Das ist das Ergebnis einer Entscheidung des 1. Strafsenats des Oberlandesgerichtes Karlsruge vom 26.06.2007. Zwar endete das Verfahren mit einem Freispruch für die Angeklagte, die Begründung lag aber in der Annahme eines Verbotsirrtums.
Frau A ist Inhaberin eines Waffengeschäftes. Im Juli 2005 verkaufte sie zwei Soft-Air-Pistolen an zwei Minderjährige. Das Amtsgericht hatte Frau A in erster Instanz von dem Vorwurf des Verstoßes gegen das Waffengesetz freigesprochen. Hierauf legte die Staatsanwaltschaft Revision ein, welche vom OLG mit dieser Entscheidung verworfen wurde.
Die Strafbarkeit der Frau A scheiterte aber entgegen der Annahme des Amtsgerichts nicht am fehlenden objektiven Tatbestand. Diesen sah das OLG für gegeben an.
Die Strafbarkeit ergibt sich aus den §§ 52 Abs. 3 Nr. 7, 34 Abs.1 Satz 1 WaffG:
„§ 34 Überlassen von Waffen oder Munition, Prüfung der Erwerbsberechtigung, Anzeigepflicht
(1) 1Waffen oder Munition dürfen nur berechtigten Personen überlassen werden. 2Die Berechtigung muss offensichtlich sein oder nachgewiesen werden. 3Werden sie zur gewerbsmäßigen Beförderung überlassen, müssen die ordnungsgemäße Beförderung sichergestellt und Vorkehrungen gegen ein Abhandenkommen getroffen sein. 4Munition darf gewerbsmäßig nur in verschlossenen Packungen überlassen werden; dies gilt nicht im Fall des Überlassens auf Schießstätten gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 oder soweit einzelne Stücke von Munitionssammlern erworben werden. 5Wer Waffen oder Munition einem anderen lediglich zur gewerbsmäßigen Beförderung (§ 12 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1) an einen Dritten übergibt, überlässt sie dem Dritten.“
„§ 52 (3) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
…
7.entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 eine erlaubnispflichtige Schusswaffe oder erlaubnispflichtige Munition einem Nichtberechtigten überlässt,
…“
Soft-Air-Pistolen oder Airsoftguns sind Nachbildungen von Schusswaffen,. Sie werden vornehmlich als Spielgerät für das Spiel „Airsoft“ eingesetzt, bei dem sich die Kontrahenden gegenseitig mit Farbmunition abzuschiessen versuchen. Diese Pistolen sind entweder „echten“ Schusswaffen täuschend echt nachempfunden oder aber stellen futuristische Schussgeräte dar. Im zu entscheidenden Falle waren es Federdruckpistolen, die Replikate echter Schusswaffen waren.
Soft-Air-Guns gehören zur Kategorie der Modellwaffen. Sie sind in der Lage, Plastikkugeln von 6 bis 9 mm Durchmesser zu verschießen. Es gibt auch ein Kaliber 5,5 mm, für dieses existiert auf dem Markt aber keine Farbmunition.
Die verkauften Waffen gehörten in die Kategorie der Federdruckpistolen. Diese nutzen die potentielle Energie einer von Hand zu spannenden Schraubenfeder, um eine entsprechende Kogel aus Weich- oder Hartplastik abzuschiessen. Der Schütze muss hierbei die Waffe vor jedem Schuss von Hand spannen. Mit diesen Pistolen konnten die Plastikkugeln mit einer Bewegungsenergie von mehr als 0,08 Joule bis 0,5 Joule verschossen werden. Eine CE-Kennzeichnung fehlte.
Bei der Prüfung war das Amtsgericht zunächst auf den § 2 WaffG gestoßen:
„§ 2 WaffG
(1) Der Umgang mit Waffen oder Munition ist nur Personen gestattet, die das 18. Lebensjahr vollendet haben
(2) …“
Hierzu gibt es noch eine Anlage 2 zum § 2, die die Anforderungen spezifiziert:
„Anlage 2 Abschnitt 3 Unterabschnitt 2 Nr. 1 zu § 2 WaffG
Unterabschnitt 2. Vom Gesetz ausgenommene Waffen:
Schusswaffen (Anlage 1 Abschnitt 1 Nr.1.1.), die zum Spiel bestimmt sind, wenn aus ihnen nur Geschosse verschossen werden können, denen eine Bewegungsenergie von nicht mehr als 0,08 Joule (J) erteilt wird, es sei denn,
– sie können mit allgemein gebräuchlichen Werkzeugen so geändert werden, dass die Bewegungsenergie über 0,08 Joule steigt oder
sie sind getreue Nachahmungen von Schusswaffen im Sinne der Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.1., deren Erwerb der Erlaubnis bedarf.“
Bei Anlegung dieses Maßstabes wäre an sich eine Strafbarkeit gegeben, denn die verkauften Soft-Air-Pistolen wiesen eine höhere Bewegungsenergie auf.
Allerdings gibt es darüber hinaus noch den Feststellungsbescheid des Bundeskriminalamts vom 18.06.2004:
„Feststellungsbescheid des Bundeskriminalamt vom 18.6.2004 (KT 21/ZV 25-55164.01 – Z – 33):
….
Einstufung von Spielzeugwaffen, hier: Festlegung der Energiegrenze
Aufgrund des § 2 Abs. 5 des Waffengesetzes vom 11.10.2002 ergeht der folgende Feststellungsbescheid:
Zur waffenrechtlichen Regelung von Schusswaffen, die zum Spiel bestimmt sind, wird festgestellt:
Als Spielzeug gelten alle Erzeugnisse, die dazu gestaltet oder offensichtlich bestimmt sind, von Kindern im Alter bis 14 Jahren zum Spielen verwendet zu werden. Die Kennzeichnung dieser Erzeugnisse mit dem CE-Kennzeichen kommt eine dahingehende Indizwirkung zu, auf die europäische Spielzeugrichtlinie (Richtlinie des Rates vom 3.5.1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Sicherheit von Spielzeug – 88/378/EWG -, geändert durch Richtlinie 93/68/EWG vom 22.7.1993 wird verwiesen.
Die Herabsetzung der Geschossenergie auf 0,08 Joule im Waffenrecht ergibt auf europäischer Ebene Probleme dahingehend, dass Geschossspielzeug, das gemäß den Anforderungen der Spielzeugrichtlinie i.V.m. der DIN-Norm EN 71.1 mit einer Bewegungsenergie bis zu 0,5 Joule ordnungsgemäß in den Verkehr gebracht wird, unter das Waffengesetz fällt und damit von Kindern unter 14 Jahren nicht benutzt werden darf. Durch diese Regelung im Waffenrecht wird das Inverkehrbringen dieser Produkte ein Handelshemmnis i.S.d. Art.4 der Spielzeugrichtlinie aufgebaut.
Vor dem Hintergrund des dargelegten Widerspruchs zwischen Waffenrecht und europäischem Recht in diesem Punkt wird bis zu einer Angleichung des Waffenrechts die Energiegrenze für Spielzeugwaffen i.S.d. Anlage 2 Abschnitt 3 Unterabschnitt 2 Nr.1 zu Art. 2 Abs. 3 WaffG auf 0,5 Joule festgelegt.“
Das Amtsgericht war nun davon ausgegangen, dass dieser Feststellungsbescheid die Rechtslage dahingehend geändert habe, dass nunmehr der Verkauf von Soft-Air-Pistolen mit einer Bewegungsenergie von bis zu 0,5 Joule allgemein erlaubt sei. Dies geschah unter Berücksichtigung der Europäischen Spielzeugrichtlinie. Die höhere Grenze im nationalen Recht wäre dann europarechtswidrig.
Der 1. Strafsenat des OLG Karlsruhe hat nun anders entschieden:
Die Berechtigug des BKA zu dem Feststellungsbescheid ergibt sich gleichfalls aus dem Gesetz, nämlich aus den §§ 2 Abs. 5 i.V.m. 48 Abs.3 WaffG.
Das Bundeskriminalamt ist demzufolge aber nur zur Klärung bestehender Zweifel ermächtigt, ob ein bestimmter Gegenstand von den Regelungen des WaffG erfasst wird oder wie dieser nach den Regelungen des WaffG einzustufen ist.
Durch diesen Bescheid konnte aber das WaffG selbst nicht geändert werden. Der Gesetzeswortlaut ist daher aber insoweit eindeutig und einer Auslegung deshalb auch nicht zugänglich. Hinzu kommt noch folgendes: Bei der Neufassung des WaffG durch das Gesetz zur Neuregelung des Waffenrechts vom 11.10.2002 hat sich der Gesetzgeber bewusst für eine Absenkung des Energiegrenzwertes von vormals 0,5 Joule auf 0,08 Joule entschieden. Dies geschah, wie den Gesetzesmaterialien zu entnehmen ist, wegen der bestehenden gesundheitlichen Risiken bei der Verwendung von Spielzeugschusswaffen.
Nachdem der Gesetzeswortlaut eindeutig ist und Zweifel daher auch nicht bestehen können, sind Soft-Air-Pistolen mit einer Bewegungsenergie von mehr als 0,08 Joule bis 0,5 Joule eindeutig verboten.
Darüber hinaus kommt dem Bescheid des Bundeskriminalamtes auch keine Gesetzeskraft zu. Schon allein deswegen kann er auch das Waffengesetz nicht abändern. Die Folge hieraus ist, dass dieser Bescheid für die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte nicht bindend ist.
Für den vorliegend zu entscheidenden Fall kam es danach allein darauf an, dass die Angeklagte entgegen § 34 Abs.1 Satz 1 WaffG eine erlaubnispflichtige Schusswaffe einem Nichtberechtigten überlassen hatte. Obwohl sie dadurch gegen das WaffG verstoßen hatte, ist der Senat vom Vorliegen eines sog. unvermeidbaren Verbotsirrtums (§ 17 StGB) ausgegangen, weil sie auf die Verbindlichkeit des Feststellungsbescheides des Bundeskriminalamt vom 18.6.2004 vertrauen durfte.
Das Gericht wies hierbei noch auf die Problematik der CE-Kennzeichnung hin. Im vorliegenden Falle fehlte diese Kennzeichnung bei der verkauften Waffen. Das Gericht musste sich deswegen nicht damit befassen, ob das Verbot des WaffG europarechtswidrig ist, weil es im konkreten Falle nicht darauf ankam.
„Die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen eine mit einem CE-Kennzeichen versehene Spielzeugschusswaffe aus dem Anwendungsbereich des WaffG ausgenommen sein könnte, wenn diese entsprechend der Zweiten Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug vom 21.12.1989, zuletzt geändert am 6.1.2004 – 2. GPSGV) in Verbindung mit der Europäischen Spielzeugrichtlinie ordnungsgemäß in den Verkehr gebracht ist, hat der Senat nicht ausdrücklich entschieden.“ – so das OLG in seiner Pressemitteilung.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 27.04.2007 – 1 Ss 75/ 06 –