IX die Feststellung eines GdB von mindestens 50 voraus. Außderdem verlangt das Gesetz, dass für die Inanspruchnahme der besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen diese ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz iS des § 73 SGB IX) in Deutschland haben.

 

Während es im ersten Fall um einen italienischen Staatsangehörigen geht, der zunächst in Deutschland lebte und hier zunächst einen GdB von 40 festgestellt bekommen hatte und der im Verlaufe des Klageverfahrens zur Änderung des GdB nach Italien verzogen war, ist der Kläger im zweiten Fall Deutscher. Bei ihm war zunächst ein GdB von 50 festgestellt worden. Nachdem er nun in die Schweiz verzogen war, hatte das Versorgungsamt den letzten Bescheid aufgehoben und mitgeteilt, dass eine Neufeststellung wegen dem Auslandswohnsitz nicht mehr getroffen werden könne.

 

Beide Kläger waren bislang vor dem Sozialgericht und dem LSG erfolglos geblieben.

 

Dem ist das Bundessozialgericht nicht gefolgt:

 

Es ist zwar richtig, dass grundsätzlich ein Wohnsitz im Ausland einer weiteren Feststellung des Grades der Behinderung entgegen steht. Anzuwenden ist das SGB IX. Die Vorschriften dieses Buches sind aber nur auf Personen anwendbar, die einen Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes, und das ist nunmal in Deutschland haben.

 

Das Gericht hat aber festgehalten, dsas dann etwas anderes gelten muss, wenn Menschen betroffen sind, die zur Inanspruchnahme der Vergünstigungen in Deutschland berechtigt sind, für diese Berechtigung aber die Feststellung des Grades der Behinderung unabdingbar ist. Es gibt nämlich eine Reihe solcher Vergünstigungen, die ihrerseits keinen Inlandswohnsitz zur Voraussetzung haben.

 

Dies betrifft unter anderem die Schwerbehindertenpauschbeträge im Einkommensteuerrecht. Bei St Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Vertragsstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes kommt noch ein anderes hinzu. Diese Menschen können bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen einen Anspruch auf die (vorzeitige) Altersrente für schwerbehinderte Menschen aus der gesetzlichen Rentenversicherung haben.

 

Nachdem hierzu bislang keine Feststellungen getroffen worden sind, waren beide Sachen an die jeweiligen Landessozialgerichte zurückzuverweisen. Diese werden nun aufzuklären haben, ob diese Voraussetzungen bei den Klägern gegeben waren.

Eine interessante Fragestellung hat das Gericht auch in prozessualer Hinsicht aufgeworfen gehabt. Aufgrund der unterschiedlichen Zuständigkeiten in internationalen Angelegenheiten stellte sich die Frage der Passivlegitimation.

 

Im ersten Falle war das Land Nordrhein-Westfalen nicht mehr die richtige Beklagte, weil für Italien das Versorgungsamt in Bayern zuständig ist. Nur der Freistaat Bayern kann daher noch den Grad der Behinderung feststellen. Hier ist es also nicht von Belang, dass zuvor nordrhein-westfälische Behörden damit befasst waren.

 

Im zweiten Falle verhält es sich so, dass zwar für die Angelegenheiten mit der Schweiz das Versorgungsamt Freiburg und damit das Land Baden-Württemberg zuständig ist. Da es hier aber um einen Aufhebungsbescheid aus Chemnitz, und damit aus dem Freistaat Sachsen handelt, und nicht um eine Verpflichtungsklage handelt, ist hier der Freistaat Sachsen und nicht das Land Baden-Württemberg der richtige Beklagte.

 

Es muss also genau darauf geachtet werden, was für eine prozessuale Konstellation vorliegt, um nicht schon wegen fehlender Passivlegitimation den Prozesserfolg zu gefährden.

 

Az.: B 9/9a SB 2/07 R

 

B 9/9a SB 2/06 R

 

P. ./. Land Nordrhein-Westfalen

 

T.-C. ./. Freistaat Sachsen

beigel.: Land Baden-Württemberg

 

 

In beiden Fällen sind die Berufungsurteile aufgehoben und die Sachen an die jeweilige Vorinstanz zurückverwiesen worden. Grundsätzlich steht ein Wohnsitz im Ausland einer (weiteren) Feststellung des Grades der Behinderung entgegen, weil das insoweit einschlägige Neunte Buch Sozialgesetz­buch (SGB IX) nur auf Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland an­wendbar ist. Etwas anderes gilt allerdings für im Ausland wohnende Personen, die den Nachweis ihres GdB benötigen, um in Deutschland bestimmte Vergünstigungen in Anspruch nehmen zu können, die keinen Inlandswohnsitz voraussetzen. Zu denken ist zB an die Schwerbehindertenpauschbeträge im Einkommensteuerrecht sowie   jedenfalls bei Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der Euro­päischen Union oder eines Vertragsstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes   an die (vorzeitige) Altersrente für schwerbehinderte Menschen aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Ob das bei den Klägern der Fall ist, wird nunmehr zu ermitteln sein.

 




Rechtsanwalt und Mediator Roland Hoheisel-Gruler

Kanzlei bei der Hedinger Kirche Josefinenstraße 11/1 72488 Sigmaringen Tel.: 07571/52227 FAX: 07571/50285 Zweigstelle Biere August-Bebel-Straße 26a 39221 Biere Tel.: 039297/23370 Fax.: 039297/23371
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